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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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ansprechen zu können.) Eine Tasse mit dampfendem Tee wärmte immer dann seine Finger, wenn er nicht schrieb, weil er nachdenken musste. Aus dem Radio ertönten Rumbold Pragues entspannte Klänge. Die friedlich und fröhlich klingende Trompete des Musikers türmte eine Note auf die andere und schuf damit die elegante Architektur von ›The Mayor of Maidenhead‹. Nach einer Weile schien das Klappern von Diegos Schreibmaschine fast mit dem Rhythmus der Musik eins geworden zu sein.
    Diegos jüngste Novelle, die im Druck war, trug den Titel ›Die Todesmediatoren‹ und handelte von einer wunderbaren Welt, in der der Prozess des Sterbens ein noch größeres Mysterium war als in Wirklichkeit. In dem Universum, das Diegos Fantasie entsprungen war, gab es keine Bullen und keine Fischerinnen! Ein erfinderischer Geniestreich, dem alles andere rigoros folgte.
    Da den Bewohnern dieser Welt nicht die okkulten Dienste der Pompaten zur Verfügung standen, mussten sie sich auf die bestmögliche Weise mit den sterblichen Überresten ihrer Kameraden befassen. Leichen wurden entweder verbrannt, oder man versah sie mit Gewichten und versenkte sie in den Gewässern dieses sonderbaren Reichs. Ein Korps von Todesmediatoren hatte sich herausgebildet, das diese unerfreuliche Aufgabe erledigte und für diesen Dienst notwendigerweise eine Gebühr forderte. Doch die Armut zwang viele Angehörige der untersten Klasse, sich auf illegale Weise der Toten zu entledigen, indem sie sie einfach irgendwo hinwarfen oder sie in die Pendants dessen schaffte, was in seiner Welt Züge und Schiffe waren.
    Da zudem das endgültige Ziel der Seelen unbekannt war, hatte sich eine parasitäre Klasse von Scharlatanen herausgebildet, Mystiker, die widersprüchliches Wissen darüber zu besitzen behaupteten, welches Schicksal die Menschheit nach dem Tod erwartete. Ohne Jenseits der Gleise oder das Ferne Ufer zu sehen, um ihnen den Weg zu weisen, suchte der durchschnittliche verzweifelte Mensch dieser Welt Gewissheit und Sicherheit in den geschickten fantastischen Visionen dieser Betrüger.
    Diego hatte die radikale Entscheidung getroffen, einen dieser unmoralischen Scharlatane als Protagonist auftreten zu lassen. Er wusste, dass er damit riskierte, seine Leserschaft vor den Kopf zu stoßen, wenn er ihr eine so unsympathische Hauptfigur präsentierte, doch die Herausforderung, diese fremde Psyche umfassend zu entwickeln, war einfach zu groß gewesen, als dass er sich ihr hätte verweigern können. Wenn es ihm gelang, den Erzähler und die Gesellschaft überzeugend darzustellen, dann würde ›Die Todesmediatoren‹ sicher verblüffend werden. Es war sogar denkbar, dass diese Geschichte im nächsten Jahr für einen Preis vorgeschlagen würde. Immerhin war er mit seiner Arbeit schon in der Vergangenheit der Wahl verlockend nahe gekommen.
    Viele Stunden lang schrieb Diego an seiner Geschichte. Er vergaß darüber das Rauchen, sein Tee wurde kalt, und Pragues Musik war längst in die weit weniger vollendeten Melodien seiner Kollegen übergegangen. Die Tagsonne näherte sich ihrer abendlichen Position über Downtown. Die übliche Geräuschkulisse vom Broadway, fast unterbewusst durchsetzt von Nebelhörnern und Dampfpfeifen, konnte seiner Konzentration in keiner Weise etwas anhaben.
    Als die Zeituhr ablief und ihre Klingel losschrillte, wäre Diego vor Schreck fast aufgesprungen. Wie wild in die Tasten hauend, schrieb er den Absatz zu Ende, entzog das Blatt dem Griff der Vestal und legte es auf den erfreulich dicken Stapel fertig geschriebener Seiten. Von einem Haken an der Tür nahm er eine zerknitterte Krawatte und band sie sich um. Er steckte seine Seraglios ein, entdeckte die beiden übrigen Ausgaben von Mirror Worlds in seiner Tasche, legte eine auf einen kleinen Tisch und steckte die andere wieder ein, um sie Volusia zu geben.
    Dann eilte er aus der Wohnung und fand sich Augenblicke später auf der winterlichen Straße wieder.
    Sein Ziel: Joss Diomedes Steakhaus. Seine Belohnung für diesen harten Arbeitstag: ein herzhaftes Essen mit seiner teuflisch attraktiven Geliebten.
    Der Kellner im Diomedes erinnerte sich an Diego von früheren Besuchen, doch der Autor träumte nicht für eine Sekunde davon, ihm könne irgendwelcher literarischer Ruhm vorauseilen. Nein, ganz sicher war es Volusia gewesen, die dem Mann in Erinnerung geblieben war, da sie sich mit ihren dramatischen Auftritten ins Gedächtnis eines jeden Mannes einbrannte. Die nächste Bemerkung des Kellners

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