Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
kleinen Stöpsel ins Ohr und hörte Musik. Das Handy war auch Schmuggelware, sie hatte es vom letzten Freigang mitgebracht. Nur war Eberhard Bärs Rucksack zu klein, um es dort drin verschwinden zu lassen.
Das Wetter hatte sich beruhigt, die Gemüter allerdings nicht. Leonie hatte zugeschaut, wie etwas, das aussah wie eine Bahre, in Richtung des Münsters gefahren wurde. Sie bekam das verzerrte Gesicht nicht aus dem Sinn und drehte den Kopf weg. Wenig später lag er in ihren Arm gebettet auf dem Fensterbrett. Sie war eingenickt.
Das Knacken erschreckte sie, als sie einige Zeit später aufwachte; ein Wirbel hatte sich schmerzhaft in Stellung gebracht.
Sie sollte endlich zu Bett gehen. Leonie stand auf und stellte den Stuhl wieder vor den Schreibtisch. Ihre Hand lag auf dem Vorhang, als sie eine Gestalt sah, die zum Münster hinüberging. Sie wartete und sah die Person zurückkommen. Sie wusste, wer die Schwester war, aber warum ging sie so spät, um allein mit der Toten zu sein?
2
Bilhildis von Altmünster
Sie heiratete im 8. Jh. den heidnischen Thüringerkönig Hethan I. und bekehrte ihren Ehemann zum Christentum. Nach seinem Tod gründete sie das Kloster Altmünster, dem sie bis zu ihrem Tod um das Jahr 734 als Äbtissin vorstand.
27. November
Was der Sommer nicht vermag, geschah an einem Wintertag. Der Blitz teilte die Klostereiche von Frauenwörth , verkündete der Moderator der Morgensendung, als Althea gerade ihren Schleier befestigte.
Geheimnisse, sag ich euch, meine frühen Hörer. Horror pur, und kein Film könnte besseren Grusel erzeugen. Im Baum verbarg sich nämlich eine Leiche. So, und jetzt wünsche ich allen einen schönen Tag …
Den wünschte sich Althea auch.
»Woher haben die das schon?«, fragte sie und nannte es ihre kleine Zwiesprache, obwohl ihr Gegenüber noch nie laut geworden war. »Wahrscheinlich hat Valentin geplaudert. Gut, dass er nicht weiß, wo sich die Büßerzelle befindet, sonst wäre das Geheimnis keines mehr.«
So oder so, es war im Radio, und das Wer nicht mehr wichtig. »Wir müssen etwas anderes herausfinden«, sagte Althea.
Zeta hatte sie auf den Gedanken gebracht. Tagebücher! Womöglich war sie nicht die einzige Äbtissin, die eines führte. Althea fragte sich, wo die Tagebücher, wenn es sie gab, wohl aufbewahrt wurden. Im Archiv der Abtei? Oder hinter Schloss und Riegel, an einem unzugänglichen Ort? Sie könnte Jadwiga ganz offen danach fragen. Und wenn die Priorin auswich, würde das Altheas Theorie bestätigen.
Wichtig waren die Einträge, die das Kloster betrafen. Ziemlich sicher stünde dort auch Persönliches drin, das konnte Althea überspringen, wenn nötig. Aber weshalb sollte es nötig sein? Interessant, vielleicht auch relevant? Althea hatte sich gerade davon überzeugt, dass sie alles lesen musste.
Hoffentlich hatten die Bücher nicht als Grabbeigaben gedient.
Beim gemeinsamen Frühstück berichtete Jadwiga von ihrem Gespräch mit der Diözese und verkündete, dass in Kürze ein Forschungsteam eintreffen werde. »Ich habe den Bischof informiert. Er ist aus allen Wolken gefallen.«
Althea schmunzelte. Die Priorin verbesserte sich. »Eine Situation wie diese kommt seinen Bemühungen, nach Rom in den Vatikan berufen zu werden, nicht gerade sonderlich entgegen. Ich rechne damit, dass seine Eminenz uns jemanden an die Seite stellen wird. Eine kirchliche Abordnung.«
»Ein Mann in einem Benediktinerinnenkloster?«, fragte eine der Schwestern.
»Um Himmels willen!«, flüsterte Althea entsetzt.
»Schwester Althea, ich bitte um etwas mehr Ernst. Eine Frau, vielleicht eine unserer Schwestern, ist gestorben.«
»Die Frau ist nicht einfach so gestorben«, sagte Althea.
»Und darum wird sich das Kloster mit seiner früheren Geschichte beschäftigen müssen. Mit unserer Vergangenheit. Seine Eminenz verlangt lückenlose Aufklärung.« Jadwiga räusperte sich.
Das hörte sich an, als wollte sich ein Politiker aus der Affäre ziehen. Auch ein Erzbischof beherrschte das Jonglieren.
»Ich möchte mich anbieten, die alten Unterlagen durchzuschauen. Wenn es etwas zu finden gibt, dann dort.« Vielleicht befanden sich dort auch die Tagebücher. Dann war das Lesen eine offizielle und legitime Sache. Althea drückte sich unter dem Tisch die Daumen.
Jetzt hatte Jadwiga sie im Visier. »Du hast dich auch angeboten, dich um den Adventskalender zu kümmern, die Wand im Gang ist aber immer noch leer.«
»Das wird sie auch bleiben, weil ich Adventssocken
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