MK Boeckelberg
stinkt doch zum Himmel.«
Frank las den Bericht von Colonel Barry Digby noch einmal gründlich. Demnach hatte Collin Rankin erst seit knapp zwei Monaten wieder in Staiths gewohnt. Nachbarn hatten ausgesagt, der Fotograf habe sich ganz bewusst in die Abgeschiedenheit des dünn besiedelten Küstenstreifens Yorkshires zurückgezogen. Nach langen Jahren in Paris und New York hatte er gehofft, mit der Rückkehr zu seinen Wurzeln auch seine Kreativität wiederbeleben zu können. Er habe müde gewirkt, als er angekommen sei. Aber er hatte auch Ideen mitgebracht, wie er sein altes Elternhaus wieder bewohnbar machen konnte, das wie fast alle Häuser im Ort wie ein Nest in der engen Bucht seines Dorfes klebte. Er hatte begonnen, das Dach auszubauen, für sein Atelier. Zwischendurch sei er immer mal für zwei, drei Tage nicht gesehen worden, hatten sie angegeben. Bereits in der zweiten Woche nach seiner Rückkehr war er wieder mit seiner Ausrüstung losgezogen. Bei einer dieser Touren entlang der Steilküste war es dann passiert. Collin Rankin war in die Tiefe gestürzt, als er nicht weit von Staiths im Morgengrauen die vom Sturm aufgewühlte See fotografieren wollte. Nach den Ermittlungen der zuständigen Polizeistation musste Rankin in dem feuchten Gelände den Halt verloren haben. Sein verlassenes und unverschlossenes Auto war erst Stunden später von einem Bauern gefunden worden, der auch die Polizei informiert hatte. Hinweise auf einen gewaltsamen Tod hatten sie weder an der unwegsamen Stelle an der Küste gefunden noch bei der Obduktion des Toten. Auch die Durchsuchung seines Hauses hatte keinen Hinweis ergeben. Unter den wenigen persönlichen Sachen war seine teure und umfangreiche fotografische Ausrüstung gewesen, ein riesiges Archiv mit Negativen, haufenweise Probeabzüge und einige wenige gerahmte Porträtfotos. Ansonsten betrafen die Arbeiten Rankins Faible für die Naturgewalten. Im Schlafzimmer hatte die Polizei ein kleines Foto gefunden, das, wie sie später ermitteln konnte, von Sabrina Genenger stammte. Im letzten Absatz des umfangreichen Berichtes bot die englische Polizei an, bei Bedarf eine Fotomappe mit Aufnahmen vom Fundort der Leiche und mit Fotos aus dem Haus des Toten zu schicken.
»Unser wichtigster Zeuge ist tot.« Frank schlug die Mappe zu und rieb sich über die Augen.
»Und damit ist Hünner aus dem Schneider. Wir können nicht widerlegen, dass der Fotograf hier in der Gegend war, um Sabrina zu töten.« Ecki ärgerte sich. Er hatte das Gefühl, dass die Sache stank.
»So schnell gebe ich nicht auf. Wir lassen uns diese Fotomappe kommen. Vielleicht fällt uns was auf.«
»Ich wäre lieber vor Ort.«
»Da werden wir wohl kein Glück haben.«
»Weiß ich, wär halt nur schön. So müssen wir uns auf die Briten verlassen. Mir passt das gar nicht, so passiv sein zu müssen.«
»Wir können aber trotzdem etwas tun. Wir starten noch mal eine Presseaktion. Ich habe mit Becks schon darüber gesprochen.«
»Und der hält dicht bis zur offiziellen Pressemeldung? Bist du sicher, dass das eine gute Idee war?«
»Keine Angst, bisher hat noch nichts in der Zeitung gestanden.
»Ich meine ja nur.«
»Becks ist absolut vertrauenswürdig. Außerdem gibt es noch so etwas wie eine Musikerehre. Aber davon verstehst du nichts.«
Ecki nickte. »Die Geschichte ist oberfaul. Wir recherchieren in einem Mordfall, in dem ein Fotograf der wichtigste Zeuge ist. Und ausgerechnet der fällt von den Klippen. Komisch. Der muss sich doch da ausgekannt haben! Rankin ist da aufgewachsen. Da weiß er doch, was gefährlich ist und was nicht.«
»Hm.« Mehr sagte Frank nicht.
»Was denkst du?«
»Das Ganze schmeckt mir nicht. Aber wir müssen abwarten.«
* * *
»Herein?« Frank sah erwartungsvoll zur Tür. Ecki war zum HQ unterwegs, um mit Colonel Digby über die weiteren Ermittlungsschritte zu sprechen. Nach wie vor gab es keinen Hinweis auf die Identität des kleinen Jungen vom Antrim Drive. Niemand schien ihn zu vermissen, weder in Deutschland, noch in Großbritannien. Es war so, als existiere er nur als Toter. Dabei musste es eine Blaupause von Billy geben, wie sie den toten Jungen mittlerweile nannten. Irgendwo musste das lebende Kind einen Abdruck hinterlassen haben. Irgendwo hatte er gespielt, war er zur Schule gegangen. Er hatte Freunde gehabt, die ihn nun vermissten. All diese Fragen wollte Ecki mit dem Colonel abklären, um daraus eine neue Ermittlungsstrategie zu entwickeln.
Frank hatte sich im Gegenzug dazu
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