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Monica Cantieni

Monica Cantieni

Titel: Monica Cantieni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grünschnabel
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ist jetzt mit dem Kaffee?
    – Er ist gleich so weit.
    – Mein Mund ist trocken.
    – Ich sagte: Ich bin gleich so weit.
    Tat klopfte mit dem Stock ungeduldig auf den Boden, bis mein Vater den Kaffee brachte.
    – Es gibt noch Kekse. Beim Herd.
    – Die sind schimmlig.
    – Sicher?
    – Sie sind grau!
    – Meinetwegen. Setz dich wieder und hör mir zu.
    – Du wolltest Kaffee haben.
    Tat schlürfte langsam aus der Untertasse.
    – Es ist zu viel Milch drin. Kann ich noch ein Stück Zucker haben?
    – Es sind drei Würfel drin.
    – Aber es ist zu viel Milch drin. Dann brauche ich mehr Zucker.
    Mein Vater sah mich an.
    – Tat will noch Zucker.
    Ich ging auf Zehenspitzen in die Küche, um nichts zu verpassen. Der Zucker war ganz oben im Regal, und ich musste einen Stuhl holen. Als ich die Dose endlich in den Fingern hatte, hörte ich Tat fragen:
    – Wo war ich?
    – Somme r 38.
    – Ja. Bald darauf kamen die Soldaten. Es wurde immer gefährlicher, die Leute herüberzukriegen. Viele wollten über die Grenze.
    – Die Schweiz war neutral.
    – Neutralität: dass ich nicht lache! Profitabel musste die schon sein. Scheiße ist das!
    – Ich bitte dich, die Klein e –
    – Ach was, Grünschnabel ist alt genug, um das zu hören.
    – So? Und wir waren es nicht? Du hättest uns sagen können, was ihr da getrieben habt.
    – Bist du verrückt? Du kennst doch die Liste mit den Erschießungsbefehlen. Unser Schuhmacher, der sich schon als Gauleiter sa h –
    – Jaja, sagtest du bereits.
    – Ja, sagte ich. Falls es nämlich etwas geworden wäre, hätte er uns höchstpersönlich erschossen. Curdin, mich und noch ein paar ander e – man stelle sich vor: Der Schuhmacher hätte mich erschossen. Ich weiß nicht mal, ob der noch lebt.
    – Du hast da was hängen.
    – Wo?
    – Im Schnauzer. Kaffeeschaum.
    Tat wischte sich sein ganzes Gesicht ab.
    – Ist noch Kaffee da?
    Wieder sah mich mein Vater an.
    – Tat möchte noch Kaffee haben.
    – Mit vier Stück Zucker. Weißt du, nur ein einziges Mal kam einer aus Bern, um zuzuhören, was die Leute von drüben zu berichten hatte n – erzählt man sich wenigsten s – ich bin sicher, die, die er zu Gesicht bekam, hatten wir schon gewaschen und gefüttert, wir hatten sie schlafen lassen, und sie hatten schon die ersten Briefe geschrieben. Nach Amerika. Weshalb fragst du mich das eigentlich alles? Weshalb willst du das jetzt wissen?
    Tat schnallte ein Bein ab und kratzte sich am Stumpf. Ich konnte es nicht bleiben lassen, ihn wenigstens danach zu fragen:
    – Hatten alle Flüchtlinge Zähne aus Gold?
    – Nein.
    Mein Vater hob die Hand, Tat hielt ihn fest.
    – Ein Ehepaar blieb länger bei Onkel Curdin.
    – Weiß ich doch.
    – Er war Arzt aus Wien, sie kam ursprünglich aus Paris. Wir nannten sie Madame und Monsieur, und sie luden uns zu Pastete ins Hinterzimmer ein, ich weiß nicht, wie lange Madame dafür Lebensmittel zurückgelegt hatte, die sie sich bei der Tatta ausgeborgt hatt e – ausgeborg t – in den Zeiten . – Ich habe nie zuvor und nie danach eine solche Pastete gegessen. Du etwa?
    – Ich war nicht da.
    – Warst du nicht? Ach, ich dacht e – von Monsieur habe ich das Rezept für Schnitzel. Das Original. Vom Kalb. Nach dem Krieg habe ich sie nach seinem Rezept gemacht, nicht die Tatta: ich. Vorher redeten wir nur davon. Monsieur erzählte von der Panierung, von Mehl, von Eiern und Paniermehl, vom Ausbacken und diesem Geruch, den er so beschreiben konnte, dass er mir in die Nase stieg, während wir im Mais vom Ried warteten, um welche in Empfang zu nehmen.
    – Im Ried über der Grenze?
    – Natürlich: Der gehörte zu uns, dieser Flecken Land über der Grenze. Daran hat auch der Krieg nichts geändert. Ich habe dir beigebracht, wie man Schnitzel macht.
    – Ich weiß.
    – Machst du noch welche?
    – Zu besonderen Gelegenheiten.
    Mein Vater legte den Schraubenzieher weg und klappte das Glas der Uhr zu.
    – Das hätten wir. Die könnten wieder ein Rennen laufen.
    Er zog beide Uhren auf, und ging mit ihnen in die Küche. Als nacheinander alle vier Kuckucke schrien, hörte ich ihn sagen: ›perfekt‹. Tat war weit weg, schien über etwas nachzudenken. Dann sah er mich lange an.
    – Er weiß es?
    Ich nickte.
    – Und? Was hat er vor?
    Tat neigte den Kopf, wie immer, wenn etwas zu leise war für seine Ohren und er es nicht hören konnte, obwohl er sich alle Mühe gab.
    Das Ohr fest auf zwei Kissen gedrückt, liege ich im Bett. Der Schlaf will nicht kommen. Auch mein

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