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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Professor in der Tasche.«
    Ahrenborn war ein vorsichtiger Mensch; sogar die Zimmertüren waren mit Sicherheitsschlössern versehen.
    Baltasar räusperte sich. »Na schön«, sagte er dumpf. »Oder gibt's eine andere Möglichkeit?«
    Der dunkelhaarige Mann trat vor. »Darf ich mal sehen?«
    Er untersuchte das Schloß kurz, dann richtete er sich auf. »Geht«, sagte er, »dauert aber ein bißchen.«
    Baltasar trat zur gegenüberliegenden Flurwand zurück. »Platz!« sagte er und winkte mir.
    Wir nahmen Anlauf und warfen uns gleichzeitig gegen die Tür. Beim dritten Versuch splitterte etwas, beim vierten sprang die Tür auf.
    Frau Ahrenborn saß in einem Sessel in Fensternähe. Zum ersten Mal sah ich sie: eine kleine, zierliche Frau mit unendlich gequälten Augen, weit jenseits ihrer 57 Jahre gealtert. Susanne ging zu ihr hin.
    »Frau Ahrenborn«, sagte sie, »wie geht es Ihnen?«
    Frau Ahrenborn sah sie an, ganz langsam, und murmelte etwas. Eva Morken kniete neben dem Sessel nieder. »Mutter!« sagte sie. Plötzlich riß die Selbstbeherrschung wie ein überdehntes Seil. Schluchzend legte sie den Kopf auf den Schoß ihrer Mutter.
    Etwas wie ein verwundertes Leuchten geisterte für Sekundenbruchteile über das Gesicht der alten Dame. Sie bewegte die Hand, als wollte sie ihre Tochter streicheln. Dann war alles wie weggewischt, und sie saß wieder da wie vorher. Baltasar zupfte Edgar am Ärmel. Der nickte und ging vorsichtig um die Gruppe der sitzenden und knienden Frauen herum. Er bewegte die Hand vor Frau Ahrenborns Augen. Dann faßte er vorsichtig ihren linken Arm und streifte den lockeren Ärmel des Kleids hoch.
    »Sie steht unter Strom«, sagte er, als er sich aufrichtete. Er blickte finster und deutete auf zahllose Einstiche. »Und zwar voll. Ich weiß nicht, was es ist, aber das allein reicht schon aus, um dem Professor die Approbation und die Lehrerlaubnis zu entziehen. Mindestens. Es sei denn, sie täte es selbst, aber das glaube ich nicht.«
    Das große Aufgebot erwies sich als überflüssig; Baltasar hatte befürchtet, die Frau könnte aus Angst vor ihrem Mann nur unter Einsatz aller Überredungskünste von ehemaliger Haushälterin, Tochter und alter Freundin der Tochter dazu gebracht werden, das Haus zu verlassen. Ahrenborns üble Vorkehrungen wirkten sich zu seinen Ungunsten aus. Frau Ahrenborn war absolut unfähig, irgendeinen Willen zu äußern. Edgar nahm sie auf die Arme und trug sie zu seinem Wagen; Frau Morken und Susanne Weber packten ein paar wichtige Dinge in eine kleine Tasche.
    Das Arbeitszimmer des Professors war nicht verschlossen. Wozu auch? Gab es darin etwas, was niemand sehen durfte?
    Ich hatte selbst in dem Raum gesessen – mir war nichts aufgefallen. Baltasar wartete, bis Susanne Weber wieder ins Haus kam.
    »Wo ist der Safe?« sagte er.
    Stumm ging sie an uns vorbei ins Arbeitszimmer. Aus einem Regal nahm sie einige große Bücher, medizinische Nachschlagewerke. Dahinter war eine Holzverkleidung, bestehend aus quadratischen Platten. Sie nahm eine der Platten heraus; sie ließ sich mühelos aus den Fugen entfernen. Ein kleiner Safe war zu sehen. Das heißt, die Tür eines kleinen Safes.
    Baltasar winkte dem dunkelhaarigen Mann. Der ging langsam zur Wand.
    »Baltasar«, sagte ich, »wer ist das?«
    Der Mann drehte sich um und grinste. Baltasar legte den Finger auf seine wulstigen Lippen.
    »Wenn du«, sagte er dabei, »keine Namen kennst, kannst du Ziegler keine verraten. Klar?«
    Ich schwieg.
    Der Mann streckte die Hand aus. »Erste Rate«, sagte er.
    Baltasar drückte ihm etwas in die Hand; es raschelte wie Banknoten.
    Der Mann steckte es ein und widmete sich dem Safe.
    Ich blieb und sah ihm zu, während Baltasar durch den Korridor zurückging. Ich hörte ihn leise mit Frau Morken und Ariane reden. Dann hörte ich jemanden den Telefonhörer abnehmen und wählen. Frau Morken verlangte ihren Mann, der offenbar bei einer Versammlung war und erst zum Apparat geholt werden mußte. Es dauerte eine Weile; dann hörte ich sie sagen: »Emil? Ich bin's. Es ist was passiert, mit Mutter. Du sollst Vater sofort im Institut abholen und herkommen. Ja, ich weiß, daß du eine Versammlung hast, aber es geht um eure Köpfe. Ja. Sofort.«
    Ohne Abschiedswort hängte sie ein. Es wurden noch einige Worte gewechselt, die ich nicht verstehen konnte, dann fiel die Haustür ins Schloß. Baltasar kam langsam ins Arbeitszimmer und grinste mich an.
    »Na«, sagte er, »was macht das Adrenalin?«
    Ich knurrte nur,

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