Monschau und das Monschauer Land
Schlagbaum den Weg versperrte. Wer nach Reinartzhof wollte, musste jetzt von Eupen aus über Raeren und das sogenannte Vennkreuz zu den Höfen gelangen.
Über diese Zufahrt kam es dann zwischen 1945 und 1948 zu einem letzten, großen Aufblühen von Reinartzhof. Die einst von Eremiten gegründeteSiedlung im Hohen Venn wurde zu einem zentralen Umschlagplatz für den bis zur Währungsreform 1948 an der deutsch-belgischen Grenze blühenden Kaffeeschmuggel. Auf dem holprigen Fahrweg von Raeren her wurde der Kaffee mit Fuhrwerken oder Lastwagen nach Reinartzhof gebracht, von der deutschen Seite her, vor allem von Roetgen und Stolberg aus, kamen nachts die Schmuggler mit ihren Rucksäcken und trugen die begehrten braunen Bohnen nach Deutschland. Die Zöllner an der Grenze hier hatten damals immer viel zu tun, ebenso wie der Amtsrichter in Monschau. Damals verging kein Verhandlungstag vor dem Amtsgericht, an dem nicht Roetgener oder Stolberger sich wegen Schmuggels verantworten mussten. Sie waren gefasst worden, als sie von Reinartzhof über die Grenze kamen.
Wanderweg an der Weser
1958 kam dann der Tag, der das Todesurteil für Reinartzhof bedeutete. Die Siedlung lag im Einzugsgebiet der Weser, die ihrerseits bei Eupen die zur Trinkwasserversorgung genutzte Wesertalsperre bildet. Aus Gründen des Gewässerschutzes musste die Siedlung, deren Ländereien bis an die Talsperre reichten, aufgegeben werden, die letzten Bewohner wurden umgesiedelt, die Höfe abgerissen. 1962 waren nur noch ein paar Ruinen übrig.
Diese Ruinen des einstigen Oberhofs passiert der Wanderer, kurz bevor er das offene Vennland von Kutenhardt erreicht, aus einem Teil der alten Bruchsteine des Unterhofs wurde 1973 von den Raerener Pfadfindern an der Stelle des einstigen Hofes eine kleine Kapelle gebaut, ein Rastplatz eingerichtet. Hier und da gibt es in der Umgebung der untergegangenen Höfe ein paar Wiesenstücke, die erhalten blieben, ein paar uralte Apfelbäume, die im Frühjahr Blütenschmuck vor die ernste Waldkulisse bringen.
Die letzte Glocke von Reinartzhof allerdings, die sicherlich unzählige Male in der Dunkelheit da oben geläutet wurde, existiert heute noch. Sie kam bereits im 18. Jahrhundert nach Monschau, wurde zunächst im sogenannten oberen Stadttor am Holzmarkt aufgehängt. Als das Tor 1831 abgerissen wurde, schenkte die Stadt die Glocke der katholischen Kirchengemeinde. Die ließ die Glocke vom Hohen Venn in das winzige Glockentürmchen am Turm der alten Pfarrkirche hängen. Von dort ist noch immer alle Viertelstunden der helle Klang der 1511 gegossenen Glocke vom Reinartzhof zu hören.
Herrlich ist’s, übers Moor zu gehen. Die wilde Faszination des Hohen Venns, einer gar nicht mehr einsamen Landschaft
Es geht eine eigenartige Faszination von der Moorlandschaft aus, die mit der 694 m hohen Botrange den höchsten Punkt des ganzen Königreichs Belgien hat. Ist es vielleicht ein kleiner, ganz kleiner Nervenkitzel, in ein Gebiet zu wandern, in dem noch vor 150 Jahren keiner, der hineinging, sicher sein konnte, wieder heil herauszukommen? Wo Wilderer Forstbeamte und Räuber ahnungslose Fuhrleute erschlugen? Oder ist es nur die Faszination der Weite und Einsamkeit, die die Besucher von weither aus Deutschland, aus Luxemburg, aus Belgien oder den Niederlanden in solchen Scharen anlockt, dass den Naturschützern die Haare zu Berge stehen? Denn wo im Jahr 500.000 Wanderer sich in eine Landschaft ergießen, die als Biotop so empfindlich ist wie ein Hochmoor, bleibt die Natur auf der Strecke. Ganz abgesehen davon, dass es bei einer halben Million Besucher in einem Naturschutzgebiet von gerade 400 Hektar Größe nicht mehr weit her ist mit der Einsamkeit. Die Weite schränken ohnehin die seit den Zeiten der preußischen Besitznahme 1816 entstandenen Fichtenwälder ein und die Schlagbäume und Verbotsschilder, die in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen sind, wie die Pilze nach einem warmen Sommerregen.
Die sehr seltene Einbeere
Trotzdem steht das Hohe Venn zwischen Monschau-Eupen-Malmedy und Spa im deutsch-belgischen Grenzgebiet im Ruf, Einsamkeit und Weite, gepaart mit einer nordisch anmutenden Landschaft, zu bieten. So kommen sie denn immer wieder aufs Neue, die Großstädter, die durch Bäche waten wollen oder mit den Stiefeln im Morast einsinken und über einen Boden gehen möchten, der unter jedem Schritt schwingt wie ein Trampolin.
Mondviole
Aronstab im Fruchtstand (links) und ausgebildete Blüte (rechts)
Doch vor
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