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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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Ich hörte, wie durch Polster gedämpft, zwei weitere Schüsse. Ich sah, wie der zweite Mann stolperte. Ein rotes Loch platzte in seinem Rücken auf. Er stürzte ins Geröll, zuckte ein wenig und rührte sich nicht mehr. Der dritte Mann fiel röchelnd auf die Knie. Die Kugel hatte in schrägem Winkel seine Schulter durchschlagen. Er lebte noch, eine heisere Klage kam aus seiner Kehle. Giovanni trat dicht an ihn heran und schoss ein zweites Mal. Der Mann kippte in den Staub, spuckte Blut und starb. Giovanni ging einen Schritt zurück und murmelte ein paar Worte. Ich sah, wie er flüchtig das Kreuzzeichen schlug, und zwar tat er es mit der Mündung seiner Waffe. Dann sicherte er den Halt, steckte die Waffe in seinen Gürtel und zog sein T-Shirt darüber. Dann kam er auf mich zu, hielt mir seine blutbeschmierte Hand entgegen.
    »Komm, Alessa!«
    Ich nahm seine Hand nicht, sondern wich zurück. Giovanni war zu ruhig, zu gleichmütig, und das war für mich fast am schlimmsten. Es lag etwas in seinem Benehmen, was zu viel Vertrautheit mit solchen Situationen verriet. Ich war meiner Stimme, meiner Glieder nicht mehr mächtig, und als ich den Fuß hob, spürte ich eine jähe Schwäche, die mich zusammenknicken ließ. Er war sofort hinter mir, hielt mich, sonst wäre ich gefallen.
    »Es ist vorbei, Alessa. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.«

    Ich versuchte vergeblich, mich von ihm loszumachen.
    »Du … du hast deine Brüder getötet!«
    Ich hörte meine Stimme, sie klang wie die einer Fremden, so schwach und rau und fern. Er nickte nur, zog mich behutsam an den Ermordeten vorbei.
    »Schau nicht hin, Alessa.«
    Ich betrachtete ihn voller Entsetzen.
    »Du bist ein Mörder.«
    Er antwortete ruhig.
    »Die Sache musste gemacht werden. Auf Verrat steht der Tod. Das ist unser Gesetz.«
    Meine Zähne klapperten.
    »Welches Gesetz?«
    Er bewegte leicht die Hand.
    »Es gibt eben Leute, die so denken. Ich erwarte auch nicht, dass du das verstehst.«
    Er zog mich mit einer so einfachen Bewegung an sich, dass es schien, diese hinge gar nicht von seinem Willen oder seinem Bewusstsein ab. Und da, mit einem Schlag, lockerte sich die Spannung. Mein Körper bog sich leicht nach innen, als wollte ich mich mit diesem anderen Körper, der nach mir rief, verbinden und mit ihm verschmelzen. Dieses Hinströmen geschah so rasch und auf solch natürliche Art, dass ich mich nicht dagegen wehren konnte. »Ach, Giovanni!«, stöhnte ich.
    Aufgelöst, zitternd, fiel ich gegen seine Brust. Er wiegte mich in seinen Armen, streichelte mich.
    »Es tut mir ja so leid, Alessa.«
    Ich stammelte wie ein Kind.
    »Ich habe auf dich gewartet… du bist nicht gekommen.«
    »Ich habe die ganze Zeit nur an dich gedacht«, sagte er. »Ich bin gekommen, so schnell ich konnte. Aber vorerst musste ich einige Sachen in die Wege leiten.«
    Ich antwortete nicht. Ich war nicht imstande zu denken oder irgendeine Frage zu formulieren.

    »Komm!«, sagte er. »Aber sei vorsichtig! Der Aufstieg ist steil.«
    Endlich konnte ich sprechen. Ich sagte:
    »Du lässt sie einfach … liegen?«
    »Ja«, sagt er knapp, »sie werden in der Sonne verfaulen!«
    Seine mir geltende Fürsorge war ebenso erstaunlich und aufwühlend wie die Grausamkeit, mit der er seine eigenen Brüder erschossen hatte. Er hielt mich umfasst, stützte mich. Er roch nach Blut, das machte mich schaudern, aber ich stieß ihn nicht weg. Allmählich wurden meine Glieder wieder elastischer, ich konnte fester auftreten: Ich hatte entsetzlichen Durst, aber die frische Morgenluft belebte mich ein wenig. Ich sah mich um und bemerkte, dass wir uns in dem alten Steinbruch in der Nähe der Tempelruinen von Hagar Qim befanden. Der Steinbruch, ein tiefer Einschnitt an der Felswand, lag unweit der Küste. Von Zeit zu Zeit besahen sich Touristen die Schlucht von oben, aber nur selten wagten sie den Abstieg. Es lohnte sich nicht. Außer den Höhlen gab es ja unten kaum etwas zu sehen. Ich sagte bitter:
    »Da konnte ich vergeblich um Hilfe rufen!«
    »Ja«, antwortete er, »sie haben die Stelle gut ausgewählt.«
    »Wie lange war ich in dem Loch?«
    »Heute wäre der dritte Tag gewesen.«
    »Mir kam es länger vor.«
    »Das ist so, wenn man kein Zeitgefühl mehr hat.«
    »Was ist geschehen, Giovanni?«
    Er versteifte sich, ich spürte den Hass in seiner Stimme.
    »Sie haben mich in eine Falle gelockt. Als ich kam, war nur mein Schwager da und spielte seine Rolle als Köder. Wir redeten endlos um den Brei herum. Ich musste

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