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Monkeewrench 02 - Der Koeder

Monkeewrench 02 - Der Koeder

Titel: Monkeewrench 02 - Der Koeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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schob.
    Und dann sah er die Augen, die er nie vergessen würde, die blassen sehnigen Hände, die Hannahs Kehle aufgeschlitzt hatten, und dann die Pistole, die er langsam auf Augenhöhe gehoben hatte und der wie ein anklagender Zeigefinger auf Eddie Starrs Stirn zielte. Ein Feuerstoß schien aus der Mündung zu zucken, als er abdrückte, aber das erschreckte ihn nicht. Er stand nur da, lange Minuten, und sah mit leeren Augen, wie das rote Blut die Wand hinunterrann.
    Am nächsten Morgen war Marty in die Gärtnerei gegangen und hatte Morey die Waffe zurückgegeben. Sie sei zu wertvoll, hatte er gesagt, zu sehr Bestandteil der Familiengeschichte. Er könne sie nicht behalten. Am Nachmittag desselben Tages hatte er die 357er gekauft und seinen Selbstmord geplant.
    Er war jetzt ruhig, vielleicht ruhiger als seit Monaten. Er wickelte die Pistole sorgfältig ein, legte sie wieder in die Anglerkiste und schob diese zurück in die Ecke des Schranks, wo er sie gefunden hatte. Irgendwann in den vergangenen drei Tagen hatte er für sich entschieden, noch eine Familie zu besitzen, Verpflichtungen zu haben und, was erstaunlich war, weiterleben zu wollen.
    Also würde er die Waffe der Polizei übergeben, sich stellen und den Preis für das zahlen, was er getan hatte, denn so und nicht anders hatte es zu sein.
    Aber noch nicht sofort.

 
    KAPITEL 36
     
    Um fünf Uhr nachmittags konnte Magozzi sehen, wie sich in der Ferne die Gewitterwolken auftürmten, als hätte jemand einen Beutel Wattebäusche über dem westlichen Horizont ausgeschüttet. Langer war nach seiner überstürzten Flucht aus dem Büro ein paar Minuten später zurückgekehrt, noch immer ein wenig blass, aber doch gekräftigt, und seither hatten sie alle ununterbrochen am Telefon gehangen.
    Sie hatten sich ungelöste Mordfälle bestätigen lassen, die zu den Datumsangaben auf den zwanzig jüngsten Fotos aus dem Haus von Schuler passten, und die örtlichen Dienststellen darauf angesetzt, Familienmitglieder aufzuspüren. Aber jetzt steckten sie in einer Sackgasse. Ältere Akten der Strafverfolgungsbehörden lagerten irgendwo in einem Lagerhaus in staubigen Kartons, und die meisten der Detectives, die daran gearbeitet hatten, befanden sich längst im Ruhestand.
    Magozzi war nicht sonderlich beunruhigt. Seiner Einschätzung nach hätten rachsüchtige Familienmitglieder, die Vergeltung für einen Angehörigen suchten, den Morey, Rose und Ben getötet hatten, ohnehin nicht so lange gewartet. Wenn es sich überhaupt um Familienmitglieder handelte. Eine Garantie für diese Vermutung gab es nicht. Doch möglicherweise bewegten sie sich auf einem Gleis, das nirgendwohin führte, und das machte ihm Sorgen.
    Vor zehn Minuten war er jedoch auf etwas Interessantes gestoßen, und nun trommelte er ungeduldig mit den Fingern auf dem Schreibtisch, weil er darauf wartete, dass endlich sein Telefon klingelte.
    «So ein Elend», schimpfte Gino und knallte den Hörer auf den Apparat. «Der Sheriff von Brainerd ist schon seit zwei Stunden nicht mehr im Büro, und möchtest du wissen, warum nicht? Er hängt zusammen mit so gut wie allen Officers aus seinem County auf einem zugefrorenen See rum, wo sie versuchen, irgend so einen verdammten Hirsch zu retten, der im Eis eingebrochen ist.»
    Magozzi sah hinaus auf die Stadt, die in der Hitze des Tages schmorte. «Bei denen gibt es Eis?»
    «Machst du Witze? In Brainerd ist es April. Die haben noch einen ganzen Monat lang Eis. Sie liegen nördlich der Warmfront und kriegen nichts von unserer Hitze ab. Weißt du, woran mich das erinnert? Hänsel und Gretel.»
    «Verstehe ich nicht.»
    «Also komm, das ist doch klar. Die alte Hexe hält die Kinder eine Weile fest, um sie zu mästen, bevor sie sie verspeist. Genau das machen diese Typen auch. Retten einen Hirsch, um ihn im nächsten Herbst abzuknallen und zu Würstchen zu verarbeiten. Inzwischen sitze ich hier, habe sechzig Morde aufzuklären und muss Däumchen drehen, während die den Lebensretter für ein Stück Wild spielen…»
    Magozzis Telefon klingelte und setzte Ginos Tirade ein Ende. Er hörte eine Minute lang zu und presste dann den Hörer an die Brust. «Beendet alle eure Gespräche. Vielleicht haben wir den Durchbruch.»
    Ein paar Minuten später waren Langer, McLaren und Peterson auf ihren Stühlen herangerollt, um zu hören, was Magozzi zu sagen hatte.
    «Laut der Liste von Grace haben Morey Gilbert, Rose Kleber und Ben Schuler vor einigen Jahren einen Trip nach Kalispell, Montana,

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