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Morgenstadt - wie wir morgen leben

Morgenstadt - wie wir morgen leben

Titel: Morgenstadt - wie wir morgen leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joerg Bullinger
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allem den Fußgängern, und viele ihrer Bewohner sammeln den Abfall der umgebenden Stadt und recyceln ihn sinnvoll. Und in ihnen gibt es nachbarschaftlichen Zusammenhalt und soziales Leben – Dinge, die in den autodominierten Großstädten häufig gar nicht mehr möglich sind. Fred Pearce glaubt deshalb, dass ein Weg zur Lösung der Versorgungsprobleme in Riesenstädten darin liegen könnte, Mechanismen aus den Slums zu studieren und in die moderne Stadtplanung zu übernehmen.
    Auch Gerhard O. Braun, Leiter des Arbeitsbereichs Stadtforschung an der Freien Universität Berlin, stimmt dem durchaus zu: „Gewachsene Strukturen sind auf jeden Fall besser als das extrem schnelle Wachstum vieler Megacities, vor allem in China. Wenn Millionen von Menschen jährlich in die Städte ziehen, prallen sehr unterschiedliche Lebensstile unvermittelt aufeinander. Eine integrative Stadtentwicklung kann da kaum mehr stattfinden.“
DIE TEILHABE DER BÜRGER
    So wichtig die Rolle der Technik ist, die Morgenstadt muss in erster Linie eine Stadt für die Menschen sein, und das müssen ihre Bewohner auch als Chance begreifen. Die heute noch weit verbreitete Skepsis gegenüber öffentlichen Bauvorhaben oder Infrastrukturmaßnahmen lässt sich in Zukunft dadurch bekämpfen, dass der mündige Bürger teilnimmt an den Entscheidungen und den unmittelbaren Nutzen für sich und die Gemeinschaft erkennt. So lassen sich beispielsweise Windparks weit einfacher durchsetzen, wenn die Anlieger sich dort auch finanziell engagieren können und gute Gewinne erwarten. Planungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg werden künftig ebenso umkämpft sein wie der Bahnhof Stuttgart 21. „Man muss den Bürgern die Möglichkeit geben, Dinge in die eigene Hand zu nehmen, wobei die Verwaltung diesen Prozess natürlich steuern muss“ 157 , weiß auch Dr. Dieter Salomon, grüner Oberbürgermeister der Stadt Freiburg.
    Vor allem die Unwirtlichkeit der Städte, die durch eine reine Orientierung auf die Technik droht, lässt sich verhindern, indem man die Betroffenen mit einbezieht. „Stadtutopien, die von oben verordnet werden, sind bisher meist fehlgeschlagen“, sagt Stadtplaner Wolfram Putz. „Besser ist es, Modelle zu verwirklichen, die durch die Partizipation der Bürger noch verändert werden können. Aus dem freien Spiel der Kräfte ergeben sich oft komplexe Ergebnisse.“ Und es muss nicht jedem alles gefallen, glaubt er: „Eine Demokratie muss das aushalten. Eine Stadt ist so groß, sie kann auch die Vielfalt der ästhetischen Vorstellungen abbilden.“
    Um das Ideal einer Bürgerbeteiligung in die Tat umzusetzen, haben Thorsten Reitz und sein Team vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt Softwaresysteme entwickelt, die alle Planungsdaten sichtbar zusammenführen. Jeder kann sich die Bilder dann entweder auf einem großen Bildschirm im Rathaus anschauen oder auf seinen PC nach Hause holen und interaktiv damit umgehen. Die italienische Stadt Bologna plant beispielsweise, in den kommenden Jahren ihr Verkehrswegekonzept zu erneuern. „Bisher ist man dort ziemlich ausschließlich aufs Auto orientiert, Rad fahren ist sehr gefährlich“, sagt Reitz, dessen Software bei der Projektplanung eingesetzt wird. „Nun will die Verwaltung jedoch grüne Schneisen quer durch die Stadt anlegen und fordert ihre Bürger auf, Vorschläge zu machen, wo.“ Jeder kann in ein virtuelles 3D-Modell oder auf 2D-Karten eintragen, wo er künftig gern mit dem Fahrrad entlangfahren würde. Wenn genügend Leute teilnehmen, ist dies fast eine Volksabstimmung mit graphischen Mitteln.
    Natürlich hilft das Werkzeug auch den Verwaltungen und den professionellen Architekten, denn hier können sie beispielsweise bei der heute so erwünschten Nachverdichtung der europäischen Städte sofort erkennen, welche Auswirkungen Eingriffe in die bestehende Substanz haben. Der CityServer des IGD zeigt auf einen Blick, wo welche Anschlüsse liegen, wo im Untergrund welche Versorgungsleitungen verlaufen oder auch wie die geologischen Verhältnisse sind. „Das gibt jedem Stadtplaner eine gute Grundlage für seine Entscheidungen“, weiß Informatiker Thorsten Reitz.
    Ein anderes 3D-Planungswerkzeug mit dem Namen „Virtual Cityscapes“ haben Forscher an den Fraunhofer-Instituten für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und für Bauphysik IBP entwickelt. Der Stadtplaner geht virtuell durch eine dreidimensionale Ansicht der Stadt. Werte, die für ihn wichtig

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