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Mobile Röntgenstationen - Roman

Mobile Röntgenstationen - Roman

Titel: Mobile Röntgenstationen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ATHENA-Verlag e. K.
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sein, im Gegenteil.
    Ich fuhr am selben Abend mit dem Zug zurück. Schon hinter Kaišiadoris war der Selbstschutzinstinkt tätig und flüsterte mir ins Ohr, nicht zu Brūklys zu gehen. Und weiter: Versuch es bei Lucija! Es kann doch nicht sein, dass ich sie nie zu Hause antreffe. Aber Bladžius? Was soll mit Bladžius sein? Noch besser, wenn er auch anwesend ist, er wird mir einen Rat geben können!
    Aber ich traf Lucija allein an. Sie fiel mir gleich um den Hals: Wie gut! Wie gut! Morgen oder übermorgen hättest du mich nicht mehr angetroffen. Dann sprudelte es nur so aus ihr heraus: Antanas ist schon dort, in Indien, verstehst du?! Übermorgen fliege ich auch, wollte dich schon selbst finden, ein Jahr werden wir dort arbeiten, verstehst du? Dann, ironisch: Das sowjetische Volk hilft dem befreundeten indischen Volk, die Tuberkulose zu überwinden, ein Erbe des Kolonialismus! Altbekannte Sprüche. Na, wie stellst du dir das vor, nein, nicht wir beide allein, es fahren Vertreter beinahe aller Bruderrepubliken. Für mich gab es da nicht viel zu sagen, während sie erzählte, kochte sie Kaffee, hatte ein Rührei in der Pfanne, redete weiter, während sie aß und ab und zu einen Schluck aus der von mir mitgebrachten Flasche nahm. Kannst du dir das vorstellen, ein Jahr in Indien! Wer hätte daran denken können! Als ob hier schon alle gesund wären, dachte ich. Meine Stimmung verdüsterte sich, was Lucija in ihrem Überschwang gar nicht bemerkte. – Wir sind auch dort mit dem Röntgenbus unterwegs, aber du musst dir vorstellen: alles neu, alles vom Feinsten, alles! Sie haben mich schon gegen sämtliche Tropenkrankheiten geimpft, stell dir vor, sogar gegen die Pest. Antanas ist schon mit einer Beobachtergruppe unterwegs, sie bereiten dort alles für uns vor. Klar, nur über Antanas war es ihr gelungen. Die Russen schätzten ihn außerordentlich, selbst der oberste sowjetische Ftiziater habe sich für ihn stark gemacht. Na, wegen des Vaters, verstehst du. Und weil er nicht in der Partei ist. Natürlich, Indien ist kein westliches Land, aber dennoch. Nein, er ist nicht so naiv, klar, auch unter den Medizinern gibt es massenweise KGB-Leute, aber ist das wichtig? Ein Jahr Indien, ein Jahr! Sie war gar nicht zu bremsen, erschien wie eine Verrückte, und erst weit nach Mitternacht gelang es mir, meine Krankheits- und Liebesgeschichte loszuwerden. Wenn auch etwas wirr und manches verschweigend, Hrasildas Part zuallererst. Lucija hörte zerstreut zu. Alles, außer Indien mit seinen Bergen, Dschungeln und warmen Ozeanen, erschien ihr jetzt banal und unbedeutend. Als ich fertig war mit meinem Bericht, kehrte sie gleichsam aus Kalkutta in die Altstadt und ins Ofizin zurück. Dann ist bald Sense , Kleiner, sagte sie nachdenklich und traurig. Sie werden dich aufstöbern, glaub mir das. Und geriet geradezu in Wut, als ich ihr die Perspektive ausmalte, mich absichtlich mit Tbc zu infizieren. Du Esel! – rief sie, wage es nicht! Eher geh ich selber ins Kommissariat und zeig dich an, als … Man muss dir helfen. Aber wie? Dich wenigstens über das Frühjahr hinwegbringen.
    Die Einberufung ist noch nicht beendet, etwa eine Woche bleibt noch.
    Sie schwieg. Dann fragte sie schnell: Vielleicht willst du hier eine Weile wohnen? Hier bist du sicher. Nur diese eine Woche oder wie lange auch immer, na bis zum Ende der Einberufung, lass dich nicht auf der Straße blicken.
    Etwas Ähnliches hatte ich erwartet. Natürlich, es war nicht zu hoffen gewesen, dass die beiden ausgerechnet nach Indien aufbrachen. Aber etwas in der Art hatte ich mir ausgemalt, und da war es. Was für ein Gefühl! Ruhe, Stille, Regale voll ausgewählter Bücher. Ein abgelegener Hof, ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit. Ich werde schreiben, lesen, mich duschen können. Und zu allen Göttern beten, auch zu den eigenen. Lucija bemerkte schnell, dass da einer bereits am Träumen war. Und schon gab es einen halben Eimer eiskalten Wassers über den Kopf. Wie es damals in Remis’ und Salės unter den Linden errichtetes Zelt schwappte.
    Freu dich nicht allzu sehr. In einen Puff wirst du meine Wohnung nicht verwandeln. Hier wird noch eine Frau unterkommen. Weißt du wer? Diese Mathematikerin, bei der wir damals … Sie will in Vilnius Fuß fassen, sucht Arbeit, hat, glaube ich, sogar welche gefunden. Eine Woche wirst du allein sein, dann musst du dich mit Monika hier arrangieren, kannst du dich noch an ihren Namen erinnern?
    Den hatte ich vergessen, wie auch sie selbst. Mir

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