Moloch
Curtis’ fröhliches Geplapper und ein Klopfen an der Tür. Meine Tür? Nein, die nebenan.
Sechs… fünf… vier… Die Daten fließen immer noch. Drei… zwei… eins… null. Fertig, da kommt auch schon der Transcoder. Er sieht wie ein Bügel meiner Brille aus.
Auf meiner Festplatte sind verschiedene magnetische Moleküle dauerhaft in Unordnung gebracht. Tut mir Leid, Officer, ich bin nur ein alter Mann, und ich habe ständig diese furchtbaren Probleme mit meinem System.
Ab unter die Dusche. Man zeichnet hier unseren Herzschlag auf und überwacht jeden Tastendruck, aber das Gesetz verbietet es, uns im Badezimmer zu beobachten.
Unter der Dusche führe ich den Transcoder in meine Harnröhre ein, wie ich es hundert Mal geübt habe.
Das Ding ist lang und dünn. In einer Röntgenaufnahme würde man es für eine Genitalprothese halten.
Als es an meiner Tür klopft, habe ich die Dusche schon wieder verlassen, mich abgetrocknet und bin in meinen hübschen, neuen blauen Freizeitanzug geschlüpft. Ich gebe das Bild eines modernen tattrigen Nichtsnutzes ab, der hier unter Beobachtung Neurobic macht. Ein alter Knacker mit Geld.
Der Vollstrecker der Staatsgewalt marschiert herein. Er sieht wie jemand aus, der seine Zeit abwechselnd mit Gewichtheben und Videospielen verbringt. Haarige goldene Bizepse, das Lächeln eines Nagetiers und eine Hochleistungs-Multifunktionsbrille im Gesicht. Unfreundliches Auftreten. »Sie sind Alister Brewster. Hallo. Wir wollten schon länger mit Ihnen reden.«
»Ich wüsste nicht, was Sie bisher davon abgehalten hat.« Ich verhalte mich nicht einmal der Staatsgewalt gegenüber höflich.
»Schön.« Er setzt sich, ohne dass ich ihn dazu aufgefordert hätte. An seiner Brille blinkt ein kleines Lämpchen. Lächeln Sie, Sie werden von der Versteckten Kamera gefilmt. »Mr. Brewster, Sie haben früher für SecureIT Inc. gearbeitet.«
»War das eine Frage oder eine Feststellung?«
Er blinzelt. »Sie haben Sicherheitssysteme entwickelt.«
Keine Lüge ist effektiver als die Wahrheit. »So habe ich mein Geld verdient. Ich habe einen Teil der Erkennungs-Software kreiert, mit der die Schutzsysteme erkennen können, mit wem sie es zu tun haben.« Ich gebe mir Mühe, vollmundig zu klingen.
Er nickt und tut, als wäre er beeindruckt. »Ich habe mich gefragt, ob Sie uns helfen könnten, zu verstehen, wie einige dieser Sicherheitsmechanismen umgangen werden können. Während der sprunghaften Zunahme an Raubüberfällen in letzter Zeit.«
Also, das heißt Ärger. Und er kommt aus einer Ecke, mit der ich nicht gerechnet habe. Die Polizei hält mich nicht für einen Dieb. Sie hält mich nicht für einen Geldgeber von Silhouette.
Man glaubt, ich könnte ein Mitglied seiner Organisation sein.
Ich spiele auf Zeit. »Kann ich Ihre ID überprüfen?«
»Sicher.«
»Ich spreche nicht über sicherheitsrelevante Dinge, bevor ich nicht weiß, wer Sie sind.«
»Sehr vernünftig, Mr. Brewster.«
»Hat nichts mit Vernunft zu tun. In meinem Alter halten Sie sich an Gewohnheiten, Mr…«
Mr. Unbekannt denkt nicht daran, mir seinen Namen zu verraten, er gewährt mir nur einen Blick auf die Arbeit seines Zahnarztes. Dann beugt er sich vor, und mein TV überprüft seine Netzhaut. Wir warten gemeinsam in höflichem, eiskaltem Schweigen, während der Computer die Retinaerkennung verarbeitet und schließlich das Ergebnis ausspuckt.
Mein Besucher ist sechsunddreißig Jahre alt, hat ein Tattoo mit einer echt romantischen Inschrift auf dem rechten Knie und ist beglaubigter Vollstrecker der Staatsgewalt, Sicherheitsstatus Bernstein… Ach, das erinnert mich an die guten alten Zeiten. Seinen Namen erfahre ich immer noch nicht. Ein psychologischer Vorteil für ihn.
Ich habe die Vollstrecker schon immer gehasst, aus dem gleichen Grund, aus dem ich Silhouette hasse. Die Typen erschießen Menschen. Außerdem haben sie SecureIT gegenüber nie mit offenen Karten gespielt. »Okay, Mr. Unbekannt, schießen Sie los. Das meinte ich übrigens nicht wörtlich. Treffen Sie ruhig ein paar Feststellungen mehr, auf die Sie die Antworten bereits kennen.«
»Klugscheißer«, sagt der Vollstrecker.
»Hören Sie, ich bin reich und zufrieden. Ich muss mir von niemandem etwas gefallen lassen, und es war nicht leicht, mir diese Position zu erarbeiten. Ich habe Sie nicht gerufen, und ich muss nicht kooperieren. Tatsächlich habe ich bei meinem Abschied von SecureIT sogar eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben. Die Leute dort und ich
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