Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
Vom Netzwerk:
dem Boden herum. Jede Faser seines Körpers war gespannt. Das Adrenalin pulsierte in seinem Körper. Der Schein der Taschenlampe zuckte wild hin und her, bis er an einem Paar rotglänzender, böser Augen hängen blieb, das einen Meter über ihm auf ihn herab stierte. Sem dachte nicht nach und feuerte.
    Einmal.
    Zweimal.
    Mit einem letzten Krächzen stürzte der Vogel vom Terrassengeländer in die Flut.
    Van Taangens Puls hämmerte heftig an seiner Schläfe. Er hatte das dumme Gefühl, weiterhin beobachtet zu werden. So schnell er konnte kam er wieder auf die Beine und hielt dem Wind, der von hinten und von der Seite an seinem Körper zerrte, stand. Vorsichtig näherte er sich der Wand des Gebäudes und schob sich daran entlang.
    Ari’s Spruch hallte hinter seiner Stirn nach. „Den einen hat’s erwischt, auf den andern wart‘ draußen auf der Terrasse ich.“
    Wo steckt dieser Mistkerl? dachte Van Taangen. Mit der Taschenlampe leuchtete er vor sich die Planken entlang. Im prasselnden Regen und vom Sturm gänzlich unbeeindruckt saßen ein paar weiße Möwen und hatten die Köpfe zwischen die Flügel gesteckt. Das war zumindest Sems erster Eindruck gewesen.
    Als er jedoch ein zweites Mal hinschaute, erkannte er, dass keines der Tiere, die sich seelenruhig vor ihm niedergelassen hatten, lebte. Mit einem sauberen Schnitt am Halsansatz waren sie allesamt geköpft worden. Unwillkürlich drängte sich Van Taangen noch mehr gegen die Wand. Wenn er so etwas wie Angst kannte, dann war das in diesen Sekunden der Fall. Überall unter seiner Haut kribbelte es, als würde er von einem schwachen Stromkreis durchflossen.
    Er weiß, dass du kommst , schrie seine innere Stimme.
    „Gleich ist es vorbei Ari Sklaaten. Die Terrasse endet da vorn. Meinen Vater hast du ausgetrickst, aber mir machst du nichts vor“, sagte er und setzte den Fuß auf die nächste Planke.
    Unter ihm knirschte das marode Holz. Das Geräusch ließ sein Inneres zusammenzucken, hielt ihn aber von seinem Vorhaben nicht ab. Ari war hier draußen und er würde sich an ihm rächen, für alles, was er seinem Vater und seiner Familie angetan hatte. 
    Kurz prüfte er, ob der Boden das Gewicht seines Körpers trug. Es ächzte noch ein bisschen mehr und blieb dennoch stabil. Etwa fünfzehn Meter trennten Sem noch von dem Punkt, an dem die Terrasse auf der anderen Seite teilweise eingestürzt war. Dort hatte sich früher einer der drei Aufstiege befunden. Jetzt klaffte dort nur noch ein dunkles Loch, das die Taschenlampe nicht auszuleuchten vermochte. Der dichte Regen schluckte große Teile des Lichts.
    Er ist dort vorn. Ich spüre, dass er da ist.
    Von diesem Gedanken getrieben, setzte er Fuß um Fuß und näherte sich. Ein aufatmendes Ächzen verriet ihm, dass er eine neue, festere Planke betrat. Von innerlichem Aufatmen war jedoch nichts zu spüren. Sems Körper wusste, dass es dem Ziel einer langen Jagd entgegenging. Dem dicken Touristenführer hatte er erzählt, er wäre nur hinter Sklaatens Geld her, aber darum ging es ihm nicht im Geringsten. Stojic hatte Sems Vater vor vier Jahren hierher geschickt, um Ari zu erledigen. Er war nicht von diesem Auftrag zurückgekehrt. Ein paar Monate später hatte Stojic ein Paket erhalten. Darin hatten eine abgetrennte Männerhand mit einem Ring am Finger und ein schwarzer Möwenkopf gelegen. Petr Stojic hatte Sems Mutter den Ring geschickt und ihr den Anblick des übrigen Inhalts erspart. Danach hatte er beschlossen, Sklaaten in Frieden zu lassen, so lange er sich in Het Meeuwennest versteckte. Der Alte hatte gehofft, dass Ari irgendwann unvorsichtig werden würde und sich hinaus traute. Bislang war das nicht geschehen und Sem war die ewige Warterei schließlich satt gewesen. Er wollte Rache. Er wollte Vergeltung. Er wollte Ari Sklaatens Kopf und heute Nacht würde er ihn sich holen. Ein bisschen empfand er Mitleid mit dem dicken Harry Romdahl, dem Sklaaten den Zeh weggeschossen hatte, aber es war von vornherein klar gewesen, dass der Mann früher oder später daran glauben musste. Sobald Sem seine Aufgabe abgeschlossen haben würde und sie heil von hier geflohen waren, würde er Harry eine Kugel verpassen müssen. Er konnte nicht riskieren, dass Romdahl einen Bericht bei Petr Stojic über die Vorkommnisse hier ablieferte. Niemand würde je erfahren, dass sie hier gewesen waren und dem verrückten Koch das Licht ausgeknipst hatten.
    Hinter seinem Rücken knarrte das marode Holzbrett.
    Ari!
    Sem zuckte zusammen, wirbelte im

Weitere Kostenlose Bücher