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Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Titel: Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jaeckel
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war hier, bei uns. Der nachts in mein Bett kam, war der schlimmste aller Teufel.
    Georgs Unterlippe zitterte. »Wenn einer unkeusch ist, wenn einer einen da immer anfasst und alles ...« Hilflos sah er mich an. »Wenn einer in der Beichte ist, muss er alles sagen. Aber wenn einer doch nicht beichten kann ? Muss er dann in die Hölle, Moni? Tante Inge sagt, er muss.«
    »Tante Inge schwätzt viel!«, wollte ich schreien. »Sie sagt auch, dass ich lüge und mir alles bloß einbilde. Und doch ist es wahr. Tante Inge hat keine Ahnung! Glaube ihr nicht!« Aber ich brachte kein Wort heraus.
    »Beichtest du?«, fragte Georg.
    Ich schüttelte langsam den Kopf. Wie sollte ich beichten? Papas Geheimnis verschloss mir den Mund. Außerdem hatte ich gelernt, dass Gott alles sieht und alles weiß. Und da er kein Flammenschwert auf meinen Vater niedersausen ließ, hatte er offenbar nichts dagegen, was dieser mit mir anstellte. Und so einem sollte ich beichten?
    »Moni«, sagte Georg, »ich will nicht in die Hölle. Du?«
    Was sollte ich ihm schon antworten. Dass Kinder nie in die Hölle kommen? Oder dass es die Hölle gar nicht gibt? Wie sollte ich ihm das sagen, wo wir doch mittendrin steckten?
    Tage vergingen. Georg und ich sprachen nicht viel. Vielleicht fehlten uns die Worte. Vor allem aber hatte ich ein neues Problem: Ich hatte meine Periode bekommen.
    Morgens war sie plötzlich da. Mein Schlafanzug war blutig. Ich begriff nicht, warum. Was war mit mir los? War ich krank? Hatte Papa etwas an mir kaputtgemacht?
    Meine Mutter bemerkte, wie ich mich über dem Waschbecken mit den Blutflecken abmühte, die meinen einzigen noch akzeptablen Schlafanzug verunzierten. »Willkommen im Club!«, sagte sie sarkastisch. »Hast du den Mist jetzt endlich auch? Na, dann viel Spaß damit!«
    Schon oft hatte ich mich gefragt, was es wohl mit den dicken, weichen Papierdingern auf sich habe, die mein Vater einmal im Monat aus einer Packung nahm und abgezählt in ein Körbchen legte, das nahe der Toilette stand. Jetzt griff meine Mutter eines der Dinger und reichte es mir. »Leg das in deinen Schlüpfer«, sagte sie. »Sonst versaust du noch alles.«
    Welchen Sinn die Menstruation hat, welche Probleme man als Frau damit haben kann und wie man damit umgeht – all das erfuhr ich erst in einem Alter, in dem viele andere Frauen bereits Mütter sind.
    Das mag vielleicht unglaubwürdig klingen. Man denkt, wer Erfahrung mit Sex hat, ist auch aufgeklärt. In der Tat: Ich war damals sexuell schon ungeheuer erfahren. Ich hatte in den kurzen Jahren meines Lebens schon so manche Variante des so genannten Liebesspiels über mich ergehen lassen müssen, die den meisten Frauen ein Leben lang verborgen bleibt. Wie der weibliche Körper äußerlich beschaffen ist und auf welche Weise ein Mann welchen Teil dieses Körpers benutzen kann, war mir sehr wohl bekannt. Von der inneren Struktur des Körpers indes wusste ich nichts. Es interessierte mich damals auch nicht. Ich wollte nichts von diesem Körper wissen, der angeblich mir gehörte. Sollten doch die sich um ihn kümmern, die ihn benutzten. Was hatte ich damit zu schaffen?
    Die Binden meiner Mutter nahm ich jedoch wohl oder übel an. Dass sie abgezählt waren und jede fehlende ein Zeichen für meinen Vater darstellte, ahnte ich nicht. Erst abends begann es mir zu dämmern.
    Mein Vater war im Badezimmer gewesen, um sich den Arbeitsmief abzuwaschen. Als er wieder ins Wohnzimmer kam, machte mir das Glitzern in seinen Augen klar, dass er die Neuigkeit plötzlich herausgefunden hatte.
    »Hört mal alle her«, sagte er da auch schon. »Unsere Monika ist ab heute eine richtige Frau. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Haben wir noch ein Tröpfchen zum Anstoßen im Haus, Lena?«
    Meine Mutter sah aus, als würde sie mir lieber Arsen kredenzen als ein Glas Wein. Aber sie gehorchte. Klirrend stießen die Gläser zusammen. »Prost!«, sagte mein Vater und trank das Glas in einem Zug leer. »Kommt Besuch heute?«
    Wir alle wussten, dass Besuch angesagt war. Am Nachmittag hatte ein Mann angerufen. Als ich den Hörer abnahm und mich meldete, hatte der Typ mich gefragt, welche Farbe denn das Haar meiner Muschi hätte, und war fuchsteufelswild geworden, als ich ihm erklärte, nur die Tochter zu sein. »Dann schick mir gefälligst deine Alte an die Strippe!«, hatte er geschimpft. »Auf Kinder steh ich nicht.«
    »Ich kann abtelefonieren, Schatz!«, antwortete meine Mutter verwirrt. »Wenn du willst ... Ich meine, ich bin viel

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