Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)
Vorsicht fahren, machte einen weiteren Schritt und stemmte sich mit der Schulter dagegen. Die Tür ließ sich nicht bewegen.
„Verschlossen?“, hauchte Harry ängstlich hinter Sem. Der jedoch kam nicht mehr zum Antworten.
Durch die Dunkelheit des weiten Raumes drang ein lautes Rauschen, vergleichbar mit dem Geräusch, welches erklang, wenn Harry zu Hause das alte Radio in der Küche anstellte und keinen Sender fand.
Harry und Sem starrten in die Dunkelheit. Sem leuchtete planlos mit der Taschenlampe umher. Es rauschte, krächzte, knisterte aus allen Richtungen und dann hörten sie ihn plötzlich. Seine Stimme drang laut durch die Eingeweide des Restaurants. Sklaaten sprach zu ihnen.
„Willkommen! Willkommen!“, dröhnte es dunkel an ihre Ohren.
„Ari Sklaaten freut sich über euren Besuch in seinem etwas anderen Restaurant!“
Die Stimme war rau. In ihr steckte etwas Eiskaltes und die Wörter klangen blechern, als wären sie vor Jahren auf eine alte Kassette aufgenommen worden. Es war offensichtlich, dass es sich um eine Stimme vom Band handelte. Das stimmte Harry allerdings nicht ruhiger. Jeder wusste, dass es hier keine Elektrizität mehr gab. Den Strom hatte man dem Restaurant nach Abschluss des Polizeieinsatzes abgedreht. So hatte es damals in der Zeitung gestanden.
Woher zur Hölle kommt der Saft für die Lautsprecher? Das ist höchst seltsam. Nein, mehr noch, unheimlich und unmöglich.
Harry hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn dann sagte die Stimme einen Vers, der ihm das Herz wirklich in die Hose rutschen ließ, denn dieser war garantiert nicht vor Jahren aufgenommen worden. Er passte genau auf das, was ihnen bislang widerfahren war.
„Wer kommt herein bei Nacht und Wind, durchs Falltürchen unterm Vorratslager gar geschwind?
Ari wird’s euch verraten. Diebe sind’s, die nach seinen Vögeln traten.
Kommen schlau die geheime Leiter rauf und denken, sie können Geld mitnehmen zuhauf.
Aber liebe Kinderlein, lasst euch eines gesaget sein.
Wer hereinkommt unbefugt ins Haus, den lässt Ari nicht mehr raus.
Die Vorspeise ist angericht‘, auf der Terrasse, da wart‘ ich.
Eet smakelijk “
Es rauschte und knackte, dann war es mit einem mal wieder still. Nur die Geräuschkulisse, die der Sturm im Hintergrund beständig aufrechterhielt, blieb ihnen erhalten. Betretenes Schweigen trat zwischen die beiden Männer, ein sehr langes und sehr unangenehmes Schweigen.
„Wir sollten lieber gehen“, flüsterte Harry endlich und warf Sem dabei einen eindringlichen Blick zu. Der muskelbepackte Hüne jedoch schien aus dem soeben Geschehenen, ein perfides Spielchen herauszulesen, das er nur allzu gerne mitspielen wollte.
„Unsinn!“, sagte er. „Sklaaten ist allein. Wir sind zu zweit und bewaffnet.“
„Aber es ist sein Haus“, gab Harry zu bedenken. Sem schüttelte ablehnend den Kopf
„Sammle deine Taschenlampe auf und dann geht’s weiter!“
„Das ist verrückt.“
„Ja, ist es“, erwiderte Sem und brach dabei in ein irres Gelächter aus.
Harry gefiel die Entscheidung nicht, ihm gefiel das Verhalten seines Kidnappers nicht, die Stimme aus der Dunkelheit und am allerwenigsten die Ungewissheit, was wohl als nächstes passieren würde. Am liebsten wäre er schreiend davongerannt. Sem jedoch trug immer noch die Pistole bei sich und drohte, seinem Leben sofort ein Ende zu setzen. Harry hatte wieder einmal keine Wahl.
Wenn ich doch nur die Chance bekäme, den Mistkerl in einem unachtsamen Moment zu überraschen .
Er hoffte inständig, dass sich die Chance noch einmal bieten würde.
Dann bin ich zur Stelle und zahle dir alles heim .
Fürs erste musste er jetzt jedoch darauf bedacht sein, am Leben zu bleiben und das hieß, das zu tun, was der Mann mit der Knarre von ihm wollte.
Also suchte Harry den Boden ab, konnte die Taschenlampe jedoch nirgends mehr finden.
„Sie ist weg“, zischte er, nachdem er die Suche aufgegeben hatte.
„Vorhin hat sie noch dort vorn an einem der Barhocker gelegen. Jetzt ist sie weg!“
Sem konnte nichts erwidern, da es erneut durch die Dunkelheit rauschte.
„Oh Graus, oh Graus! Ein Lämpchen weniger im Haus.
Noch ein paar Meterlein und ihr werdet ganz im Dunkeln sein.“
„Wir fallen auf deine Taschenspielertricks nicht herein, Sklaaten! Das letzte Mal bist du mir nur knapp entkommen, diesmal kriege ich dich. Du wirst bezahlen für das, was du meinem Vater angetan hast!“ brüllte Sem.
Sems Worte hallten in Harrys
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