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Mondscheingeflüster

Titel: Mondscheingeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Ich denke, dieses Erlebnis hat mich schon etwas verändert. Ich sehe ein paar Dinge mit anderen Augen. Ich lebe nicht mehr so locker in den Tag hinein. Manchmal denke ich, dass mein Leben einen richtigen Sinn haben soll; ich will wirklich eine Aufgabe finden, die mich ausfüllt. Dieses Kellerverlies hat mich wohl doch zum Denken gebracht.
    Aber ich will dich damit nicht langweilen. Was dich vielleicht noch interessiert: Du erinnerst dich sicher an Lucy, das Mädchen, das zu meinen Entführern gehörte und mich nachher befreite, ich habe dir ja von ihr erzählt. Nun, Lucy hatte inzwischen ihren Prozess, sie hatte einen sehr guten Anwalt, den ihre Mutter ihr vermittelt und bezahlt hat. Lucy hat nämlich tatsächlich den Kontakt zu ihr wieder aufgenommen und ist sofort mit offenen Armen empfangen worden. Ich habe ihre Mutter bei der Verhandlung kennengelernt. Klar, dass ein Mädchen wie Lucy eine solche Frau früher abgelehnt hat: Platinblondes Haar, unheimlich viel Make-up, Massen von Schmuck, hochelegante Designerkleider. Lucy mit ihrem kurzen Rock, dem riesigen Wollpullover, mit ihrer langen Mähne und den vielen billigen Armreifen wirkte neben ihr wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Aber die beiden schienen recht glücklich. Lucy hofft, dass sie beide heute vielleicht in der Lage sind, einander zu akzeptieren. Jedenfalls, der Anwalt war also sehr gut, und ich tat auch mein Bestes; ich war ja als Zeuge geladen und schilderte, wie Lucy alles getan hat, um meine Lage zu verbessern, wie sie mich befreit hat, wie sie beschlossen hat, sich freiwillig der Polizei zu stellen und ein neues Leben zu beginnen. Der Richter war sehr einsichtsvoll.
    Lucy bekam Bewährung!!!
    Ihre Mutter hat ihr einen Job in New York verschafft. (Lucy würde sagen: Typisch, die Beziehungen der Oberklasse!) und zwar als Gehilfin in einem Maklerbüro. Lucy verdient nicht schlecht, aber sie wirkt nicht glücklich. Sie muss mithelfen, Leuten Häuser und Wohnungen anzudrehen, die entweder viel zu teuer oder in Wahrheit nicht in Ordnung sind. Lucy, die noch immer von einer besseren Welt träumt und eigentlich alles daran setzen will, ein bisschen was zur Verwirklichung dieses Traumes beizutragen, kann damit natürlich nicht zurechtkommen. Ich glaube nicht, dass sie lange dort bleibt. Sie hat mir erzählt, sie würde gern einen Job als Sozialarbeiterin machen. Vielleicht bei der Drogenberatung oder etwas Ähnlichem, aber sie möchte das ohne ihre Mutter arrangieren. Ist sicher auch besser so. Die beiden sollen sich vertragen, aber Lucy muss trotzdem ihren eigenen Weg gehen, er wird sich mit Sicherheit sehr von dem unterscheiden, den ihre Mutter für sie angestrebt hätte.
    Na ja, mal sehen. Lucy und ich treffen uns manchmal abends zum Essen oder zu einem Drink, daher weiß ich das alles. Aber nicht, dass du jetzt die falschen Schlüsse ziehst - wir haben nichts miteinander, werden auch nie etwas haben. Wir sind viel zu verschieden. Aber ich glaube, wir sind inzwischen ganz gute Freunde, auch wenn Lucy über meine Edeljeans und fein geputzten Schuhe immer noch spottet. Mir dagegen ist schleierhaft, wo man die Kleider, die sie anzieht, heute noch findet. Aber ich habe mich eben verändert. Ich bin viel toleranter geworden. Früher hätte ich ein Mädchen wie Lucy keines Blickes gewürdigt, heute sitze ich ganze Abende mit ihr zusammen und rede über meine Probleme.
    Übrigens, Patrick haben sie inzwischen auch geschnappt, mit einem Teil des Lösegeldes, das hatte er nämlich bei sich. Du erinnerst dich an Patrick? Er gehörte auch mit zu den Entführern, wirkte auf mich immer etwas überlegter und vorsichtiger als die anderen. Patricks Mutter lebt in New York, in dem Haus, vor dessen Tür der Erpresserbrief deponiert war. Patrick besucht sie in regelmäßigen Abständen, und er hatte diese Gewohnheit auch nach meiner Entführung beibehalten. Das wurde ihm zum Verhängnis. Sergeant Morton, der es wahrscheinlich überhaupt nicht verwunden hat, die › Heroin-Bande ‹ nicht komplett festgenommen zu haben, hatte die ganze Zeit einen Beamten gegenüber dem Haus postiert - wofür er, wie man sagt, schon anfing, Ärger mit seinen Vorgesetzten zu bekommen, die das für überflüssig und verschwenderisch hielten. Aber Morton konnte in dieser Sache einen Triumph feiern; Patrick lief dem Beamten direkt in die Arme. Er hatte fast zwanzigtausend Dollar bei sich, registrierte Scheine, die aus dem Koffer mit dem Lösegeld stammten. Damit hatten sie schon einen Beweis

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