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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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sicherste Zeichen dafür, dass sie zu viel getrunken hatte. Wenn sie betrunken war, wurde sie sentimental und weich und harmoniesüchtig. Und tat Dinge, die sie hinterher bitter bereute.
    »Nein«, sagte Julie.
    »Was?«, schrie Christian.
    »Ich glaub, ich muss jetzt nach Hause«, brüllte Julie zurück.
    »Es ist erst drei«, sagte Christian, als sie wieder draußen auf der Straße standen. »Komm, wir trinken noch einen Absacker. Weil der Abend so schön war.«
    In Julies Ohren wummerten immer noch die Bässe, dabei waren sie hier auf der Straße gar nicht zu hören. Christians Gesicht schwappte auf den Wellen ihrer Betrunkenheit auf und ab.
    »Keinen Absacker mehr.« Sie schüttelte den Kopf, aber nur ganz kurz, weil dadurch der Boden unter ihren Füßen ins Wanken geriet. »Da hinten ist ein Taxistand.« Ihre Stimme stolperte über die Silben.
    Christian legte seinen Arm um ihre Schultern. Das fühlte sich gut an, weil ihr nämlich erbärmlich kalt war. Sie trug nur ein dünnes Sommerkleid und die Nacht war kühl. Es war jedoch nicht richtig, sie durfte sich nicht auf Christian einlassen, sie musste standhaft bleiben. Aber wie sollte man standhaft bleiben, wenn sich alles drehte?
    »Geht doch gar nicht«, murmelte Julie.
    »Was hast du gesagt?« Christians Gesicht war ganz nah an ihrem. Er roch so gut. Sie musste ihn unbedingt fragen, welches Parfüm er benutzte. Aber nicht jetzt. Jetzt musste sie nach Hause. »Alles klar mit dir, Julie?«
    Sie schüttelte den Kopf, aber diesmal nur ganz vorsichtig. »Ich bin vollkommen fertig.«
    »Wir fahren zurück«, sagte er. Dann legte er ihr seine Jacke um die nackten Schultern. Und ließ sie los. Verdammt, warum ließ er sie denn jetzt los? Warum küsste er sie nicht? Warum versuchte er nicht wenigstens, sie zu küssen? Fand er sie etwa doch nicht gut?
    Christian wedelte mit den Armen, dann hielt ein Taxi neben ihnen. Er schob sie auf den Rücksitz und setzte sich neben sie.
    Sie starrte auf die Laternen, die am Fenster vorbeiglitten wie Goldfische in einem dunklen Fluss, und wartete darauf, dass Christian sie an sich zog oder eine Hand auf ihr Knie legte, aber er saß einfach nur da und blickte ebenfalls in die Dunkelheit. Da schlief Julie ein und wachte erst vor ihrem Haus wieder auf. Ihr Kopf dröhnte.
    »Ich wünschte, der Coffeeshop hätte noch offen«, sagte sie. »Ich könnte echt noch einen Espresso vertragen. Aber ich hab ja nur den Scheiß-Nescafé im Haus.«
    »Ich hab mir heute eine Espressomaschine gekauft«, sagte Christian. »Wenn du willst, mach ich dir noch einen.«
    Es war das erste Mal, dass sie seine Wohnung betrat, und sie war schockiert. Ein mittelgroßes Zimmer, ein kleines, dunkles Bad und eine winzige Küche. »Das ist mein Reich«, sagte er ein wenig verlegen. »Bei dir ist es schöner.«
    Seine neue Espressomaschine war allerdings ein Hit. Ein chromblitzendes riesiges Monstrum. »Wow!«, meinte Julie. »Die sieht aber professionell aus.« Professionell. Nach einer Flasche Wein und vier Caipirinhas brauchte sie drei Anläufe, bis sie das Wort einigermaßen verständlich herausbrachte.
    »Ist sie auch«, sagte Christian. »Allerdings gebraucht. Sonst hätte ich sie mir nicht leisten können.«
    Ihm war der Alkohol gar nicht anzumerken. Dabei hatte er ebenso viel getrunken wie Julie.
    »Erstaunlich«, sagte Julie.
    »Was?«
    »Dass du kein bisschen blau bist.«
    »Bin ich doch. Aber das merkst du nicht, weil du noch blauer bist.«
    Julie hickste. »Ich wette darauf, dass du das gleich ausnützen wirst.«
    »Was?«
    »Dass ich so blau bin. Blauer als du.«
    Er stellte zwei Espressotassen unter den Filterhalter und drückte den Startknopf. Das Mahlwerk ratterte wie ein Presslufthammer. Die Maschine klickte, klackte, brummte, summte. Dann strömte schwarzer Kaffee aus den Düsen.
    »Nein«, sagte er, als er ihr ihre Tasse reichte.
    »Was – nein?«
    »Ich würde das niemals ausnützen.«
    »Warum nicht?«, fragte Julie.
    »Weil du mich morgen dafür hassen würdest.«
    »Das stimmt.«
    »Und ich will nicht, dass du mich hasst.«
    »Du willst, dass ich dich liebe«, stellte Julie fest.
    »Genau.«
    »Aber das passiert nicht«, erklärte Julie. »Du bist nämlich nicht mein Typ.«
    »Abwarten«, sagte Christian und nahm gedankenverloren einen Schluck Espresso.
    »Ah«, sagte Julie, als ihre Tasse leer war. »Das tut gut. Ich will noch einen. Und dann geh ich schlafen.«
    Als er die zweite Tasse zubereitete, fiel ihr aus irgendeinem Grund die Boutique

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