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Mord in der Vogelkoje

Mord in der Vogelkoje

Titel: Mord in der Vogelkoje Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Dorfgemarkung drei ältere Häuschen standen. Gleich dahinter war ein großes Gelände abgezäunt. »Nachdem sie so nachdrücklich schon im vergangenen Jahr nach Investoren gesucht haben, kann ich mir vorstellen, dass einige angebissen haben. Warum wunderst du dich darüber?«
    »Ja, aber in einem so riesigen Bereich? In der Umzäunung ist ja Platz für ein ganzes Dorf !«
    »Nur ein kleines Dorf.« Asmus startete sein Motorrad wieder. Auf verwinkelten Pfaden, an ärmlichen Hütten und Grundstücken mit Weißdorn, Heckenrosen und weidenden Schafen vorbei, gelangten sie schließlich zu dem welligen Gelände, in dem hinter einem Zaun mehrere Männer arbeiteten.
    Einer riss die Erdkrume mit Pferd und Pflug auf, zwei andere ebneten den Boden mit Schaufeln ein. Zum Meer hin gab es keinen Zaun, dort sollte der Zugang zum Wasser wohl nicht behindert werden.
    »Hier haben drei oder vier Häuser mit stattlichem Garten Platz«, meinte Asmus.
    »Ja, gut. Aber so etwas Großes mit fremden Investoren wäre doch einen Artikel in der Zeitung wert gewesen.« Ose sah sich mit gerunzelter Stirn um. »Wieder ein Stück Heide fort. Da sehe ich schon kommen, wie auch die Seidenbiene und die Heideeule sich davonmachen. Schrecklich!«
    »Vielleicht soll es ein größeres Anwesen mit Kurbetrieb werden. Es gibt Gäste, denen Westerland zu wirbelig ist. Oder gar mit zu gewöhnlichem Publikum. In letzter Zeit habe ich auf der Straße einige solcher Bemerkungen aufgeschnappt, es gibt sogar Beschwerden über nächtlichen Pöbel, die bei uns auf der Wache zu Papier gebracht werden.«
    »Ja, die Klagen kenne ich auch. Geschimpft wird immer. Manche sagen allerdings, dass die Inflation auch ihr Gutes hätte. Jetzt könnten sich wenigstens nur noch die Reichen und Vornehmen Sylt leisten.«
    »Das stimmt nicht ganz. Es gibt nur eine winzige Schicht, die sich an der Inflation bereichern kann, und das sind nicht die Vornehmen von früher. Jetzt haben wir es mit Neureichen zu tun.«
    »Ja, ich weiß«, stimmte Ose verdrossen zu. »Vater merkt es sogar in der Klinik. Solche Patienten sind häufig sehr anspruchsvoll.«
    Asmus schwieg. Es war ein nicht gerade erheiterndes Thema.
    »Am liebsten würde ich einen der Arbeiter fragen, was hier gebaut wird. Was dagegen, wenn ich eben mal hinlaufe, Nis?«
    Asmus deutete mit dem Daumen nach Westen, wo über dem Horizont plötzlich eine dicke graue Wolkenwalze aufgezogen war. »Verschieb es. Dahinten kommt ein Gewitter. Ich möchte nicht in einem sumpfigen Wald neben einem Toten auf den Leichenwagen warten müssen.«

    Nichts hatte sich bei ihrer Rückkehr in die Entenkoje verändert, außer dass die Luft feuchter und stickiger geworden war und sich nicht nur ein Strom von Ameisen an der Leiche zu schaffen machte, sondern auch ein größerer Schwarm Fliegen.
    »Zieh deinen Schal vor den Mund«, empfahl Asmus. Glücklicherweise waren sie wegen der Motorradfahrt beide damit versehen. »Was macht ein Mann aus dieser Gesellschaftsschicht«, fuhr er übergangslos fort, »in der Vogelkoje?«
    Ose nickte. »Der gehört hier bestimmt nicht hin. Vielleicht ist er ein neugieriger Gast, der sich in der stillgelegten Anlage nur mal umsehen wollte …«
    »Und dabei versehentlich von einer Kugel getroffen wurde«, ergänzte Asmus sarkastisch. »Soviel ich weiß, schießt man auf Enten mit Schrot, sofern man sie für den eigenen Kochtopf jagt.«
    »Vielleicht besaß der Jäger nur Kugeln und hatte kein Geld für Schrot.«
    »Könnte schon sein, wenn er sonst vor allem Seehunde jagt. Über Winter habe ich mit etlichen Seehundsjägern gesprochen. Die benutzen nur Kugeln – um das Fell nicht zu beschädigen. Im Augenblick wäre das die schlüssigste Erklärung«, gab Asmus zu.
    »Der Stoff seines Anzugs ist bestimmt teuer gewesen, er ist sehr fein«, bestätigte Ose, die den Leichnam aus gebührender Entfernung aus allen Richtungen in Augenschein nahm. »Die Schnürsenkel sind ohne Knoten und die Schuhe nicht einmal an den Hacken abgelaufen. Als wäre der Mann mal eben aus einer langweiligen Veranstaltung entwischt, um sich hier umzutun. Aus einer Tagung von Fachleuten vielleicht. Vater bekommt gelegentlich Einladungen zu so etwas.«
    »Das ist eine Idee, der ich nachgehen werde. Eine Konferenz ist ja vielen bekannt. In den Hotels, den Kutschern, im Kurhaus …«
    Danach sprach Asmus erst einmal nicht mehr, da er sich hinhockte, um die Jackentaschen des Toten zu durchsuchen. Ameisen krabbelten über seine Finger, und die

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