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Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Titel: Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jaeckel
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Aber wann? Ich hoffte, es war, als er schon nicht mehr nüchtern genug war, um genau zu rekapitulieren, wo das Geld abgeblieben sein könnte. Zugeben würde ich nichts – so viel stand fest.
    Zum Glück hatte mein Vater an diesem Morgen keine Lust auf Zoff. So kam ich ungeschoren davon.
    Vielleicht machte das Glück mich übermütig. Auf jeden Fall beschloss ich, mir das fehlende Geld in der Schule zu besorgen. Fast jedes Kind meiner Klasse hatte Geld dabei. Fünfzig Mark kämen dabei leicht zusammen. Ich musste nur die große Pause abwarten. Dann schien alles ganz einfach. Bauchschmerzen waren eine prima Ausrede, bis über das Pausenläuten hinaus auf der Toilette zu verharren. Danach schlich ich in meine Klasse zurück, stellte zufrieden fest, dass die beiden vom Tafeldienst schon im Hof waren, und machte mich ran an die Schultaschen. Die hinterste Reihe hatte ich schon gefilzt, als plötzlich die Tür aufging und eine Mitschülerin hereinkam. Irma!
    »Was machst du denn da?«, rief sie und begriff noch in demselben Moment. »Gib das her! Du Diebin!«
    Sie rannte auf mich zu. Ich rannte weg. An irgendetwas blieb ich hängen, stürzte und kam nicht wieder hoch. Ich konnte mein Knie nicht mehr bewegen. Der geringste Stellungswechsel tat weh.
    Irma war ebenso bleich wie ich. »Das ist die Strafe«, sagte sie. »Das hast du dir selbst zuzuschreiben.«
    Hatte ich mir nicht immer alles selbst zuzuschreiben?
    »Ich verpetz dich nicht.« Irma trat ein paar Schritte von mir weg. »Ich gebe den andern das Geld zurück. Wir sagen einfach, wir hätten es hier gefunden. Aber du darfst es nie wieder tun. Nie!«
    »Nie!«, versprach ich.
    Nach der Schule hakte mich Irma unter. Den anderen Arm nahm einer meiner Cousins. So humpelte ich nach Hause. Wie die Nachbarn die Köpfe zusammensteckten, hinter mir hergrinsten, sich an die Stirn tippten! »Die von den B.s schon wieder. Die tickt nicht ganz richtig; kein Wunder, dass der so was passiert!« So oder ähnlich werden sie getratscht haben.
    Kurz bevor wir unseren Wohnblock erreichten, blieb ich stehen. »Den Rest pack ich allein«, sagte ich. Ich wollte nicht, dass meine Mutter Irma sah. Vielleicht hatte ich endlich eine Freundin gefunden. Und das ging niemanden etwas an.
    Mein kaputtes Bein konnte ich natürlich nicht geheim halten. Es war so dick und unbeweglich geworden, dass selbst meine Mutter es mit der Angst bekam. An der Hand von Georg hinkte ich nachmittags zum Arzt und erhielt prompt einen Gips verpasst. Was genau passiert war, weiß ich bis heute nicht. Aber der Gips blieb für vier volle Wochen. Wochen, in denen mein Vater sein Image als Supervater zum Glänzen brachte und hinter den Kulissen den vollen Preis dafür bei mir kassierte.
    Täglich brachte er mich mit dem Auto zur Schule und holte mich mittags dort wieder ab, um mich bei Tante Inge abzusetzen. Nach Feierabend nahm er mich dort wieder in Empfang und mit nach Hause. Fürsorglich, großzügig, wahrhaft ein besorgter Vater, nicht wahr? Einen besseren kann sich niemand wünschen, ich weiß, ich weiß ...
    Ich weiß allerdings noch mehr: nämlich, was er im Auto mit mir machte, nachdem er es auf irgendeinem Waldweg abgestellt und die Liegesitze so umgeschlagen hatte, dass mein steifes Bein zum Fenster hinausgestreckt werden konnte. Dann trat der andere Papa auf, der, den niemand außer mir kannte. Da sah keiner uns zu. Außer den Blättern im Wald. Doch die schienen keine Notiz von mir zu nehmen – und wenn ich noch so schrie.

XX
    Es war in der Zeit, als Georgs Erstkommunion näher rückte. Er war mein Bruder, und ich hatte ihn lieber als jeden anderen, aber ich dachte trotzdem nicht über ihn nach. Er gehörte so selbstverständlich zu meinem Leben wie die Luft, die ich atmete. Und doch fiel mir eines Tages auf, dass Georg ungewöhnlich bedrückt wirkte.
    »Hat dir einer wehgetan?«, fragte ich. »Soll ich einem ans Schienbein treten?«
    Georg schüttelte den Kopf. Sein Haar war blonder als meines; ich nahm es zum ersten Mal bewusst wahr.
    Ich wollte mich schon abwenden, da murmelte er: »Glaubst du an die Hölle, Moni? Glaubst du, dass es die echt gibt?«
    Die Hölle? Voller Unbehagen zog ich die Schultern zusammen.
    »Der Kaplan sagt, dass es sie wirklich gibt«, fuhr Georg fort. »Und dass man da im Fegefeuer sitzt und alles.«
    Ich hätte gern »Quatsch!« gerufen und »Blödsinn!«, hätte Georg gern umarmt und getröstet. Stattdessen saß ich da und sagte kein Wort. Ja, ich kannte sie, die Hölle. Sie

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