Morgenrötes Krieger
ich ihr Schiff gestohlen, während sie draußen waren und mit ihren Brocken um sich warfen.“
„Ich dachte, deine Handgelenke seien noch nicht voll einsatzfähig. Außerdem meinte ich zu wissen, daß du keine Waffe benutzt, die die Hand verläßt.“
„Nun, fürs erste habe ich ja noch meine Ellbogen, Knie, Füße und Fersen. Und die Unterarme sind fast genauso gut. Und was das andere anbetrifft, nun ja, sollte Hath’ingar auf dich oder mich zu schießen versuchen, so kenne ich ab jetzt keine Hemmungen mehr – die hat er mir gänzlich ausgetrieben. Für mich sind sie allesamt Freiwild. Wenn nötig, kann ich auch zu den schlimmsten Mitteln greifen.“ Sie lachte befriedigt. Han spürte, wie es ihm eiskalt den Rücken hinunterlief.
Ihre Geschwindigkeit nahm zu. Han verringerte mit zunehmendem Abstand die Flughöhe, während Liszendir auf dem hinteren Bildschirm das Schlachtschiff beobachtete. Han fragte sie: „Kannst du auf dieser Fähre irgend etwas entdecken, das nach einer Energiequelle aussieht?“
„Nein, auch nichts, was irgendwie daran erinnert. Glaubst du, sie haben eine derart phantastische Antriebsenergie – wo sie nicht einmal ihr eigenes Schiff stabilisieren können?“
„Ich bezweifle das. Eher glaube ich, daß die Fähre von einem Energielaser des Mutterschiffes versorgt wird. Wahrscheinlich eine Mikrowelle von hoher Energie, die das Boot über Reflektoren auf Kurs hält. Wenn das stimmen sollte, so werden wir wenige Minuten nach Start des Mutterschiffes unsere Antriebskraft verlieren.“
„Oh! Da könntest du recht haben. Der Koloß erhebt sich gerade und steuert Richtung Heimat. Und einer der Felsbrocken … Han, er wirbelt hoch und ist schon außer Sicht!“
„Schon gut, wir können nicht schneller; wir fliegen jetzt schon mit voller Kraft. Wenn das Mutterschiff Fahrt aufnimmt, werden wir wohl nicht mehr weit kommen.“
„Sie sind dabei, einen von ihren Brocken zu schleudern. Ja, die Angreifer fliehen nach allen Seiten. Sie wissen Bescheid.“
Ihre Geschwindigkeit nahm langsam, aber stetig ab, als sich das Hauptschiff entfernte. Han sagte über die Schulter: „Wir verlieren an Fahrt, und die Steuerung reagiert immer schlapper. Die Atmosphäre verringert zusätzlich die Energieleistung des Leitstrahls.“
So schnell er konnte, brachte er die Fähre auf niedrige Flughöhe. Er wußte nicht, was passieren konnte, wenn die Energie ganz ausfallen würde. Sie schienen nur noch über die Ebene zu kriechen, die unter ihnen lag.
Er schaute nach hinten, dort, wo Liszendir den rückwärtigen Bildschirm beobachtete. Das klotzige Schiff war noch immer zu sehen, allerdings war es schon weit weg; es hatte an Höhe gewonnen und entfernte sich mit zunehmender Geschwindigkeit – dennoch: Solange es in Sichtweite war, hatten sie eine Chance. Vor ihnen, in Flugrichtung, erhob sich eine grasgrüne Bodenschwelle – nicht überall war die Ebene vollständig flach. Vielleicht konnten sie es schaffen.
„Ich werde versuchen, dort hinter den Hügeln zu landen. Dann sind wir einigermaßen geschützt vor ihrem Meteoriten. Halt dich fest, wir machen vielleicht eine Bruchlandung, wenn der Leitstrahl gleich unterbrochen wird.“
Auf dem Rückbildschirm schob sich die Bodenschwelle zwischen Schlachtschiff und Fähre. Im selben Augenblick erstarb jeglicher Ausschlag der Kontrollanzeigen, und die Fähre stürzte antriebslos der Erdoberfläche entgegen; dann bremste sie plötzlich hart und abrupt. Unvermittelt spürten sie die Kraft des Schwerefeldes, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde – dann fielen sie erneut und schlugen auf. Sie wurden gewaltig durchgeschüttelt, waren halb ohnmächtig, aber anscheinend unverletzt.
Liszendir schaute mit glasigen Augen hoch. „Was nun? Sollen wir laufen?“
„Das würde uns schlecht bekommen. Erst mal hier raus. Die Fähre könnte umkippen. Leg dich auf den Boden und zieh die Knie an.“
Sie halfen sich gegenseitig und kletterten aus der Fähre. Außer ein paar Dellen, die auch schon älteren Datums sein konnten, war dem Fahrzeug offensichtlich nichts passiert. Sie liefen eine kurze Strecke, warfen sich zu Boden, rollten sich wie Igel ein und warteten. Dann plötzlich ein greller Blitz am Zenit, gefolgt von einem intensiven Leuchten nahe jenem Punkt, wo das Schlachtschiff gewesen war; sie vernahmen ein Pfeifen in der durchpflügten Luft und ein gewaltiges, unbeschreibliches Krachen. Die Erde erbebte und zerbarst in tausend Risse. Staub wirbelte auf und hing in
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