Mode ist ein glitzernder Goldfisch
rieche nach Kotze!«
Ich tätschle ihr so tröstlich wie möglich den Arm.
»Wenigstens war meine Kotze schokoladig«, sagt Toby fröhlich. »Ich hatte Choco Krispies zum Frühstück.«
Nat knirscht mit den Zähnen.
»Egal«, fährt Toby unbekümmert fort, »ich finde,ihr seht toll aus. Ihr tragt denselben Look. Das ist ultratrendy.«
Nat schürzt die Lippen, ballt die Hände zu Fäusten und zieht die Augenbrauen dicht zusammen. Als würde man zusehen, wie jemand eine Flasche mit einem kohlesäurehaltigen Getränk schüttelt, ohne sie zu öffnen. »Toby«, sagt sie mit einem leisen Zischen. »Verschwinde. Augenblicklich.«
»Okay«, meint Toby. »Irgendwohin im Speziellen?«
»Irgendwohin. Verschwinde einfach. SOFORT.«
»Toby«, sage ich leise und fasse ihn am Arm. Ich bange wirklich um seine Sicherheit. »Ich glaube du gehst besser schon mal rein.« Ich werfe einen Blick auf Nat. »So schnell du kannst«, füge ich hinzu.
»Aha.« Toby denkt ein paar Sekunden darüber nach und nickt. »Aha. Verstehe. Kein groÃer Fan von Kotze, Natalie? Nein. Eher nicht. Dann sehen wir uns später.«
Und er verschwindet durch die Drehtür â nicht ohne mir über die Schulter etwas zuzuwerfen, was bedenklich nach einem Augenzwinkern aussieht.
Sobald er fort ist und in Sicherheit und ich weiÃ, dass Nat ihm nicht mehr den Kopf abreiÃen und an einen Taubenschwarm verfüttern kann, wende ich mich zu ihr um.
»Nat«, sage ich vorsichtig. »So schlimm ist es doch gar nicht. Ehrlich. Wir riechen gut. Und wenn du meinen Mantel überziehst, sieht niemand, was du anhast. Er ist länger als deiner.«
»Du kapierst es nicht.« Plötzlich löst sich ihre ganze Wut in Luft auf, und sie ist nur noch kreuzunglücklich. »Du kapierst es einfach nicht, Harriet.«
Ich finde, Nat unterschätzt mein Einfühlungsvermögen. Was schade ist, denn ich bin ein sehr empathischer Mensch.
Em-pa-thisch. Nicht pa-the-tisch.
»Logisch kapier ich es«, sage ich beruhigend. »Du magst FuÃball nicht. Das ist mir schon klar.«
»Darum geht es doch gar nicht. Verstehst du das nicht, Harriet? Heute ist ein ganz wichtiger Tag. An dem es ganz besonders wichtig ist, gut auszusehen.«
Ich glotze sie verständnislos an. Nach ein paar Sekunden verdreht Nat die Augen und schlägt sich frustriert mit der Hand an die Stirn. »Sie sind da drin.«
Ich schaue auf die Drehtüren. »Wer?«, flüstere ich entsetzt und überlege ein paar Sekunden. »Vampire?«
»Vampire?« Nat sieht mich bestürzt an. »Harriet, du musst endlich mal ein paar anständige Bücher lesen.«
Ich weià gar nicht, was sie da redet. Dass ich viele Bücher über Dinge besitze, die es in der wirklichen Welt eigentlich nicht gibt, heiÃt doch nicht, dass ich nicht mit beiden Beinen fest auf der Erde stehe. Denn das tue ich.
»Okay, wer dann?« Geister?
Nat atmet tief durch. »Harriet, ich warâs«, sagt sie und weicht meinem Blick aus. »Ich habe Jo die Garnelen ins Essen getan.«
Ich glotze sie verständnislos an. »Nat! Warum? Warum hast du das getan?«
»Weil ich dich heute brauche«, sagt sie ganz leise.»Ich brauche dich zur Unterstützung. Denn sie sind da drin.« Wieder richtet sie den Blick auf die Türen und schluckt.
»Wer?«
»Modelagenten, Harriet«, sagt Nat, als wäre ich vollkommen idiotisch. »Haufenweise Modelagenten.«
»Oh«, sage ich belämmert und überlege. »Ooooooooh.«
Denn ich kapiere endlich, warum ich hier bin.
9
W ir waren sieben, als Nat beschloss, sie wolle Model werden.
»Himmel«, sagte eine Mutter bei einer Schuldisco. »Natalie. Du wächst zu einer wahren Schönheit heran. Vielleicht kannst du ja Model werden, wenn du mal groà bist.«
Ich war gerade dabei, die Taschen meines Partykleids mit Schokoladenkuchen und Fruchtgummis vollzustopfen, doch da hielt ich inne. »Ein Modell von was?«, fragte ich neugierig. Und meine gierige kleine Hand schoss vor, um sich eine Mini-Biskuitrolle zu schnappen. »Ich habe ein Modell-Flugzeug«, fügte ich stolz hinzu.
Die Mutter bedachte mich mit einem Blick, den ich inzwischen schon gewohnt war.
»Ein Model«, erklärte sie Nat, »ist jemand, Mädchen oder Junge, der absurde Mengen Geld dafür bekommt, dass er
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