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Mondscheintarif

Mondscheintarif

Titel: Mondscheintarif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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geliehen, das auf geniale Weise meine Problemzonen kaschierte und meine Stärken zur Geltung brachte.
    Es ist nämlich leider so, dass ich von vorne fast genauso aussehe wie von hinten. Das heißt, ich habeeinen recht knackigen, runden Po – und einen weniger knackigen, aber ebenso runden Bauch. Meine Brüste sind nicht der Rede wert und liegen weit auseinander. Schaue ich die eine an, habe ich die andere schon aus den Augen verloren. Aber   – Wonderbra sei Dank! – als ich an diesem Abend in mein Dekolleté hinunterschaute, blickte ich in eine tiefe, verheißungsvolle Spalte. Ach, ich war gut gelaunt und lüstern.
    «I need some hot stuff, Baby, tonight!»
    Als Jo und ich über den roten Teppich zum Eingang schwebten, spürte ich die anerkennenden Blicke sämtlicher Männer im näheren Umfeld auf mir. Ich lächelte milde, aber unnahbar.
    Ich lächelte nicht mehr, als ich bemerkte, dass hinter mir Veronica Ferres ging. Habe nie verstanden, was die Männer an der finden. Sieht aus wie ein deprimierter Pfannkuchen und wird, was ihre schauspielerischen Fähigkeiten angeht, weit überschätzt. Jo befahl mir, mir nicht die Laune verderben zu lassen. Und ich gehorchte.
    Es war ein herrliches Fest – abgesehen von der gähnend langweiligen dreistündigen Filmpreisverleihung zu Anfang. Erst war ich noch aufgeregt, fieberte bei jeder Siegerverkündung mit und schluckte schwer an Tränen bei den Dankesworten. Das ließ dann nach. Und irgendwann konnte ich den Scheiß nicht mehr hören.
    «Wenn das im Fernsehen übertragen wird, dann kürzen die das Ganze auf ’ne Dreiviertelstunde», flüsterte Jo mir zu, während sich ein Dokumentarfilmer aus Halle bei seinem Team, ‹ohne das diese wunderbare Arbeit gar nicht zustande gekommen blablabla, deshalb gebührt der Preis eigentlich nicht nur mir blablabla›, bedankte.
    «Dann schauen wir uns den Mist beim nächsten Mal eben im Fernsehen an», flüsterte ich zurück. Das war undankbar, ich weiß, denn schließlich war ich nur die «Begl.» – aber ich hatte Hunger und musste von dem vielen Sekt auf leeren Magen sauer aufstoßen.
    «Darf ich mal auf die Toilette gehen, oder komm ich dann ins Fernsehen?», fragte ich Jo.
    «Geh nur. Ist eh gleich vorbei.»
    Ich stöckelte durch den schmalen Gang in Richtung Ausgang, nicht ohne die strafenden Blicke von Til Schweiger, Senta Berger und Mario Adorf auf mich zu ziehen. Wobei mich Letzterer, wie ich fand, eher wehmütig ansah. Vielleicht wollte der arme Mann auch aufs Klo, musste sich aber vorher noch einen Preis abholen. Draußen in der prächtig dekorierten Vorhalle (Lichterketten! Ich liebe Lichterketten!) hellte sich meine Stimmung schlagartig auf.
    Hier waren ungefähr dreiundzwanzigtausend Kellner damit beschäftigt, das Büfett aufzubauen. Und was für ein Büfett! Hummer! Langusten! Lachs-Carpaccio! Vitello tonnato! Rinderbraten so groß wie mein Oberschenkel! Obstsalate! Mousse au Chocolat!
    Mir lief das Wasser im Mund zusammen, während ich mich an der überladenen Tafel vorbei in Richtung Damenklo vorarbeitete. Ich stieß die Schwingtür auf und fand mich in einem unglaublichen Pinkel-Palast wieder. Überall Spiegel, überall Marmor. Neben den Porzellanwaschbecken hing nicht etwa so ein gefährlicher Heißluftgebläseautomat, unter dem man sich dieHaut verbrennt, trotzdem nicht trocknet, und der Nächste, dem man die Hand schüttelt, denkt, man hätte ihn mit Exkrementen besudelt. Hier lagen, ordentlich gestapelt, frische, kleine, weiße Frottee-Handtücher bereit.
    Und neben den weißen Handtuchstapeln saß eine hutzelige Klofrau auf einem Höckerchen und schaute mich erwartungsvoll an.
    So was hab ich ja nicht gerne. Ich kriege Probleme beim Wasserlassen, wenn ich den Eindruck habe, dass mir dabei jemand zuhört. Es wird mir ewig ein Rätsel bleiben, wie Männer es schaffen, nebeneinanderzustehen und zu pinkeln. Wie tun sie das? Reden sie dabei? Worüber? Was ist, wenn sich der Chef neben einem erleichtert? Urinstau? Gehaltsverhandlungen?
    Ich bin einmal meinem Chef-Graphiker in der Sauna begegnet. War das peinlich! Er saß auch noch neben mir. Roch streng.
    «Ich finde, Menschen, die eine gewisse Position bekleiden, sollten nicht in öffentliche Saunabäder gehen», hab ich gesagt. Das war unklug, ich weiß. Aber die Wahrheit ist halt das Erste, was einem einfällt, wenn man nichts zu sagen weiß.
    Jedenfalls schaute mich das kleine Klofräuchen freundlich an, und mir streikte schlagartig die Blase. Also tat ich so,

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