Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
zu schwer wog. Es hätten Tage sein können, aber es war kaum eine halbe Stunde.
    Baltasars entscheidende Frage kam gleich zu Beginn. Als die beiden in das Arbeitszimmer stürzten, bat er sie höflich, unter Hinweis auf die – allerdings zitternde – Knarre in meiner Hand, sich zu setzen. Dann wandte er sich an Morken.
    »Wie«, sagte er ruhig, »kann ein intelligenter Mann und Jurist sich so lange von einem Ungeheuer erpressen lassen? Natürlich ist Ihre Karriere hin, Herr Morken, aber sonst?«
    Morken starrte ihn an.
    »Wo ist meine Mutter?« war alles, was er sagte.
    Ahrenborn fletschte die Zähne.
    »Ihrer Mutter geht es gut«, sagte Baltasar. »Sie ist, zum ersten Mal seit neunzehnhundertvierzig, in Gesellschaft freundlicher Menschen.«
    Der Professor stand auf. »Hören Sie«, sagte er drohend, »ich will jetzt sofort wissen, was dieses Affentheater in meinem Haus bedeutet. Andernfalls werde ich ...«
    Baltasar stand vor ihm, und ich hatte bis dahin nie gewußt, daß dieser fette Mann sich so schnell bewegen kann und so viel unabweisbare Autorität ausstrahlt.
    »Sie werden überhaupt nichts«, sagte er mit einer Stimme, die so eisig war, daß es mir den Rücken hinunterlief. Morken zuckte zusammen. »Sie werden überhaupt nichts. Sie Experimentalmediziner, Massenmörder, Erpresser und Sadist. Setzen Sie sich. Oder nein, schauen Sie sich lieber Ihren Safe an.«
    Der Professor ging mit abgehackten Schritten zur Wand, schob die Bücher beiseite und sah den offenen Safe, leer. Dann setzte er sich.
    Baltasar wandte sich an Morken. (So habe ich es in Erinnerung, ungefähr. Vielleicht war bis dahin schon viel Zeit vergangen.) »Ein kleiner Junge«, sagte er, fast mitleidig, »der im Wald seinen Onkel erschießt, handelt in Notwehr. Man muß sich nicht von einem Erwachsenen mißbrauchen lassen, und man braucht keine Strafe zu fürchten.«
    Morken begann plötzlich zu zittern.
    »Und wenn der andere Onkel den kleinen Jungen später zwingt, den eigenen Vater zu erschießen, dann begeht nicht der kleine Junge ein Verbrechen, sondern der Onkel, der ihn auf diese Weise an sich ketten will.«
    Was folgte, war allzu melodramatisch und in meiner Erinnerung allzu verwischt, als daß ich es eingehend schildern könnte. Baltasar erzählte, wie Morken Alfred Ahrenborn erschoß, der sich an Morken vergehen wollte; wie Soldaten zufällig Zeugen wurden; wie Ahrenborn Morkens Vater dazu brachte, den einen der beiden zu erschießen, den anderen aber nicht, weil er harmlos war und seine Mitwirkung bei einer Gewalttat unglaubhaft gewesen wäre; wie Ahrenborn das Krankenhaus niederbrannte und den Jungen zwang, seinen eigenen Vater zu erschießen, um einen Mitwisser weniger und einen Sklaven mehr zu haben; wie Ahrenborn die gräßlichen Experimente mit kriegsgefangenen Sowjetsoldaten hinterher nutzbringend auswertete; wie er von Pallenbergs Bestechungen erfuhr, durch die dieser an öffentliche Aufträge kam und Bauland erwerben konnte, bevor einer außer ihm wußte, daß es Bauland war; wie Treysa sich hatte bestechen lassen; wie Ahrenborn zufällig hinter Grosseks Geschäfte kam; wie er alle drei bluten ließ, ihnen später etwas von einem Mord erzählte, den er angeblich begangen hätte, und ihnen leere Blätter in versiegelten Umschlägen als Pfand gab. (Das war Baltasars Genie: eine reine Vermutung, die sich hinterher als richtig herausstellte.) Wie er Pallenberg angeleitet hatte, seinen ehemaligen Buchhalter beiseite zu schaffen. Und wie er sich nach Jahren der Härte gegen sich selbst von einer jungen, raffinierten Frau in Geheimnisse einführen ließ, die er zuvor nie gekannt hatte, jenseits von Bordellbesuchen und kurzen Zwangsbegattungen seiner unglücklichen Frau; wie er plötzlich den damals verwirrten, verwundeten Soldaten wiedererkannte, der sich erinnert hatte.
    Brockmann mußte sterben. Wie der arme, eifersüchtige Kleinsiepe, der Burger angeschossen hatte und durchdrehte, als Barbara Grossek vage Gedanken äußerte. Ahrenborn hatte Barbara Grossek mit Kleinsiepes Pistole erschossen und mit Kleinsiepe zusammen zum Bahndamm gebracht. An eine Stelle, die Frau Kleinsiepe von ihrem Büro aus sehen konnte. Als sie sah, daß dort Polizei auftauchte, rief sie Ahrenborn an. Der ging zu Kleinsiepe, diktierte ihm den Brief und zwang ihn, sich eine Kugel in den Kopf zu schießen.
    »Das«, sagte Matzbach finster, »war Ihr ganz großer Fehler, der Brief. Ich habe ihn genau gelesen und gesehen, daß Kleinsiepe ihn nicht selbst

Weitere Kostenlose Bücher