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Mords-Bescherung

Mords-Bescherung

Titel: Mords-Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Weidinger
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mehr gut
gelaunt allen seinen Bäumen abermals ein Stückchen Stamm samt der dazugehörigen
unteren Äste abschneiden musste, um sie wieder, einen Kopf kürzer, in seine
geschenkten Holzkreuze pferchen zu können, machte der Kurpartl das Geschäft
seines Lebens, gut gelaunt, mit einem Spezialservice: Jedem Kunden wurde zum
Baumaussuchen ein Stamperl Selbstgebrannter kredenzt, mit dem in Richtung
Riedingerbäume zugeprosteten Trinkspruch: »Immer kühlen Kopf bewahren!«
    In der darauffolgenden Nacht rauchte sich der mittlerweile
wieder gut gelaunte Sepp Riedinger eine Pfeife an, sagte sich: »Jetzt werden
Köpfe rollen!« und begab sich mit einer Astschere auf den Weg, um den
Kurpartltannen alle Wipferln abzuzwicken. Da kann der dann nämlich einpacken,
der Saukerl, dachte er.
    Und weil der Friedrich Kurpartl vieles war, nur nicht blöd, dachte
der sich natürlich auch etwas. Nämlich, dass sein ausgefressener Konkurrent auf
die Idee kommen könnte, diese Nacht spätestens um dreiundzwanzig Uhr, wenn der
Gmeininger Kirchenwirt seine Sperrstunde hat, am Marktplatz vor der Kirche
anzutanzen, um Rache zu üben. Zu Recht, kann man da nur sagen.
    So standen folglich kurz vor Mitternacht der Riedinger zwischen seinen
etwas kürzeren Tannen, mit einer Astschere in der Hand, ihm gegenüber der
Kurpartl zwischen seinen immer noch gleich großen Tannen, mit einem
Fuchsschwanz im Anschlag, und im Hintergrund der Holzinger Jesus still und
heimlich in seiner dunklen Tischlerei, mit einem Feldstecher vor den Augen.
    »Saukerl!«, hat er gebrüllt, der Riedinger.
    »Saukerl!«, hat er erwidert, der Kurpartl.
    Saugut!, hat er gedacht, der Holzinger.
    Und nachdem die beiden »Saukerl« am Marktplatz vor der Gmeininger
Kirche gänzlich verhallt waren, entlud sich der ganze Zorn der beiden
Kontrahenten in verharrender Stille.
    Jetzt ist das nicht so einfach, wenn zwei Dickschädel
aufeinandertreffen, gewillt, sich die Schädel einzuschlagen, und doch zu feige
zu beginnen. Da macht keiner so schnell eine Kehrtwendung, da hält jeder
zumindest die Stellung und wartet, bis der andere irgendetwas tut.
    Nur, wenn zwei dieselbe Strategie wählen, was soll da herauskommen?
    Gehustet haben sie, gefroren haben sie, einen kühlen Kopf haben dann
beide gehabt, seinen Schnaps hat er leer gesoffen, der Kurpartl, an seiner
verglühten Pfeife hat er gekaut, der Riedinger, aber von der Stelle gerührt hat
sich keiner. Auch nicht der Holzinger in seiner beheizten Werkstatt.
    Am Morgen standen sie noch immer da, ermüdet, mittlerweile auch
der Riedinger mit Kreuzschmerzen. Und wie dann der helle Klang der
Kirchenglocken acht Uhr schlug, drehten sich die beiden an diesem 22. Dezember
wie ausgemacht um, stellten ihre Bäume auf, öffneten ihre Klappstühle und taten
so, als wäre nichts geschehen.
    Wie gesagt, sie taten so. Denn in Wahrheit ging es den beiden
hundsmiserabel. Nur vor der Tischlerei hing ein Schild: »Heute Ruhetag«.
    Mit dem Glockenschlag um siebzehn Uhr wurden die Bäume wieder
abgebaut, mit den Netzen überdeckt, und jeder der Christbaumhändler ging in
seine Unterkunft.
    Um dreiundzwanzig Uhr dreißig zischte es abermals über den
Marktplatz.
    »Saukerl!«, hat diesmal der Kurpartl gebrüllt.
    »Saukerl!«, hat er erwidert, der Riedinger.
    Saugut!, hat er sich gedacht, der Holzinger.
    Diese Nacht allerdings hatte jeder schon seine Jause unterm Anorak,
seine Thermoskanne Kaffee unterm Arm, seine Thermounterwäsche unterm Beinkleid
und seinen Klappstuhl aufgeklappt unterm Gesäß.
    Alles gut und schön, nur gemütlicher wurde es deshalb noch lange
nicht. Wie sollen mehr als acht Stunden Wachdienst im Freien bei Minusgraden
schon gemütlich werden, noch dazu in Not, in größter Not? Der Riedinger und der
Kurpartl waren nämlich beide nicht mehr die Jüngsten, ihre Blasen nicht mehr
die geduldigsten und ihre Kaffeekannen bald geleert. Noch dazu froren sie wie
zwei geschorene Pudel. Unter Schmerzen, aber mit regungslosem Gesicht saßen sie
sich gegenüber. Was ist schon der Harndrang im Vergleich zum Bedürfnis, sich
gegenseitig eins auszuwischen! Wegen ein bisserl Urin aufgeben? Niemals!
    Um fünf Uhr morgens brannte sich der Strahl vom Riedinger, der sehr
zur Aufregung seines Kontrahenten plötzlich aufgestanden und ein paar Schritte
vorwärtsmarschiert war, demonstrativ in Richtung Kurpartl gelblich in den
weißen, gefrorenen Schnee des Kirchenplatzes.
    »Saukerl!«, brüllte der Kurpartl erleichtert, weil der drohende
Riedingerangriff

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