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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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Fuß. Harry winselte. Unter dem Licht der Taschenlampe war zu erkennen, dass es sowohl den großen Zeh als auch die Kuppe des daneben liegenden erwischt hatte. Beide bluteten stark. Sem schien zu überlegen, dann zerriss er kurzerhand Harrys Socke und versuchte die Verletzungen mit den Stoffstreifen zu verbinden. Ehe er jedoch damit fertig war, erschallte wieder ein Rauschen.
     
    „Den einen hat‘s erwischt, auf den andern wart‘ draußen auf der Terrasse ich.“
     
    „Miese Sau!“, brüllte Sem und sprang auf. Er sah auf Harry hinunter, der zwischen seinen Fingern zitternd die Taschenlampe hielt. Die Stofffetzen an Harrys Fuß linderten die Blutung ein wenig. Sicherheitshalber nahm Sem den Rucksack und legte ihn unter den verletzten Fuß. Dann sah er Harry - entschlossener als je zuvor an diesem unseligen Abend - an.
    „Ich hol‘ mir das Schwein“, entschied er. „Gib mir die Taschenlampe!“
    Harry wollte etwas erwidern und schüttelte flehend den Kopf. Sem beugte sich jedoch bereits herab und riss sie ihm einfach aus den Händen.
    „Bin gleich wieder da. Bleib wo du bist.“
    Mit diesen Worten trat er durch die Glastür.
    Der hilflose Harry sah ihm hinterher, so gut wie es die Dunkelheit zuließ.
    Sem war schnell an den Käfigen vorbei und bewegte sich jetzt langsam auf die Türöffnung zu. Der Lichtkegel der Taschenlampe schwang hin und her. Er schien kein Risiko eingehen zu wollen und leuchtete jede Ecke und jeden Winkel aus. Dennoch bemerkte er die hastige Bewegung nicht, die Harry - auf dem Boden vor der Tür liegend - zwischen den Käfigen plötzlich wahrnahm. Zuerst hielt er es für etwas, das der Wind zwischen den Gitterstäben hindurchtrug, aber das war es nicht. Als er erkannte, dass sich dort etwas oder jemand in gebeugter Haltung voran bewegte, lief ihm der Schock durch Mark und Bein. Sein Herz klopfte bis zum Hals, das Luftholen fiel ihm ungemein schwer und für die wenigen Sekunden, in denen er völlig hilflos beobachtete, was hinter der Glasscheibe geschah, vergaß er die Schmerzen, die von seinem abgeschossenen Zeh ausgingen. Er wollte rufen, aber er konnte nicht. Etwas schien ihm die Kraft zu entziehen, die er benötigte, um den ahnungslosen Sem zu warnen.
    Fest stand: Abgesehen von Sem bewegte sich noch etwas in dem Raum und es war definitiv zu groß, um ein Vogel zu sein.
    Mit aller Macht versuchte Harry genug Luft für einen Warnschrei in seine Lungenflügel zu ziehen, aber wie bei einem Asthmaanfall ging sein Atem flach und schnell.
    Außer eines gekeuchten „Sem, pass auf!“, das leiser war, als das Rappeln, das die vom Wind gerüttelten Sturmschutzbretter von sich gaben, brachte er nichts über die Lippen.
    Bevor Harry es noch einmal versuchen konnte, hatte Sem bereits die Türöffnung erreicht. Mit dem nächsten Schritt war er draußen auf der Terrasse und aus Harrys Blick verschwunden.
    Einige Augenblicke später schob sich noch etwas durch die Öffnung, etwas ziemlich Großes.
     
     

Kapitel 4
     
     
    Sonntag 30. Juni  
    00:48 Het Meeuwennest
    Der erste Schritt, den Sem Van Taangen auf der glitschigen Panoramaterrasse setzte, wäre auch beinahe sein Letzter gewesen. Eine heftige Windböe erfasste ihn mit solcher Gewalt, dass es ihn vornüber riss. Er stolperte zur Seite, konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten, weil der Boden seinen schweren Schuhen keinen Halt gab. Der Länge nach fiel er hin und hatte dabei riesiges Glück, dass sein Gesicht die rostige Bruchstelle des nahen Terrassengeländers verfehlte. Dank einiger guter Reflexe schaffte er es, den Sturz über die Ellenbogen abzufangen und dabei weder die Pistole noch die Taschenlampe zu verlieren. So lag er einige Sekunden bäuchlings auf den von Möwenkot verdreckten Planken und konnte von dem Punkt, an dem sich sein Gesicht befand, direkt hinunter in die tobende See schauen. Hier oben wirkten die monströsen Wellen, die gegen die Überreste im Wasser und die Stützpfeiler prallten, weit weniger eindrucksvoll.
    Immerhin wusste er jetzt wieder, wo er sich befand, sofern sich sein Orientierungssinn nicht täuschte. Sein Kopf ragte über die Stelle der Terrasse, die erst vor kurzem abgebrochen war und die sie - zehn Meter tiefer - beinahe das Leben gekostet hätte. Verärgert schüttelte er sich und fluchte, doch dann schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf, der ihn beunruhigte und verstummen ließ.
    Ari ist irgendwo hier. Vielleicht steht er schon hinter mir.
    Ohne weiter darüber nachzudenken, drehte er sich auf

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