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Modesty Blaise 10: Der Xanadu-Talisman

Modesty Blaise 10: Der Xanadu-Talisman

Titel: Modesty Blaise 10: Der Xanadu-Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Mechaniker zu ermöglichen, ein Auto von unten zu untersuchen. Nach etlicher Mühe gelang es Modesty, eine Seite des Gitters zu heben und zur Seite zu schieben.
    Der Franzose murmelte leise: »Bitte, Mam’selle … mein Bein.«
    Sie kroch zu ihm, ein wenig außer Atem, schob die Haare von den Augen und sagte, als sie ihn erreicht hatte, auf Französisch: »Gleich werde ich mich um Ihr Bein kümmern, aber zuerst müssen wir in diese Grube hinunter, bevor ein nächstes Beben alles einstürzen lässt. Verstanden?«
    Er nickte langsam. Sie stellte fest, dass das, was sie für einen Schatten gehalten hatte, in Wahrheit ein riesiger Bluterguss auf einer Seite seines Kopfes war, und vermutete, dass er eine Gehirnerschütterung hatte. Etwas sanfter sagte sie: »Also los. Versuchen Sie, sich hineinfallen zu lassen. Ich werde Ihnen helfen, so gut es geht. Halten Sie jedenfalls Ihr Bein fest.«
    Es dauerte eine ganze Minute, bis er am Rand der Grube die richtige Stellung eingenommen hatte. Sie kletterte hinein, legte sich auf den Rücken und stützte ihn mit Händen und Füßen, als er sich über den Rand fallen ließ. Während sie seinen Körper senkte, kroch sie unter ihm fort. Nebeneinander liegend hatten sie genügend Platz, und sie konnte sogar neben ihm kauern, ohne dass ihr Kopf über die Grube hinausragte.
    Sie zog das Gitter über die Grube, stellte fest, dass sie, wenn sie durch die Stäbe lugte, auf einem Geröllhaufen die bewegungslose Gestalt des Arabers sehen konnte, und wandte sich dem Mann neben ihr zu. Er lag auf dem Rücken, das verwundete Bein angezogen, mit den Händen seinen Schenkel umklammernd. In dem schwachen Licht, das aus dem Wageninnern in die Grube fiel, war sein Gesicht aschfahl.
    Modesty saß mit gekreuzten Beinen da, lehnte sich an eine Seite der Grube und lächelte zu ihm hinab. Als sie nachdachte, was sie ihm Aufmunterndes sagen könnte, flüsterte er mit schwacher, aber dringlicher Stimme: »Mam’selle …« Dann sah sie, als sein Griff nachließ, das Blut zwischen seinen Fingern hervorquellen.
    Rasch fanden ihre Hände die zwölf Zentimeter lange Wunde, die das Leitungsrohr aufgerissen hatte, und während sein Kopf zur Seite fiel, presste sie die Wundränder zusammen. »M’sieu! M’sieu!«, sagte sie laut. Es gelang ihr, sich vorzubeugen und sanft mit ihren Brauen gegen seine Wange zu stoßen, um ihn aufzuwecken.
    Als keine Reaktion erfolgte, änderte sie vorsichtig ihren Griff an der Wunde, sodass sie die Blutung mit einer Hand eindämmte. Mit der anderen Hand und unter Zuhilfenahme der Zähne gelang es ihr nach einer langen Minute, ein großes Stück aus ihrem Mantel zu reißen und ein dickes Kissen zu machen, das sie rasch auf die Wunde presste, bevor sie wieder mit beiden Händen zupackte.
    Sein Hosenbein war blutdurchtränkt, doch als sie den Daumen an die Innenseite seines Schenkels legte, fand sie einen normalen Puls und wusste, dass sie rechtzeitig gehandelt hatte. In den nächsten Minuten würde er jedenfalls nicht verbluten, was immer das wert sein mochte. Wenn das Gebäude nicht weiter einstürzte und ihre kleine Zufluchtsstätte zerstörte, wenn kein Brand ausbrach und wenn der Araber sich nicht befreite, dann würde sie, wenn sie Glück hatte, die Blutung in etwa einer Stunde zum Stillstand bringen und einen Notverband anlegen können. Dann könnte sie frei sein, das Loch zu erforschen, in dem sie gefangen waren, in der schwachen Hoffnung, einen Weg nach draußen zu finden.
    Sie sah an sich hinab. Ihr zerrissener Bademantel war geöffnet, ihr Körper mit Schmutz und Schweiß bedeckt. In ihrem Haar, in der Nase, im Mund war Staub und auf ihren Händen frisches Blut. Sie schätzte, dass seit dem ersten Beben etwa sechs Minuten verstrichen waren. Eine verhältnismäßig kurze Zeit, um ein Erdbeben zu erleben, verschüttet zu werden, mit einem Killer zu kämpfen und einen Fremden vor dem Verbluten zu bewahren.
    Sie fluchte selten, aber jetzt schüttelte sie den Kopf und fragte leise und erstaunt: »Verdammt noch mal … warum gerade ich?«
    In einiger Entfernung von der zehn Meter hohen Wand stehend, beobachtete Willie Garvin, wie der kleine harte Ball auf ihn zuflog – ein Ball aus Wollstoff, mit handgewebten Kautschukbinden umwickelt und zwei Lagen gehärteter Ziegenhaut bedeckt. An seiner rechten Hand trug er einen Lederhandschuh, an dem ein neunzig Zentimeter langer Faustschläger befestigt war, ein gebogener Korb aus dem Holz der Edelkastanie, über das man eine Lage

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