Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)
aufwachen. Harry Romdahl, aufwachen.“
Der Kopf des Vogels hüpfte bei jedem Wort auf und ab und mit ihm der Partyhut.
Traum oder Wirklichkeit, Harry? fragte Inga trocken.
Die Antwort darauf entglitt Harry immer mehr. Er wollte sich nicht damit beschäftigen. Ruhe und Frieden waren, was er sich wünschte.
Ihm wurde schwarz vor Augen. Alles drehte sich … Schon wieder.
Traum oder Wirklichkeit?
„Ich weiß es nicht“, jammerte Harry.
Wieso konnte es nicht einfach enden?
Traum oder Wirklichkeit?
„Ich weiß es nicht“, sagte er stur, obwohl er es besser wusste. Tief in seinem Inneren hatte er es gewusst, bevor er den sprechenden Pelikan bloß angesehen hatte oder die Zeitung oder die Uhr.
„Traum“, flüsterte er, schloss die Augen und begann bereits zu fallen.
Bist du sicher? waren die letzten Worte, die Ingas Stimme in seinem Kopf hinterließ.
„Traum“, wiederholte Harry kräftiger als zuvor. Der Fall ging weiter, wurde schneller und länger und immer tiefer.
Er stürzte durch eine schier nie enden wollende endlose Dunkelheit.
„Traum“, rief er in einem Anflug von Verzweiflung. Es verklang ungehört in der Endlosigkeit seines Unterbewusstseins.
„Traum“, heulte er und flehte darum, es möge aufhören.
Harry raste geradewegs dem Grund entgegen. Er konnte ihn nicht sehen, spürte ihn dafür umso mehr. Näher, immer näher. Ungebremst würde er darauf zerschellen.
Ein letztes Mal wimmerte er: „Traum“, dann schlug er hart auf dem Boden der Realität auf.
***
Die Realität war von grellem Licht durchsetzt, das von den Decken eines Krankenhausflurs hinab in seine Augen brannte.
Es war die Realität, die richtige und einzige, und er wusste, welche Wahrheiten ihn hier erwarten würden.
Statt der sprechenden Pelikane würden es ernste Gesichter mit unangenehmen Fragen sein.
Statt der rückwärts tickenden Uhren, Kalender, die ihm zeigten, dass das Leben weiterging.
Statt der falschen Zeitungstitel, richtige Schlagzeilen mit unangenehmen Tatsachen.
Er atmete tief ein, verkniff sich ein „Herrje“ und blinzelte.
Aus dem Augenwinkel erkannte er eine rote Locke, daneben eine weitere und daneben und darum herum viele weitere. Harry lächelte ein schwaches Lächeln, während man ihn auf einer Bahre durch den Krankenhausflur rollte. Denn die Wahrheit war, dass er eine Tochter hatte. Eine Tochter, die ihn gefunden hatte. Eine Tochter, die in diesem Augenblick bei ihm war und ihn nicht im Stich gelassen hatte, so wie er es zwanzig Jahre zuvor bei ihr getan hatte.
…
Und zu guter Letzt war die Wahrheit, dass Harry leben und erleben würde und nicht länger vor seinem Leben davonrannte.
Ende.
Nachwort des Autors
Liebe Leserin,
Lieber Leser,
Experiment beendet. Kurz und knapp könnte man damit den abschließenden dritten Teil der Meeuwennest-Reihe beschreiben. Vor circa fünfzehn Monaten habe ich mich daran begeben, die Geschichte um das Restaurant auf der verfluchten Sandbank aufzuschreiben. Gedacht war die Geschichte als vierteilige Reihe, von denen sich jeder einzelne Band für sich lesen lässt. Ich muss offen eingestehen, dass dieser Versuch gründlich misslungen ist. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass am Ende eine ganz solide und spannende Gruselgeschichte daraus geworden ist. Mir jedenfalls hat es großen Spaß gemacht, diese Geschichte aufzuschreiben. Und wenn ich etwas von dieser Freude, die ich beim Schreiben empfunden habe, an Sie (während Sie diese Geschichte gelesen haben) weitergeben konnte, dann bin ich damit schon sehr zufrieden.
Die Hauptgeschichte um Het Meeuwennest endet mit diesem Band. Ich hoffe, ich konnte alle Irrwege und Fragen, die ich in den vorigen Bänden aufgeworfen habe, zufriedenstellend auflösen. Natürlich gelingt nicht immer alles und hin und wieder verrennt man sich als Autor in der eigenen Erzählung. Ich habe dennoch den Eindruck, dass die Geschichte zu einem befriedigenden Ende gekommen ist.
Da ich angekündigt hatte, dass es vier Teile geben wird, wird es eine weitere (an die bisherigen Ereignisse angelehnte) Geschichte geben. Man will ja schließlich sein Wort halten. Wann genau dieser Band erscheinen wird, kann ich Ihnen an dieser Stelle leider nicht beantworten. Allerdings ist danach erst einmal Schluss mit Harry, Ari, Inga und Monica. Nach all den Strapazen haben sich die Protagonisten dieser Geschichte ein wenig Erholung verdient.
Sobald die Geschichte verfügbar ist, wird sie auch in den vorliegenden Sammelband
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