Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
ehrenvolles Begräbnis ausrichten. Das möchte ich nicht.«
    »Was – Ihr wollt nicht begraben werden?«
    »Nicht nach
qujalin-
Riten
.
Nein, da würde ich lieber die Vögel und Wölfe an meine Leiche heranlassen.«
    Sie zuckte die Achseln, als kränke sie das nicht im geringsten. »Vögel und Wölfe werden sich wohl um uns beide kümmern, ehe die Sache ausgestanden ist«, sagte sie. »Ich bin froh, daß Ihr die Sache so seht. Vermutlich hätte ich sowieso keine Zeit für Förmlichkeiten. Versorgt Euch selbst und sammelt Eure und meine Sachen ein. Wir verlassen diesen Ort.«
    »Wohin ziehen wir?«
    »Wohin mein Wille uns führt.«
    Schweren Herzens verneigte er sich, in der zunehmenden Gewißheit, daß er ihr mit Vernunftgründen nicht kommen durfte. Sie wollte sterben. Es war grausam, unter diesen Umständen einen
ilin
an sich zu binden, aber so war sein Eid nun einmal gestaltet. Überlebte der Betroffene sein Jahr, war er frei von allen Verbrechen und der Bann war aufgehoben. Schließlich hatte der Himmel die Chance, ihm die gebührende Strafe für seine Sünden aufzuerlegen.
    Viele überlebten die Zeit nicht. Dann nahm man an, daß der Himmel zugeschlagen hatte. Es gab auch zahlreiche ehrenvolle Selbstmorde.
    Er verband die Hand mit den sauberen Arzneien, die er kannte, obwohl die Wunde weiter dumpfbeharrlich brannte; dann sammelte er alle Besitztümer ein, die seinen wie die ihren, und sattelte beide Pferde. Der Himmel begann aufzuklaren. Während er noch arbeitete, schimmerte die Sonne herab und glitzerte kühl auf dem goldenen Griff der Klinge, die er am Sattel des Grauen festmachte. Der Drache starrte ihn höhnisch an, das gezähnte Maul klaffend, die Klinge in den Zähnen haltend, die ausgebreiteten Beine ergaben die Parierstange, der zurückgeschlungene Schwanz schützte die Finger.
    Er hatte Angst, die Waffe zu berühren. Das war keine Korish-Arbeit, wer immer die einfache Scheide auch gestaltet hatte. Dieses Ding war fremdartig, andersartig, und als er sich voller Neugier daran machte, das fürchterliche Gebilde auch nur ein bißchen aus der Scheide zu ziehen, fand er seltsame Buchstaben auf der eigentlichen Klinge, die wie eine Glasscherbe aussah – schon die Berührung konnte zur Verwundung führen. Aus solcher Substanz war noch nie eine Klinge geschmiedet worden: dennoch schien sie eher gefährlich als zerbrechlich zu sein.
    Hastig und schuldbewußt ließ er sie wieder in die Scheide gleiten, als er Morgaines Schritte hinter sich hörte.
    »Laß das!« sagte sie barsch. Und als er sie anstarrte, in dem Bewußtsein, daß er etwas Verbotenes getan hatte, fuhr sie leiser fort: »Das ist ein Geschenk eines meiner Gefährten – nichts Bedeutsames. Er hatte Spaß daran und verstand damit umzugehen. Wenn Ihr Gegenstände der
qujal
verabscheut, solltet Ihr die Hände davon lassen.«
    Er verbeugte sich, wich ihrem Blick aus und beschäftigte sich mit seinen eigenen bescheidenen Besitztümern, die er hinter dem Sattel festknüpfte.
    Die Klinge hieß
Wechselbalg.
Er wußte, daß in den Liedern davon die Rede gewesen war, und fragte sich, wie ein Waffenschmied einer Klinge einen so unmöglichen Namen geben konnte, selbst wenn er
qujal
war. Sein eigenes Schwert war von einfacherer Machart, ehrlicher, gehärteter Stahl und namenlos, wie es zu einem einfachen Soldaten oder dem Bankert eines Lords paßte.
    Er hängte das Schwert an den Sattel, schwang sich auf das Tier und wartete auf Morgaine, die seinem Beispiel sofort folgte.
    »Willst du nicht auf mich hören?« Er war bereit, es ein letztesmal mit der Vernunft zu versuchen. »Im Norden bist du nicht sicher. Wir wollen in den Süden ziehen, nach Lun. Es gibt dort Stämme, die dich nicht kennen. Du könntest dir einen Platz unter ihnen erobern. Ich habe erzählen hören, daß es im tiefen Süden Städte gibt. Ich würde dich dorthin bringen. Dort könntest du leben. Im Norden wird man dich nur verfolgen und töten.«
    Sie antwortete ihm nicht einmal, sondern lenkte den Grauen bergab.

3
    Sobald der Schnee in der Nacht nicht mehr so dicht fiel, hatten sich Wölfe über den toten Rehbock hergemacht. Das Gebiet rings um die verstreuten Knochen wies die Spuren von Wölfen auf, und etliche Abdrücke waren erstaunlich groß. Vanye blickte zu Boden, als sie durch den niedergetrampelten Schnee ritten, und erkannte die größeren Fährten als die von Ungeheuern aus den Korish-Wäldern, mehr Hund als Wolf.
    Die blutige Szene ließ den Morgen noch bedrückender erscheinen,

Weitere Kostenlose Bücher