Monkeewrench 02 - Der Koeder
Gesicht geworfen habe. Was hatte das zu bedeuten?»
«Das war Fürsorge.»
«Schluss damit. Grace hat Recht. Es ist nicht deine Angelegenheit.»
«Was Dämlicheres habe ich von dir noch nie gehört.»
Jetzt sah Magozzi ihn ungläubig an, und Gino hatte keine Mühe, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Er hob die Hände, um Kapitulation zu signalisieren. «Schon gut, schon gut. Vielleicht bin ich ein bisschen zu weit gegangen. Ich entschuldige mich und möchte es wieder gutmachen. Aber schneiden wir erst mal die Torte an und stoßen wir auf unsere Versöhnung mit Sahne und Schokolade an.»
Grace kam herein und warf einen Ausdruck auf Ginos Tortenteller. Er zweifelte nicht daran, dass es Absicht war. «Wir haben zwei Treffer, der erste bei einem der Interpol-Opfer. Charles Swift, Maurer im Ruhestand, wurde in Paris ermordet, zeitgleich mit einer der Reisen, die eure Opfer zusammen unternommen haben. Sein richtiger Name war Charles Franck.» Sie wies auf eine Stelle unten auf der Seite. «In Nürnberg verurteilt; verbüßte fünfzehn Jahre wegen Kriegsverbrechen.»
Stumm lasen Gino und Magozzi den entsprechenden Absatz mehrere Male durch.
«Irgendwas zu den anderen?», fragte Magozzi schließlich.
Grace schüttelte den Kopf. «Dieser Mann war gefasst worden. Damit war er im System, und als er seinen Namen änderte, nachdem er die Strafe abgesessen hatte, musste er es ganz legal tun, daher waren die Urkunden leicht zu finden. Wenn die anderen auch Nazis waren, dann lebten sie wahrscheinlich unter sehr guten Deckmänteln.»
Gino sog durch den Mundwinkel Luft ein. «Ich habe zu Langer gesagt, wenn das FBI diesen Fall übernehmen will, dann wissen sie etwas, was wir nicht haben. Ich möchte wetten, es waren die Infos über diesen Swift. Echt gute Arbeit, Grace.»
«Versuchen Sie nicht, sich bei mir anzubiedern, Gino.» Sie legte einen anderen Ausdruck auf den Tisch, worauf ein altes Schwarzweißfoto zu sehen war, das mehrere Männer in der unverkennbaren SS-Uniform zeigte. Eines der Gesichter hatte Grace eingekreist. «Das ist Heinrich Verlag, ein ganz übler Mann in Auschwitz, auch bekannt als Arien Fischer, sechzig Jahre jünger und fünfundsiebzig Kilo leichter.»
Magozzi sah auf das Bild hinunter. Langsam fügten sich die Puzzleteile zusammen. «Morey Gilbert war in Auschwitz. Ben Schuler ebenfalls.»
Dies war die Bestätigung, die sie sich erhofft, vor der sie sich aber gleichzeitig auch gefürchtet hatten, und Grace sah die widersprüchlichen Gefühle in ihren Gesichtern. «Ich werde Polizisten niemals verstehen», klagte sie. «Ihr kommt auf der Suche nach Informationen her, ich beschaffe euch genau das, worum ihr mich gebeten habt, und jetzt seid ihr deprimiert. Eure Senioren waren Nazi-Killer. Das habt ihr doch vermutet, oder?»
Gino nickte verdrossen. «Ja, haben wir. Aber heimlich hofften wir doch, dass sie niemanden getötet haben. Dass wir es stattdessen mit einem ganz normalen psychopathischen Serienkiller zu tun hätten, der sie einen nach dem anderen ins Jenseits geschickt hat.»
Resigniert zog Magozzi die Mundwinkel nach unten. «Es waren nette Leute, Grace. Ben Schuler war ein einsamer alter Mann, der zu Halloween Zehn-Dollar-Scheine an Straßenjungs verteilte. Du müsstest hören, was seine Nachbarn über ihn zu sagen haben. Rose Kleber war eine süße alte Oma, die ihre Familie liebte, ihre Katze und ihren Garten. Und Morey Gilbert hat an einem Tag mehr Gutes für seine Mitmenschen getan, als ich es in meinem ganzen Leben fertig bringen werde. Wenn wir beweisen, dass sie kaltblütige Killer waren, wird all das vergessen sein.»
Grace seufzte gereizt. «Du weißt so gut wie ich, dass Menschen nicht immer so sind, wie sie erscheinen, Magozzi. Außerdem haben sie keine Unschuldigen getötet. Die Bösen waren die Nazis.»
Die Art, wie sie es sagte, überraschte ihn – so geradeheraus, pragmatisch, wie eine beiläufige Rechtfertigung der Selbstjustiz. Das warf ein Licht auf den großen Unterschied zwischen ihnen beiden, und Magozzi spürte, wie sich Argwohn in sein Herz schleichen wollte. «Weißt du, was das Schlimmste an den Bösen ist, Grace? Was sie aus den Guten machen.»
Kurz darauf, als sie gingen, berührte Grace in der Tür Ginos Arm und hielt ihn zurück, während Magozzi schon auf dem Weg zum Wagen war. «Ich gebe mir Mühe, Gino», sagte sie sehr leise und folgte Magozzi mit ihren Blicken.
Gino war sich nicht hundertprozentig sicher, ob er genau verstanden hatte, was sie meinte,
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