Monster
aus Richard Dadas Leben zu Tage zu fördern, doch der Lösung des Falles war er noch kein Stück näher.
Nach einem halben Jahr wanderte die Akte in den hintersten Winkel seines Schreibtisches.
Ich wusste, dass Milo das gehörig gegen den Strich ging. Seine Spezialität war es, hoffnungslose Fälle zu klären und nicht neue zu schaffen. Kein Detective der Mordkommission in West LA., wenn nicht sogar des gesamten Departments, konnte in diesem Jahr eine höhere Aufklärungsquote aufweisen. Doch das machte ihn nicht beliebter; als einziger Detective, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte, brauchte er mit Einladungen zu Grillfesten im Kreise von Kollegen sowieso nicht zu rechnen. Andererseits stellte der Erfolg für ihn eine gewisse Absicherung dar, und dessen Ausbleiben empfand er als Bedrohung seiner beruflichen Existenz.
Und als persönliches Versagen. Eines der letzten Dinge, die er sagte, bevor er den Mordfall Dada zu den Akten legte, war: »Passt mir gar nicht, den Fall jetzt schon abzuhaken. Wenn irgendein krimineller Idiot den Schädel mit ‘nem Billardqueue eingeschlagen kriegt, ist das eine Sache. Aber hier - allein wie der arme Kerl auseinandergeschnitten wurde, Alex, das Rückgrat glatt durchgetrennt. Der Leichenbeschauer sagt, die Rillen deuten mit einiger Wahrscheinlichkeit auf eine Bandsäge hin.
Der Junge wurde fachmännisch und sauber zerteilt wie ein Stück Schlachtvieh.«
»Hat die Spurensicherung sonst noch was gefunden?«, sagte ich.
»Fehlanzeige. Keine fremden Haare, kein Austausch von Körperflüssigkeiten … soweit wir feststellen konnten, steckte Dada auch nicht in Schwierigkeiten - keine Verbindungen zur Drogenszene, keine zwielichtigen Freunde, kein Vorstrafenregister. Er war einfach nur ein dummer Junge, der reich und berühmt werden wollte. Tagsüber und am Wochenende hat er in einem Sportstudio für Kleinkinder gearbeitet. Und nachts hat er wohl was gemacht?«
»Gekellnert.«
Sein Zeigefinger hakte die Antwort auf einer imaginären Tafel ab. »In einem Grillrestaurant in Toluca Lake. Seine großen Szenen haben sich vermutlich darauf beschränkt, dass er fragen durfte: Welches Dressing möchten Sie zu Ihrem Salat?<«
Wir saßen in einer stilvollen Bar im rückwärtigen Teil des Luxe Hotel am westlichen Ende von Beverly Hills. Weit und breit weder Billardqueues noch Kriminelle in italienischen Anzügen. Kristalllüster, die so weit gedimmt waren, dass sie nur noch oranges Flackerlicht absonderten. Teppiche weich wie Schwämme und Clubsessel so warm wie ein Mutterschoß. Auf der Marmorplatte unseres Beistelltisches standen zwei Bleikristalltumbler mit Chivas Gold und eine Kristallkaraffe mit eisgekühltem Quellwasser. Milos billige Panatela setzte sich rüde von den Cohibas und Churchills ab, an denen in den Nischen genuckelt wurde. Ein paar Monate später untersagte die Stadtverwaltung das Rauchen in Bars, doch damals gehörte der Nikotinqualm zu den abendlichen Ritualen.
Doch so angenehm und kultiviert es auch sein mochte, der Grund, warum man hierher kam, war, sich Alkohol einzuverleiben, und was das betraf, leistete Milo ganze Arbeit.
Ich hielt mich noch immer an meinem ersten Scotch fest, als Milo schon seinen Dritten austrank und ein Glas Wasser hinterherspülte. »Ich habe den Fall bekommen, weil der Lieutenant angenommen hat, dass Dada schwul war. Die Verstümmelungen - wenn Homos ausrasten, dann aber richtig, bläh bläh bläh. Allerdings hatte Dada keinerlei Verbindung zur Schwulenszene, und seine Eltern sagten, zu Hause hätte er drei Freundinnen gehabt.«
»Und wie sah es hier mit Freundinnen aus?«
»Ich habe jedenfalls keine auftreiben können. Er hatte ein kleines Studioapartment in der Nähe von La Brea und Sunset, und dort hat er allein gewohnt. Winzig, aber blitzsauber.«
»Die Gegend ist allerdings nicht ganz ungefährlich«, sagte ich.
»Schon wahr, aber das Haus hat eine abgeschlossene Parkgarage und einen Eingang mit Überwachungsanlage; die Vermieterin wohnt im Haus und achtet bei ihren Mietern auf einen korrekten Eindruck. Sie hat erzählt, dass Dada ein ruhiger Junge war, der, soweit sie’s mitbekommen hat, nie Besuch bekam. Außerdem gibt es keine Anzeichen für Einbruch oder Raub. Wir haben zwar seine Brieftasche noch nicht auftreiben können, aber er hat nur eine Kreditkarte besessen - eine Discover mit einem Verfügungsrahmen von vierhundert Dollar - und die ist nicht belastet worden. Im Apartment keine Spuren von Drogen. Falls Dada
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