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MK Boeckelberg

MK Boeckelberg

Titel: MK Boeckelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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müssen. Er war fröhlich zum Training gefahren. Er war nach dem Umziehen als erster am Trainingsgelände gewesen, hatte eine ganze Zeit lang mit den Fans über die Saison, das letzte Spiel und die Zukunft des Vereins und seine Zukunft gefachsimpelt, hatte bereitwillig Autogramme geschrieben und sich stark gefühlt. So stark wie lange nicht mehr.
    Auch in der Mittagspause hatte er sich noch gut gefühlt. Selbst die harte Trainingseinheit hatte ihm Spaß gemacht. Er hatte die Kraft in seinem Körper gespürt. Sie hatte ihn zuversichtlich gemacht, noch weit länger für den Verein spielen zu können, als seine Kritiker ihm zugestehen wollten. Die Medien und auch seine Gegenspieler würden ihn, Alexander Rauh, noch lange auf der Rechnung haben müssen!
    Und dann hatte er nach dem Duschen in seine Sporttasche gegriffen. Der Schock. Im ersten Augenblick war ihm schwarz vor Augen geworden. Nur mit äußerster Willensanstrengung hatte er die Puppe in die Tasche zurückfallen lassen können. Er hatte sich auf der Bank abgestützt und langsam bis zehn gezählt. Dann hatte er sich umgedreht und seine Kameraden beobachtet. Niemand schien von ihm Notiz zu nehmen. Er war erleichtert. Keiner schien etwas bemerkt zu haben.
    Aber seine ganze Kraft und Zuversicht war mit einem Schlag verschwunden. Hörte das denn nie auf? Ließ man ihn denn nie in Ruhe? Er hatte doch niemandem etwas getan. Er wollte doch nur in Ruhe Fußball spielen. Und was ging es die anderen an, wenn er sein ganz eigenes Maskottchen hatte, das er liebevoll pflegte? Jeder in der Mannschaft hatte einen Talisman. Wer hatte Spaß daran, ihn so zu quälen?
    Mit zitternden Knien hatte er sich langsam angezogen und dabei nachgedacht. Es konnte niemand wissen, was er privat machte. Er hatte sein Privatleben bisher weitgehend abschotten können. Er hatte sich über die langen Jahre in diesem Haifischbecken Bundesliga seine eigene Welt erschaffen, die er brauchte, um von dem Druck des unbarmherzigen Geschäfts, in dem Spieler wie Marionetten an Fäden hingen, nicht aufgefressen zu werden.
    Alexander Rauh hatte schließlich einen Entschluss gefasst. Er würde ein Spiel aussetzen. In seiner momentanen Verfassung war er seiner Mannschaft keine Hilfe. Das musste der Trainer verstehen. Er würde ihm sagen, dass er momentan mental nicht auf der Höhe war. Alternativen auf seiner Position gab es ja. Er wollte seinen Trainer nicht enttäuschen. Aber wann gab ein Spieler schon freiwillig seinen Platz in der Mannschaft auf? Der Trainer würde ihn verstehen. Er hatte ihn immer verstanden.
    Alexander wollte möglichst ungestört mit dem Trainer sprechen. Paul Hefter hatte schon mehrfach nachgefragt, ob er in der Kabine »übernachten« wolle, aber Alexander hatte ihn einfach nur ignoriert. Schließlich war Hefter kopfschüttelnd abgezogen. Alexander hatte ihm lange nachgesehen. Ob er, Hefter, die Zettel geschrieben und die Puppe in seine Sporttasche gelegt hatte? Nein, dachte Alexander nach einer Weile, das war nicht Hefters Art, dazu war der schmierige Dicke viel zu einfältig. Trotzdem wollte er Hefter stärker im Auge behalten.
    Alexander räusperte sich umständlich und klopfte verlegen an den Türrahmen des Trainerzimmers. Der kantige Abwehrspieler musste seinen ganzen Mut zusammennehmen, aber er hatte keine Wahl.
    »Trainer, ich kann am Samstag nicht spielen.« Er sah beim Sprechen auf den Boden.
    »Was?« Sein Trainer kam gerade auf Badelatschen aus seiner Dusche und schlang sich das Badetuch fester um seine Hüften.
    »Ich kann Samstag nicht spielen.« Er sah immer noch auf den Boden.
    »Das ist wohl ein schlechter Scherz, oder?« Der Trainer war mitten im Raum stehen geblieben und sah seinen Abwehrspieler halb belustigt, halb ernst an.
    »Nein.« Alexander sah auf.
    »Du bist fit, du spielst. Basta.« Der Trainer ging an Alexander vorbei und tippte sich dabei an die Stirn. Es war offensichtlich, dass er sich nicht auf eine Diskussion einlassen wollte.
    Alexander räusperte sich und blieb an der Tür stehen. »Ich kann nicht, wirklich.«
    »Was ist los?« Der Trainer sah ihn jetzt aufmerksam an.
    »Ich habe die letzten Nächte kaum geschlafen. Ich kann nicht.«
    »Sag mal, spinnst du? Nicht geschlafen!«, echote der Trainer und tippte sich wieder an die Stirn. »Wie gesagt, du spielst. Nicht schlafen, pah! Schaff dir endlich eine Freundin an, die bringt dich schon auf andere Gedanken.« Er drehte sich um. »Und nun mach, dass du rauskommst, ich will mich endlich anziehen. Und

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