Monkeewrench 05 - Sieh mir beim Sterben zu
las den Beitrag kopfschüttelnd. «Ich vermute mal, die Typen lassen sich nicht zurückverfolgen.»
«Gut geraten, Kleiner. Wir werden diese Kerle nie im Leben finden.»
«Zumindest nicht auf diese Weise», sagte Roadrunner.
Annie sah ihn an. «Weißt du eine andere Möglichkeit?»
Roadrunner hob bescheiden die Schultern. «Ich habe da so eine Idee.»
Kapitel 38
Am nächsten Morgen versammelten sich Magozzi, Gino und McLaren wieder vor dem Fernseher im Morddezernat, um keine Geringere als ihre hochgeschätzte Kollegin Doktor Chelsea Thomas dabei zu beobachten, wie sie eine der großen morgendlichen Nachrichtensendungen im Sturm eroberte. Neben ihrer beeindruckenden Intelligenz, die ebenso klar wie unprätentiös über den Äther kam, während sie die Gefahren, denen leicht zu beeinflussende und unbeaufsichtigte Jugendliche heute ausgesetzt waren, die viralen Strukturen des Internets sowie weitere brandaktuelle Themen erläuterte, besaß sie eindeutig dieses ganz gewisse Etwas. Und wie vermutlich ganz Amerika mit ihnen schleckten die Moderatoren jedes ihrer Worte auf wie Honig. Magozzi nahm an, dass ihr noch vor dem Mittagessen eine eigene Talkshow angeboten werden würde.
McLaren war wie hypnotisiert, doch Gino wirkte unruhig und hampelte herum, wie er es immer tat, wenn er irgendeine himmelschreiende Ungerechtigkeit im Herzen bewegte. Magozzi wappnete sich für den Ausbruch, der unweigerlich bevorstand.
«Meine Fresse!» McLaren kicherte vor Erstaunen. «Habt ihr das gerade gehört? Die stammt von irgendwelchen Hollywoodgrößen ab. Kein Wunder, dass sie sich so gut vor der Kamera bewegt.»
Ginos Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen. «Ja, ich hab’s gehört. Und das ist ja wohl die Höhe! Sie ist so schlau wie nur was, hat richtig gute Sachen zu sagen, und diese Holzköpfe haben nichts Besseres zu tun, als sie auf die beschissene Promischiene zu manövrieren. Die machen sich zum gottverdammten lebenden Beispiel für das, wovor sie uns gerade warnt. Immerhin muss man ihr zugutehalten, dass sie das offensichtlich wütend macht.»
Chelsea sah tatsächlich verärgert aus. «Das war ja mal richtig gut beobachtet, Gino», lobte Magozzi.
«Vielen Dank, Leo. Und soll ich dir sagen, was außerdem noch richtig doof an der Sache ist? Alles, was wir erreichen wollten, indem wir den Fall rasch und wasserdicht abschließen, mit so viel Öffentlichkeit wie möglich, wird hier gerade komplett in die Tonne getreten. Wahrscheinlich haben die zwei Jungs schon Agenten, die gerade die ersten Interviewtermine für sie vereinbaren.»
«Sie kommen ins Gefängnis, Gino», rief ihm Magozzi in Erinnerung. «Vor vierundzwanzig Stunden haben sie noch davon geträumt, sich im Herbst bei den Erstsemester-Partys an der U of M zu besaufen, und jetzt haben sie eine lange Haft im Bundesgefängnis vor sich. Das dürfte nicht ganz das Rockstar-Feeling sein, das sie sich ausgemalt hatten.»
«Ach nein? Wart’s nur ab: Die kommen geschniegelt und gestriegelt zum Gerichtstermin, ihre profitgeilen Anwälte drücken auf die Tränendrüse von wegen hochbegabte junge Männer, die eine zweite Chance verdienen, und die heulsusigen Geschworenen, unter denen natürlich massenhaft Eltern sitzen, die sich lebhaft vorstellen können, dass ihre eigene missratene Brut ähnlichen Blödsinn macht, werden ein mildes Urteil fällen. Wenn ihr mich fragt, ist die ganze Sache eine totale Pleite. Es wird wieder passieren, woanders und vermutlich ziemlich bald, und in der Zwischenzeit denkt kein Mensch mehr daran, dass immer noch Videos von echten Morden im Internet kursieren und ein paar kranke Spinner da draußen mit Menschenleben ihr Spiel treiben, um anschließend online vor ihren kranken Spinnerkumpels ordentlich angeben zu können.» Er holte tief Luft. «Das Ganze ist ein ausgemachter Blödsinn, und ich werde jetzt an meinen Schreibtisch zurückgehen, weil da nämlich sieben ungelöste Fälle auf dem Beifahrersitz hocken, die eigentlich ans Steuer gehören.»
McLaren hörte ganze zwei Sekunden auf, Chelsea Thomas anzuhimmeln, und warf Gino einen prüfenden Blick zu. «Du bist ja ziemlich negativ heute, Rolseth.»
«Stimmt. Bin ich.» Es gehörte zu Ginos Vorzügen, dass er einfach zur Tagesordnung übergehen konnte, wenn er einmal Dampf abgelassen hatte. «Wie war denn übrigens deine Verabredung gestern Abend?»
McLaren zuckte nur leichthin mit den Schultern, ließ sich aber keine weiteren Details entlocken, was Magozzi und Gino als gutes Zeichen
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