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Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Titel: Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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ein paar Jogger herumtrieben, ließ Jack es einfach laufen, und sowohl die Stadt als auch die unterdrückten Ängste lösten sich wie durch ein Wunder im Nebel zwischen den Bäumen auf. Mit dem Wind in den Ohren kamen die Erinnerungen zurück, als wäre es erst gestern gewesen, dass er den Dead Man’s Hill in South Bend in Indiana auf seinem nagelneuen Fahrrad hinuntergerast war, seinem geliebten rotgoldenen Schwinn mit breiten Reifen, das er zu seinem zehnten Geburtstag bekommen hatte, nachdem ihm eine Anzeige auf der Rückseite seines Comicbuchs aufgefallen war. Als mythisches Symbol für seine glückliche, unbeschwerte Kindheit hatte er seine Mutter überredet, es aufzuheben, und jetzt stand es verstaubt in der Garage seiner Eltern.
    Es regnete immer noch, aber nicht so heftig, dass Jack den Spaß verlor. Doch er hörte, wie die Tropfen vorn gegen seinen Helm klatschten. Sein größtes Problem war, dass er kaum etwas durch die beschlagene, aerodynamische Fahrradbrille sah. Um sich einigermaßen trocken zu halten, hatte er sich einen wasserdichten Umhang mit zwei genialen Schlingen für die Daumen übergestülpt, unter dem er auf seinem Sattel wie unter einem Zelt saß. Und wenn sich einmal eine Pfütze nicht vermeiden ließ, hob er einfach die Füße von den Pedalen, bis er wieder trockeneren Untergrund erreichte.
    Im Südosten verließ Jack den Central Park und stürzte sich in den dichten Berufsverkehr in Midtown. Früher hatte er es geliebt, den Verkehr zum Kampf herauszufordern, doch damals war er, wie er selbst von sich sagte, ein bisschen verrückter, aber auch besser in Form gewesen. Da er in den letzten Jahren nicht viel gefahren war, hatte seine Ausdauer nachgelassen. Dass er häufig Basketball spielte, war zwar eine Hilfe, trainierte aber nicht die fürs Radfahren typische aerobe Dauerbelastung. Trotzdem fuhr er nicht langsamer, und als er die Eingangsrampe in der 30 th Street erreichte, brannten seine Schenkelmuskeln. Nachdem er abgestiegen war, stützte er sich einen Moment auf die Lenkstange, um seinem Kreislauf die Chance zu geben, den Sauerstoffmangel auszugleichen.
    Als das erledigt war, hob er sein Fahrrad auf die Schulter und stieg die Stufen zur Eingangsrampe hoch. Seine Beine fühlten sich noch immer wie Gummi an, doch er wollte herausfinden, was im Leichenschauhaus vor sich ging. Als er an der Vorderseite vorbeigefahren war, hatte er eine Reihe von Übertragungswagen mit ausgefahrenen Satellitenschüsseln gesehen. Und gleich hinter der Eingangstür hatten sich die Menschen gedrängt. Irgendetwas braute sich zusammen.
    Jack winkte Robert Harper durchs Fenster des Sicherheitsbüros zu. Der Sicherheitsbeamte sprang von seinem Stuhl auf und schob den Kopf um den Türpfosten herum.
    »Na, Dr. Stapleton, alte Liebe rostet nicht, was?«, rief Robert. »Ihr Fahrrad habe ich ja schon seit Jahren nicht mehr gesehen.«
    Jack winkte über seine Schulter nach hinten, während er mit seinem Fahrrad in die Tiefen des Leichenschauhauses vordrang. Nach dem Obduktionssaal, in dem Leichen in fortgeschrittenen Stadien der Verwesung untersucht wurden, bog er noch vor den zentralen Schubfächern, in denen die Leichen vor der Obduktion kühl gehalten wurden, nach links ab. Er musste erst ein bisschen Platz schaffen und die billigen Kiefernsärge zur Seite schieben, die für die nicht identifizierten Toten verwendet wurden – Menschen, die von niemandem vermisst wurden. Dann verstaute er seinen Umhang und die Fahrradausrüstung im Umkleideraum in seinem Spind und ging Richtung Treppe. Dabei kam er an Mike Passano vorbei, den Sektionsgehilfen aus der Nachtschicht, der im Büro neben dem Seziersaal so sehr mit seinem Papierkram beschäftigt war, dass er Jacks Winken nicht wahrnahm.
    Im Hauptflur erhaschte er wieder einen Blick auf die Menschenmenge in der Eingangshalle. Selbst hier hinten konnte er hören, wie vorn aufgeregt miteinander geredet wurde. Seine Neugier war angestachelt – irgendwas war hier los. Eins der aufregendsten Dinge an seinem Beruf als Gerichtsmediziner war, dass er morgens nie wusste, was ihn erwartete. Zur Arbeit zu gehen, war anregend, fast schon aufregend, was weit entfernt von dem war, wie sich Jack in seinem früheren Beruf als Augenarzt gefühlt hatte, als jeder Tag noch bequem und völlig vorhersagbar verlaufen war.
    Jacks Karriere als Augenarzt hatte 1990 abrupt geendet, als seine Praxis von dem aggressiv expandierenden Konzern AmeriCare geschluckt worden war. AmeriCares Angebot, Jack

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