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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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neuen Bürger - Männer mit Vermögen und Einfluß.«
    Rutilius Rufus zog die Augenbrauen hoch. »Und was ist falsch daran?«
    »Du denkst zwar oft aufgeschlossen und fortschrittlich, Publius Rutilius, aber in deinem Herzen bist du ein genauso spießiger römischer Adliger wie Gnaeus Domitius Ahenobarbus!« Marius war gereizt, versuchte jedoch, sich zu beherrschen. »Warum begreifst du denn nicht, daß Rom und Italien gleichberechtigt in eine Union zusammengehören?«
    »Weil sie eben nicht zusammengehören!« Auch Rutilius Rufus war ungeduldig geworden. »Wirklich, Gaius Marius! Wie kannst du hier in Roms Mauern für politische Gleichberechtigung von Römern und Italikern eintreten? Rom ist nicht zufällig die erste Macht in der Welt geworden! Rom ist anders.«
    »Rom ist etwas Besseres, willst du sagen.«
    »Richtig!« Rutilius Rufus richtete sich auf. »Rom ist Rom, die Römer sind den anderen Völkern überlegen! «
    »Hast du eigentlich nie darüber nachgedacht, Publius Rutilius, daß Rom noch größer wäre, wenn ganz Italien - auch das italische Gallien - zu seinem Herrschaftsbereich gehören würde?«
    »Unsinn! Rom wäre dann nicht mehr Rom«, antwortete Rutilius.
    »Und damit weniger?«
    »Natürlich!«
    »Aber die heutige Situation ist doch eine Posse«, beharrte Marius. »Italien ist ein Flickenteppich! Einige Gegenden haben das volle Bürgerrecht, andere das latinische Recht, wieder andere nur den Status von Bundesgenossen, alles wild durcheinander. Wie kann da ein Gefühl der Einheit, der Verbundenheit mit Rom entstehen?«
    »Völker, die das Bürgerrecht oder das latinische Recht haben, verraten uns nicht. Es würde sich für sie nicht auszahlen, uns zu verraten, besonders dann nicht, wenn sie die Alternative in Betracht ziehen.«
    »Damit meinst du vermutlich einen Krieg gegen Rom?«
    »Na ja, so weit würde ich nicht gehen - ich meine mehr den Verlust von Privilegien, der für die römischen und latinischen Gemeinden unannehmbar wäre, ganz zu schweigen von dem Verlust an gesellschaftlicher Wertschätzung und Anerkennung.«
    » Dignitas über alles«, sagte Marius.
    »Genau.«
    »Du glaubst also, die Anführer dieser römischen und latinischen Gemeinden könnten verhindern, daß die italischen Völker eines Tages auf die Idee kommen, sich gegen Rom zusammenzuschließen?«
    Rutilius Rufus war schockiert. »Gaius Marius, von was redest du da? Du bist doch kein Gaius Gracchus und ganz bestimmt kein Reformer!«
    Marius erhob sich und ging mehrere Male vor der Bank auf und ab. Dann wandte er sich plötzlich Rutilius zu und sah ihn mit einem wilden Blick an. »Du hast recht, ich bin kein Reformer, aber ich bin ein praktisch denkender Mensch, und ich habe, wie ich mir selbst schmeichle, mehr als nur meinen gerechten Anteil an Intelligenz mitbekommen. Außerdem bin ich kein echter Römer - wie mir die echten Römer immer wieder deutlich zu verstehen geben. Vielleicht ist es meiner Herkunft aus der Provinz zuzuschreiben, daß ich Rom aus einer Distanz sehen kann, wie das vermutlich kein echter Römer kann. Und ich sehe voraus, daß wir Probleme mit unseren Bundesgenossen bekommen werden. Vor ein paar Tagen habe ich gehört, was die italischen Bundesgenossen zu sagen hatten. Veränderungen liegen in der Luft.«
    Rutilius Rufus sah Marius, der sich vor ihm aufgebaut hatte, gereizt an. »Setz dich bitte wieder! Ich bekomme sonst noch Nackenschmerzen.«
    Marius setzte sich wieder auf die Bank und streckte die Beine aus.
    »Du suchst dir Klienten unter den Italikern«, sagte Rutilius Rufus.
    »Richtig. Aber nicht ich allein, Publius Rutilius. Gnaeus Domitius Ahenobarbus zählt inzwischen ganze Ortschaften zu seinen Klienten. Auch Marcus Aemilus Scaurus ist sich nicht zu schade, norditalische Klienten an sich zu binden.«
    »Aber wenigstens tut er etwas für seine Klienten - er läßt Sümpfe trockenlegen oder eine neue Versammlungshalle bauen.« Rutilius Rufus gehörte zu Scaurus’ Anhängern.
    »Zugegeben. Aber vergiß nicht die Meteller in Etrurien. Auch sie werben eifrig Klienten.«
    Rutilius Rufus seufzte tief. »Gaius Marius, wann erfahre ich endlich, was du mir auf diese umständliche Weise sagen willst?«
    »Das weiß ich selbst noch nicht genau«, sagte Marius. »Ich spüre nur so etwas wie eine Grundströmung. Den großen römischen Geschlechtern wird langsam bewußt, wie wichtig die italischen Bundesgenossen sind. Sie - wie soll ich es ausdrücken - folgen einem Instinkt, den sie selbst noch nicht

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