Model-Ich (German Edition)
Bikram so weich war wie ein Babypopo, hat mich auch nicht gestört. Ich war angefixt.
Mich hat es zudem motiviert, zu zweit zum Sport zu gehen, und nachdem ich Niklas einen Gutschein für zehn Stunden bei einem Personal Trainer geschenkt hatte, hab ich mich auch gleich angemeldet. Meine Bilanz nach drei Monaten Cardio- und Kraftübungen: 60 Prozent der Muskelkraft in meinen Armen und Beinen wird ausgeschöpft. Das ist ausbaufähig. Und es hilft dabei, den inneren Schweinehund zu bezwingen und nach 17 Sit-ups auch noch die letzten drei zu machen, statt zu schummeln.
Wenn ich heute wieder auf den Laufsteg wollte, dann müsste ich wahrscheinlich fünfmal die Woche ins Fitnessstudio rennen und die Diät halten, der ich mich immer verweigert habe. Was, ich kann das nicht deutlich genug sagen, der reine Wahnsinn wäre. Es lohnt sich nicht, Sport zu machen, um den unnormalen Maßstäben anderer zu genügen. Es macht einen um einiges glücklicher, wenn man es für sich tut.
Irgendwo in unserer Wohnung liegt auch noch eine Pilates-DVD rum. Da hilft dann keine Ausrede, falls mal wieder was dazwischenkommt und ich es nicht zum Sport schaffe.
ZICKEN
WAS IHRE CHARAKTEREIGENSCHAFTEN BETRIFFT, scheinen Models unter einem einigermaßen schlechten Ruf zu leiden. Wir sind fordernd, verwöhnt, einfältig. Und natürlich alle monumentale Zicken. Die Belege, die dafür gefunden werden, sind oller als ein Pagenschnitt: Linda Evangelista, die für weniger als 10 000 Dollar morgens gar nicht erst aufsteht, und Naomi Campbell, die ihr Handy als Wurfgeschoss einsetzt.
Ehrlich, ich würde uns auch nicht mögen, wenn das alles zuträfe. Meine Erfahrungen mit Kolleginnen sehen bloß ganz anders aus. Selbst die mit Naomi. Neben der Pressekonferenz auf der Berlin Fashion Week habe ich sie noch ein zweites Mal bei einer Modenschau getroffen – und ich bin beide Male ohne Kopfverletzungen davongekommen. Sie kam zwar zu spät, davon abgesehen war sie freundlich und charmant. Mag schon sein, dass sie ihre Aussetzer hat. Aber die will ich nicht beurteilen, ohne die Vorgeschichte zu kennen. Und wie man wirkt, hängt auch immer von den Leuten ab, mit denen man sich umgibt.
Die Models, mit denen ich im Tagesgeschäft zu tun hatte, waren fast ausnahmslos nette, lustige, verrückte Mädchen, die versuchten, sich in einer lauten und hektischen Welt zurechtzufinden und dabei ein bisschen Geld zu verdienen. Wie Osana, mit der ich in New York im Model-Apartment wohnte. Einmal die Woche spielte sie mit ein paar richtig harten Jungs Basketball auf einem der öffentlichen Basketballfelder in der Stadt. Osana kam aus Paris, ihre Eltern stammten aus dem Senegal und unerklärlicherweise war ihre absolute Lieblingsband die Scorpions. Nicht gerade das, was man von einem coolen Mädchen aus dem Pigalle
sofort erwartete. Ständig beschwerte sie sich, wenn ich in meinem Zimmer laut Missy Elliot hörte, sang aber selbst aus vollem Herzen – und wahnsinnig schlecht – mit, wenn die Scorpions zu »Rock you like a hurricane« ansetzten. Ich fand sie großartig.
Oder Carmen, meine norwegische Mitbewohnerin, die eigentlich lieber Sängerin sein wollte (was sie heute auch ist), immer lang schlief und lieber was in der Stadt unternahm, statt sich auf nervigen Castings abzumühen. Und meine liebe Freundin Diana, die ich kurz nach dem 11. September 2001 traf, als wir New York nicht verlassen konnten, und mit der ich jeden Tag durch Manhattan gestreift bin, um den Schrecken der Katastrophe abzuschütteln.
Viele meiner Kontakte in der Modebranche waren oberflächlich und flüchtig, aber zu Diana hatte ich eine Verbindung. Wenn wir uns heute bei ihr in Paris oder bei mir in Berlin treffen, kochen wir zusammen und reden stundenlang über unsere neuesten Rezepte und Entdeckungen für die Küche.
Diese Mädchen haben nicht unbedingt davon geträumt, Model zu sein, sondern hatten Pläne, nach ein paar Jahren auszusteigen, um Jura zu studieren, Architektin zu werden, Kinder zu bekommen. Es gab auch Mädchen, die genau davon träumten, wie viele der Brasilianerinnen, die mit 16 nach New York kamen, oft in Begleitung der Mutter oder einer Tante, mit der Hoffnung auf Ruhm, Geld, ein besseres Leben. Das ist jetzt auch ein Klischee, aber: Ich habe noch kein brasilianisches Model kennengelernt, das arrogant war. Auch dann nicht, wenn sie mehr Erfolg hatten als ich (und dank Gisele hatten fast alle Brasilianerinnen eine Zeit lang mehr Erfolg als ich).
Wenn sich jemand was auf sich
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