Morgenstadt - wie wir morgen leben
„Jede Stadt braucht eine Lösung, die genau ihren Bedürfnissen angepasst ist“, betont Stryi-Hipp. „Letztlich geht es darum, einen möglichst hohen Anteil des Energiebedarfs aus regionalen regenerativen Energien zu decken. Sich selbst mit Energie versorgen muss jedoch nicht heißen: zu jedem Zeitpunkt des Jahres und nur von eigenen Flächen.“ So lassen sich viele Abstufungen realisieren: Von der energieautarken Gemeinde, die sich vollkommen selbst versorgen kann, bis hin zur Metropole, die einen Teil der erneuerbaren Energie aus dem Umland bezieht und in Zeiten knapper Ressourcen Strom beispielsweise auch aus entfernt liegenden Windparks importiert. Welches die beste Lösung ist, hängt vor allem auch von der Größe der Stadt ab: „Je kleiner sie ist, desto leichter kann sie sich selbst versorgen“, sagt Energieexperte Stryi-Hipp. „Großstädte und Cities mit sehr hoher Bevölkerungsdichte müssen die Region und entfernter liegende Quellen mit einbeziehen.“
So versorgt sich beispielsweise die Gemeinde Freiamt im Landkreis Emmendingen im Südschwarzwald schon seit 2007 zu 100 Prozent mit regenerativer Energie. Rund 4200 Einwohner leben in fünf größeren Ortsteilen, kleineren Siedlungen und den zahlreichen verstreuten Bauernhöfen. Sonne, Wind, Wasserkraft und Biogas erzeugen dortjährlich rund 14 Millionen Kilowattstunden Strom. Diese Energiemenge liegt um knapp 2 Millionen Kilowattstunden über dem Gesamtstromverbrauch der Bewohner. 33
Eine völlig andere Variante praktiziert hingegen die Millionenstadt München: Dort haben die Stadtwerke Anteile an einem Offshore-Windkraftpark in der Nordsee und an solarthermischen Kraftwerken in Spanien gekauft. Das Ziel ist, bis zum Jahr 2025 den gesamten Strombedarf der Stadt mit Ökostrom aus regenerativen Quellen zu decken. Gleichzeitig wird die Solarstromerzeugung auf den Münchner Dächern systematisch ausgebaut. So lässt sich in der Jahresbilanz eine vollständig regenerative Stromerzeugung erreichen.
Auch die Speichergrößen, -arten und -standorte müssen in den Smart Cities entsprechend angepasst sein, nicht nur an die Überbrückungsdauer, sondern auch daran, ob sie ein Auto, ein Gebäude, ein Quartier oder eine ganze Stadt versorgen müssen. Und alle Szenarien sollten offen sein für neue Rahmenbedingungen: Man muss auf unerwartete Ereignisse wie etwa Naturkatastrophen ebenso reagieren können wie auf neue Erfindungen.
Deutsche Städte können in Bezug auf ihr Energiemanagement ein Vorbild sein. „Lösungen, die wir für Megacities in Südamerika, Asien oder Indien anbieten wollen, müssen natürlich an die dort herrschenden Klimabedingungen angepasst sein“, sagt ISE-Forscher Stryi-Hipp. „Die Energiebedarfsprofile, die verfügbaren regenerativen Energiequellen und vor allem die jahreszeitlich bedingten Schwankungen führen teilweise zu anderen Konzepten.“
KAPITEL 2
WASSER
Ankunft im Hotel in Peking. Im Badezimmer steht eine versiegelte Flasche mit Trinkwasser. Es dient zum Zähneputzen, so viel ist schnell klar. Denn das Wasser, das aus der Leitung sprudelt, ist nicht sicher, manchmal riecht es auch etwas seltsam. Wer also Sorge hat, dass sein Immunsystem nicht allen Schadstoffen gewachsen ist, putzt sich die Zähne mit aufbereitetem Wasser. Manche verlassen sich nicht einmal darauf, sondern benutzen Bier, das ist auf jeden Fall desinfiziert. Dabei ernten sie oft ein verständnisvolles Augenzwinkern anderer Hotelgäste, wenn sie abends ihre Flasche Bier mit aufs Zimmer nehmen.
Ist Peking noch zu retten? In zwei Dekaden wird man Chinas Hauptstadt vielleicht verlegen müssen, weil es dort kein sauberes Wasser mehr gibt. Diese düstere Prognose veröffentlichte der Kolumnist Tom Mackenzie in China Daily am 12. März 2007. Sie beruht auf der Einschätzung einheimischer und auswärtiger Umwelt- und Planungsexperten. Die Erkenntnisse, die sie zusammengetragen haben, sind in der Tat alarmierend: Peking ist eine der trockensten Städte der Erde. Sie lebt auf Kosten ihrer Reserven: Für jeden Regentropfen, der dort fällt, verdunstet in manchen Stadtregionen die dreifache Menge. Der Grundwasserspiegel sinkt durchschnittlich um einen Meter pro Jahr, und 90 Prozent des unterirdischen Wassers sind bereits verschmutzt. Manche Schätzungen gehen sogar so weit, dass sie den Mittleren Osten für wasserreicher halten als bestimmte Gebiete Nordchinas. Wenn Pekings soziales und wirtschaftliches Leben nicht innerhalb weniger Jahrzehnte wegen
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