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Moor

Moor

Titel: Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunther Geltinger
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versammeln, wo ihre Typen sie abholen. Nur einmal, als das Mofa auf der Landstraße gleichmäßig geradeaus fuhr, hast du losgelassen, die Schwankungen mit dem Oberkörper ausbalanciert und sogar ein wenig die Arme abgespreizt, im Rausch der Geschwindigkeit erfüllt von einem plötzlichen Glück, das gleichzeitig ein Erschrecken war, das Wissen um die Gefahr, hier, so dicht bei Hannes, ihm ausgeliefert, seinen Fahrkünsten, einem Ziel, das nur er kannte, ein blaues Gefühl, tief und offen wie der Himmel, der beim Blick nach oben über dir hinwegraste, ohne sich zu verändern, nur immer größer und leerer wurde, je weiter ihr euch von Fenndorf entferntet.
    Die Gedanken an Marga, die dich vorhin noch so bedrängt hatten, flatterten weg, waren nur mehr wie die Stämme der Bäume, die in unregelmäßigem Stakkato vorüberflogen, harte, schwarze Schnitte vor einem grenzenlosen Raum aus Licht, gesehen, gedacht, vergessen. Und wenn Hannes sich jetzt scharf in eine Kurve legen oder eine plötzliche Unebenheit dich von der Maschine schleudern würde, mit dem Kopf auf den Asphalt, denn du trägst keinen Helm, was würde sie tun? Wo dich suchen?, ja, würde sie überhaupt weinen, wenn du auf der Stelle tot wärst, und du sahst dich von weit oben, aus diesem blauen, gänzlich offenen und unbehausten Gefühl heraus, die Arme weiter anheben und langsam die Handflächen nach außen drehen, doch dann hat Hannes plötzlich die Bremse gezogen.
    Das Mofa schlingert über die Buckelpiste. Du stößt mit der Stirn gegen den Helm, packst unwillkürlich seine Schultern. Als der Weg im Unterholz endet, setzt er den Fuß auf die Erde, damit ihr nicht kippt. Du knetest die Finger, die vom Klammern ganz steif sind. Das ist euer Platz. Hier wirst du ihn das erste Mal so berühren, wie du es dir immer vorgestellt hast. Die Straße liegt verborgen hinter den Bäumen. Der Pfad endet an einem Zopfholzhaufen, abgerissenes Kronengeäst, Überreste des Wintersturms, davor eine Schütte zusammengeschobener Erde. Der Boden ist zerwühlt, Rinnen und Furchen führen kreuz und quer, in den Baggerspuren wächst junges Gras. Dort könnt ihr euch hinkauern. Das Holz wird nicht mehr abgeholt. Wer hier gearbeitet hat, kann sich an die Stelle kaum mehr erinnern. Sie ist wie jede zweite in den Bruchwäldern am Rande der Straße.
    Auf der schmalen Trift, die tiefer ins Dickicht führt, kreuzen nur Rehe oder die Heidschnucken, die man wegen der Feuergefahr längst in die Ställe getrieben hat. Jetzt werdet ihr darauf gehen, hintereinander her, mal nach rechts, mal nach links, mit gesenktem Kopf, die Hände, die zum anderen hinwollen, noch in die Hosentaschen gegraben, bis die Schritte langsamer werden, die Fäuste schweißig und der eine den anderen fasst. Es gibt noch immer Wege durchs Moor, die du nicht kennst.
    Doch er steigt nicht ab. Sitzt reglos im Sattel, die Hand am Gashebel, als wollte er gleich wieder durchstarten, und erst als du seinem Blick folgst, siehst du hinter dem Föhrengewirr wieder Rauch. Er kriecht über die Torfrippen, wo das Gestrüpp sich öffnet. Darüber gleißt die Ebene, kaum ein Strahl dringt herein. Als Hannes den Motor abstellt, ist es sehr still. Irgendwo rauscht Wind, oder drüben der Verkehr. Jetzt siehst du an einer anderen Stelle den Qualm, ein blinder Fleck zwischen den blinkenden Halmen, dann plötzlich mehrere rußende Flecken, noch sehr weit weg.
    Ich geh mal löschen, sagt er, schwingt sich vom Mofa und drückt dir den Lenker in die Hand. Das Vorderrad klappt herum, die Maschine droht dir zwischen den Beinen wegzurutschen. Du stemmst die Hacken in den weichen, von Kiefernnadeln bedeckten Boden, findest auch dort keinen Halt. Wenn du jetzt stürzt, und das Ding mit dir, hält er dich für einen Schwächling, doch da hat er das Mofa schon mit einem Ruck aufgebockt. Seine Hand, die für einen Moment auf deiner liegt, ist trocken und rau. Er nimmt den Helm ab, hängt ihn an den Lenker, fährt sich durch die Haare.
    Bin gleich wieder da. Auf deinem Handrücken erkaltet die Berührung, ein flaues, bedrückendes Gefühl; warum hast du ihn nicht festgehalten? Du hättest ihn gleich umfassen sollen, als er dich an der Bushaltestelle aufgegabelt hat, einfach so die Arme um ihn herum, der Motor röhrt auf, okay, los! Die Mädchen schieben die Hände von hinten unter die Jacken ihrer Kerle, wühlen sich durch das Gewirr der Stoffe bis auf den nackten Bauch. Er war auf dem Weg nach Zeeve, angeblich zu einem Kumpel. Doch der Rucksack,

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