Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Er könnte weiter Affären haben und sie hintergehen, aber er würde mit dem Gedanken leben müssen, dass sie für ihn die Schuld auf sich genommen hatte. Das war der Preis für seine Freiheit. Sie selbst würde endlich zur Ruhe kommen. Sie fühlte sich ausgepowert und leer. Die vergangenen Monate hatten sie ausgezehrt. Die Rückkehr der Vergangenheit hatte ein Übriges zu ihrem desolaten Zustand beigetragen. Von all dem würde sie in den kommenden Jahren verschont bleiben und auch von Michael. Sie hatte sich in ihm getäuscht. Er war nicht mehr der lenkbare Mensch, der er einmal gewesen war. Zwar war er immer noch von Marie besessen, aber auch er würde jetzt ein paar Jahre weggesperrt. Mindestens wegen versuchten Mordes. Sie hoffte inständig, dass Klaus den Weg, den sie ihm geebnet hatte, gehen konnte. Aber die Unsicherheit kehrte zurück, als es an der Tür klopfte. Sie reagierte nicht, blieb einfach regungslos liegen.
„Prima, jetzt haben wir zwei Geständnisse. Wem sollen wir glauben?“ Felicitas Maurer klopfte mit dem Füller auf die Tischkante.
„Klaus von Lichtenhagen ist der Mörder. Das steht eindeutig fest. Seine Schilderungen der Tathergänge passen zu unseren Ermittlungsergebnissen, insbesondere, was die Tötungen und die Spuren an den Tatorten angeht. Auch seine Angaben zum Messer decken sich mit dem Erscheinungsbild der Stichverletzungen. Ich habe das eben noch einmal mit Dr. Spichal, der KTU und der Spurensicherung abgeglichen. Ich gehe auch davon aus, dass wir Blutspuren in Klaus von Lichtenhagens Auto finden werden. Seine Frau hingegen konnte nur wenig zum Tathergang sagen und das, was sie gesagt hat, war weder stimmig noch passte es zu unseren Ergebnissen. Ich denke, sie will ihren Mann decken. Aus welchen Gründen auch immer. Aber wer versteht schon Frauen?“
Maurer verzog das Gesicht, als habe Bohlan sie persönlich beleidigt.
„Im Übrigen“, fuhr er fort, „Steininger und Steinbrecher haben Michael Pergande nochmals vernommen.“
Maurer blickte erstaunt, Bohlan kicherte innerlich. Diesmal war er schneller als die Buschtrommeln. „Er hat von Lichtenhagens Darstellungen im Hinblick auf die damalige Tat im Wesentlichen bestätigt. Tatsächlich hat er Maries Kopf in der Scheune gefunden und mit nach Hause genommen. Er war in das Mädchen verliebt, aber chancenlos.“
„Die Welt ist voller Kranker“, seufzte Maurer.
„Als Lea Schuster gefunden wurde, fing er an, sich Gedanken zu machen. Auch ihm war die Ähnlichkeit zwischen Marie und Lea aufgefallen. Als man Leas Leiche ohne Kopf fand, zählte Pergande eins und eins zusammen und kam zu dem Schluss, dass es einen Zusammenhang zwischen den beiden Morden geben musste. Pergande war immer ein guter Beobachter. Er wusste meist mehr als andere, behielt es aber für sich. Er hat auch das Bioarchiv entdeckt. Als er sich seiner Sache sicher war, wollte er Klaus von Lichtenhagen der Strafe zuführen, die er in seinen Augen verdient hat. Er war es, der uns die anonymen Hinweise gab. Und seine Frau sollte das gleiche Schicksal erleiden wie die toten Mädchen.“
Bohlan erhob sich.
„Was haben Sie vor?“
„Für mich sind die Ermittlungen beendet. Ich brauche ein paar Tage Ruhe.“
„Und Annette von Lichtenhagen? Wir sollten sie schon noch mit den Aussagen ihres Mannes konfrontieren.“
„Was soll das bringen? An meinem Ergebnis würde das nichts ändern. Wenn Sie mit ihr plauschen wollen, nur zu.“
„Es ist Ihre Aufgabe, Herr Bohlan.“
„Ach, plötzlich ist es meine Aufgabe. Als Sie Tobias Hoffmann verhört haben, hat es Sie auch nicht gestört, sich in die Ermittlungshoheit der Polizei einzumischen.“
Maurer blickte pikiert. Bohlan nutzte die Gunst der Stunde und fuhr fort: „Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie klären das mit Annette von Lichtenhagen, dafür halte ich einstweilen meinen Mund, was Ihre Affäre mit Steininger betrifft.“
„Woher wissen Sie ...“, stammelte Maurer.
„Ich bin ein guter Ermittler. Mir bleibt nichts verborgen.“
„Ach ja?“ Mit einem Mal lächelte Maurer wieder und es lag etwas Triumphierendes in ihrem Gesichtsausdruck. Bohlan wurde nervös. Was für ein Ass zauberte sie jetzt noch aus dem Ärmel? „Einverstanden“, sagte Maurer plötzlich, stand auf und streckte Bohlan ihre Hand entgegen. „Aber ich lass mich auf diesen Deal nur ein, wenn Sie nach Mainz fahren und einige Dinge klären.“
„Äh, ja. Danke für den Ratschlag. Das hatte ich
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