Modesty Blaise 02: Die Lady bittet ins Jenseits
eines Schuljungen. «Das Wasser muß weg», rief er. «Ich wünsche, daß das Flugfeld bis zum Mittag betriebsfertig gemacht wird. Die Transportmittel müssen ausgetrocknet und die Sendestation wieder in Ordnung gebracht werden.»
Die Furcht war weggewischt. Hamid lächelte dünn und sagte geringschätzig: «Sie sollten Ihre Befehle besser an Liebmann weitergeben.»
«Liebmann ist tot.» Die Stimme wurde noch schriller. «Ich habe ihn getötet. Er weigerte sich, meinen Befehlen zu gehorchen …» Der Mongolenkopf bewegte sich ruckweise von einer Seite zur andern, wie der Kopf einer großen Puppe.
Sarrat blickte auf Thamar und lachte. Es war ein häßliches Lachen.
«Befehle!» sagte er. «Jetzt siehst du es.»
Bestürzung, Kummer und Leid zeigten sich auf Thamars Gesicht. Er brachte die Maschinenpistole auf Karz in Anschlag und entsicherte sie mit einer automatischen Handbewegung. «Faul», sagte er ungläubig.
«Bei Gott,
faul
!»
Ein langer, bösartiger Feuerstoß schnatterte aus der Maschinenpistole.
21
«Soll das heißen», sagte der Minister, «daß Sie seit dem Telegramm aus Istanbul vor ungefähr einem Monat von Modesty Blaise nichts gehört haben?»
Tarrant überlegte und kam zu dem Schluß, daß er die Frage wahrheitsgemäß beantworten konnte, obwohl er auf jeden Fall dasselbe geantwortet hätte.
«Nicht ein Wort, Sir.» Auf Tarrants Gesicht lag ein fragender Ausdruck.
Seine Exzellenz Roger Selby nahm die Kopie einer Depesche von dem Stapel auf seinem Schreibtisch und las vor: «
Alles abblasen. Operation kompletter Versager. endet sofort fünf Kisten besten Scotch an Dave Connolly c/o Dall-Pachmeyer Construction Inc. Büro Kabul
.»
«Ach ja», meinte Tarrant, sich besinnend, «dieses Telegramm war mit Blaise unterzeichnet. Wenn ich mich recht erinnere, bestärkte Sie das in Ihrer Annahme, daß die erste geheimnisvolle Depesche eigentlich keine Bedeutung hatte. Sie waren überzeugt, daß Miss Blaise gegen Windmühlen gekämpft hatte und nun behauptete, sie vernichtet zu haben. Ich besitze eine Kopie Ihres Memorandums, Sir.»
Selbys Finger trommelten auf den Schreibtisch. «Und Sie holten keine weiteren Auskünfte nach dem Einlangen dieses zweiten Telegramms ein?» fragte er.
«Nein. Denn, wenn Sie recht hatten, Sir, dann waren keine Fragen mehr offen. Und wenn Modesty recht hatte, dann war es ihr und ihrem Freund Garvin gelungen, den bösen Feind aus eigenem zu vernichten, ganz, wie Sie, Sir, es gewünscht hatten», sagte Tarrant liebenswürdig.
«Ich schickte jedenfalls die fünf Kisten Whisky ab. Nicht auf Kosten des Ministeriums. Modesty Blaise ist mit mir befreundet, und ich bin sicher, sie wird mir die Spesen zurückerstatten, wenn sie wieder auftaucht. Mich würde zum Beispiel brennend interessieren, wer dieser Mr. Connolly ist.»
«Das kann ich Ihnen sagen, Tarrant.» Selbys Stimme war kalt, und in seinem Blick lag Mißtrauen. «Vor einer Stunde rief mich der amerikanische Botschafter an.
Er war bei mir, und ich bin nun in der Lage, Ihnen eine Menge zu erzählen. Connolly ist ein ehemaliger Major der US-Armee und zur Zeit als Ingenieur bei einem Straßenbau im südlichen Afghanistan tätig.»
«Ach ja, ich weiß. Die Amerikaner bauen ja dort Straßen und eine Menge anderer Einrichtungen», stimmte Tarrant zu.
«Allem Anschein nach», fuhr Selby fort, «machte dort in der Nähe eines vorgeschobenen Lagers, dessen Chef Connolly ist, eine zweimotorige Maschine eine halbe Bruchlandung auf dem harten Boden. Wie der Botschafter sagte, befanden sich in dem Flugzeug nach einem Bericht Connollys Willie Garvin, Modesty Blaise, ein bewußtloses kleines Mädchen namens Lucille Brouet und ein oder zwei Liter Blut.»
«Von wem?»
«Von Blaise. Sie wurde angeschossen.»
«Aha. Das wäre eine Erklärung für die Depesche aus Istanbul. Dieser Mr. Connolly muß ihr sehr geholfen haben.»
«Alle Leute der Dall-Pachmeyer-Baugesellschaft halfen ihr außerordentlich viel, ebenso der amerikanische Geheimdienst. Es scheint wenig Zweifel darüber zu geben, daß sie alle von John Dall alarmiert waren, nach unseren beiden Freunden Ausschau zu halten.»
Tarrant kräuselte die Lippen und überlegte diesen Aspekt. «Rußland gewährt dem Norden Unterstützung und schickt seine Techniker dorthin», sagte er nachdenklich. «Amerika macht dasselbe im Süden. Das ganze Land ist natürlich eine Brutstätte der Spionage, und es wimmelt von Agenten. Wir haben ein oder zwei Leute von uns dort, und ich nahm
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