MK Boeckelberg
schon gewartet hatten. Jene, die der Trainer längst abgeschrieben hatte.
Einige waren auch schon zu Alexander Rauh gekommen und hatten ihn nach seiner Meinung zum Trainer gefragt. Aber er hatte abgewunken. Er wollte sich nicht an einer Meuterei beteiligen. Immerhin hatte sich der Trainer anfangs dafür stark gemacht, dass Alexander hatte bleiben können. Ohnehin hielt er nicht viel davon, den persönlichen Krach mit dem Trainer auf den Platz zu tragen. Dort hatte so etwas nichts zu suchen. Dort ging es allein nach der einfachen, aber wirkungsvollen Regel: Gewinnen oder verlieren. Und für den Abwehrspieler Alexander Rauh war es immer nur darum gegangen, möglichst als Sieger vom Platz zu gehen.
Bisher jedenfalls. Seit Hünner ihn unter Druck setzte, war seine Fußballwelt vollständig aus den Fugen geraten. Niemals im Leben hätte er damit gerechnet, in Kreise hineinzugeraten, die es darauf abgesehen hatten, aus dem einfachen Ballspiel ein kriminelles Geschäft zu machen.
»Was lässt du den Kopf so hängen?« Kappe klopfte Alexander auf die Schulter. »Ist dir nicht gut?«
»Doch, doch, alles in Ordnung.« Alexander Rauh sah auf. Kappe spielte im Mittelfeld und war einer der wenigen, die so etwas wie Anteilnahme zeigten.
»Du siehst müde aus. Und das schon seit Tagen.« Kappe blieb vor Alexander stehen und machte ein besorgtes Gesicht.
»Ich schlafe halt schlecht. Sonst ist nichts.« Alexander Rauh wollte nicht abweisend klingen, aber er wollte lieber seine Ruhe.
»Ich meine ja nur. Wenn du reden willst, können wir gerne mal zusammen essen gehen.«
»Wieso reden? Was meinst du damit?«, fragte Alexander misstrauisch. Was hatte das zu bedeuten? Wusste Benjamin Kappe Lambertz etwas? Er sah ihn so merkwürdig an.
»Reden. Einfach nur so.« Lambertz sah sich um. »Das tun wir sowieso viel zu wenig. Schau dich nur um, die wollen alle so schnell wie möglich nach Hause. Als sei der Mannschaftsgeist ein Gespenst. So wachsen wir nie zusammen.«
»Ja, können wir mal machen, in den nächsten Tagen.« Alexander sah sich um. Lambertz hatte Recht. Die meisten Spieler waren innerlich schon nicht mehr auf dem Vereinsgelände, sondern bei ihren Geschäften, Frauen oder Freundinnen.
»Ich würde mich freuen. Julia freut sich bestimmt auch, wenn sie dich wiedersehen würde. Du kannst ja auch jemanden mitbringen. Dann machen wir uns einen lustigen Abend. Okay?«
»Okay.« Was wollte Lambertz von ihm? Woher kam das plötzliche Interesse?
»Prima.« Kappe schlug Alexander noch einmal auf die Schulter und ging dann zu seinem Platz zurück.
Alexander zog sich das Trainingshemd über den Kopf und warf es auf den Stapel, der bereits auf dem Boden lag. Wen sollte er denn mitbringen? Kappe wusste doch, dass er alleine lebte. Oder wusste er von Pascal? Sollte das eine versteckte Andeutung sein?
Alexander drehte sich um und nahm den Kulturbeutel aus seinem Spind, um nach dem Duschgel zu suchen. Er hatte die Hand kaum in die dunkelblaue Tasche gesteckt, als er erstarrte. Vorsichtig zog er seine Hand wieder hervor. Er hatte einen braunen, dicken Umschlag in der Hand. Alexander wusste sofort, was in dem Umschlag steckte. Erschrocken ließ er ihn wieder fallen und verstaute seinen Kulturbeutel in seinem Spind.
»Du bist ja auf einmal kreidebleich. Ist dir schlecht?« Kappe war auf dem Weg zur Dusche bei Alexander stehen geblieben.
Alexander fuhr herum. »Was? Nein … ich, ich habe nur mein Duschgel gesucht. Hab’s zu Hause vergessen. Ich bin okay. Völlig okay.«
»Wenn du willst, kannst du meins haben.«
»Danke. Ja. Ich komme gleich nach.«
Kappe nickte und schlurfte auf seinen Badelatschen Richtung Duschen.
Woher kam das Geld? Und wer hatte es ihm in die Tasche gesteckt? Hünner konnte es nicht gewesen sein. Hünner musste Komplizen haben, in der Mannschaft! Wie sollte es sonst gehen? Wen hatte Hünner noch auf seiner Liste? Alexander sah sich um. Niemand nahm Notiz von ihm. Für die meisten war er längst ein Auslaufmodell.
Das nächste Spiel verlieren? Wie sollte er dafür sorgen? Es war doch gar nicht klar, ob er in die Lage kommen könnte, den entscheidenden Fehler zur Niederlage zu machen. Was war, wenn sie nächsten Samstag doch gewinnen würden? Die Bilder! Um Himmelswillen, das durfte nicht passieren! Die Fotos aus der Dusche durften nie an die Öffentlichkeit gelangen! Aber was sollte er tun? Er war Sportler. Und Sportler wollen immer siegen.
Alexander lehnte sich an seine Spindtür. Er fühlte das kühle
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