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Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Titel: Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jaeckel
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einem Winkel meiner Seele. Es sitzt so tief in mir, dass das Wissen um die alleinige Schuld meines Vaters es nicht erreichen kann. Alle Erfahrungen, die sich in meiner Kindheit in meine Seele gruben, stecken hier fest. Hier flüstern und drohen noch immer die Stimmen von früher, denen das Kind gehorchen musste und denen es glaubte.
    »Du lebst dein Leben lang mit dem Kind, das du einmal warst«, habe ich in einem Buch gelesen.
    Moni, das Kind, kommt mir vor wie das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern, das einsam im Schnee erfrieren musste, weil niemand es lieb hatte, niemand ihm Wärme schenkte. Wie dieses Mädchen im Märchen presste auch ich die Nase an die Scheibe, hinter der andere alles das besaßen, was ich mir so sehnlich wünschte.
    Die immer währende Nähe meiner Lieblingstante Inge war so ein unerreichbares Glück. Ich liebte sie. In meinen Wunschträumen war sie meine Mutter. Wenn ich doch immer hätte bei ihr bleiben dürfen! Wenn sie mich doch getröstet und mir gesagt hätte: »Dein Papa darf das nicht mit dir machen! Ich verbiete es ihm. Es kommt nie wieder vor.«
    Eines Tages war der Wunsch stärker als meine Angst. »Tante Inge«, sagte ich, als sie mit mir an ihrem Küchentisch saß und aus rotem Bastelpapier eine lange, lange Kette Nikoläuse ausschnitt, denen ich weiße Wattebärte ankleben durfte. »Tante Inge, glaubst du an den Mann im Busch?«
    Meine Tante lachte. »An den Mann im Busch nicht, aber an den Nikolaus. Und wenn der kommt, weiß ich, wer bald Geburtstag hat. Freust du dich schon?«
    Wenn Tage einen Geschmack hätten wie Bonbons oder Marmelade, müsste mein Geburtstag süß-sauer auf der Zunge liegen. Solange ich zurückdenken kann, war es ein Tag, der sehr gemischte Gefühle in mir auslöste. In meiner Kindheit herrschte, sobald der Geburtstag nahte, ein vages Unbehagen vor, das ich mir selbst nicht erklären konnte. Es kam mir vor, als stellte ich etwas Verbotenes an, indem ich mich auf diesen Tag freute.
    Als ich älter wurde, fing ich langsam an zu begreifen, woher dieses Gefühl kam: Meine Eltern ignorierten meinen Geburtstag weitgehend. Die Erinnerung an meine Geburt war kein Anlass für sie zum Feiern. Und sie war erst recht kein Anlass, mir durch eine solche Feier Liebe zu zeigen.
    Meine Eltern hatten keine Freude an mir. Und sie hatten mich nicht lieb. Meine Mutter schon gar nicht. Und mein Vater? Nein, auch er hatte mich nicht lieb. Wenn er etwas an mir liebte, dann meinen Körper, der ihm Lust und Genuss verschaffte und den er zu seinem Besitz gemacht hatte und je nach Laune benutzte.
    Meine Seele, meine eigene, unverwechselbare Persönlichkeit, mein Ich – nein, die liebte er nicht. Nichts an mir interessierte ihn außer meinem Körper. Diesen nahm er als Lustobjekt wahr. Er gehörte ihm – und zwar ohne jede Einschränkung.
    Warum also sollte ein Wesen, das nur geboren worden war, um anderen zu gehören, anderen zu dienen, andere zu befriedigen – warum sollte ein solches Wesen einen nur für es selbst bestimmten Freudentag feiern?
    Am Morgen meines Geburtstages fand jedes Familienmitglied neben oder auf dem Frühstücksteller ein kleines Geschenk vor. Ein besonderes Geburtstagsgeschenk für mich gab es nicht.
    »Gestern war ja erst Nikolaus«, sagte meine Mutter, nachdem sie mir die Hand geschüttelt und gratuliert hatte. Sie schien vergessen zu haben, dass ich ja schon kein Nikolausgeschenk von ihr bekommen hatte, weil ich gleich danach Geburtstag hatte.
    »So kurz vor Weihnachten gibt’s nicht mehr«, sagte mein Vater und gab mir zum Glückwunsch einen Kuss. Dass Stefan, mein ältester Bruder, der kurz nach Weihnachten Geburtstag hatte, immer ein Geschenk bekam, schien seinem Grundsatz nicht zu widersprechen.
    Wie Geburtstagsfeiern aussehen konnten, wusste ich. Die Geburtstage meiner Mutter, meines Vaters, meiner drei Brüder – alle wurden sie mit Geschenken, Kaffee und Kuchen gefeiert, oft bis in den Abend hinein. Die Verwandten kamen mit Kind und Kegel. Es wurde gratuliert, geküsst, gespielt, geredet, gelacht.
    Das Einzige, was meine Geburtstage denen der anderen voraushatten, waren die kleinen Geschenke für alle. Einmal, als meine Mutter Geburtstag hatte, wagte ich angesichts der sich auftürmenden Geschenke zu fragen: »Und wir?«
    Meine kleinen Brüder standen hinter mir, mit großen Augen. Auch für sie fragte ich. Aber die Antwort galt nur mir.
    »Wieso denn?«, fragte meine Mutter und sah mich zornig an. »Wer hat denn hier Geburtstag? Du

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