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Morgenstadt - wie wir morgen leben

Morgenstadt - wie wir morgen leben

Titel: Morgenstadt - wie wir morgen leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joerg Bullinger
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Wassermangels zusammenbrechen soll, sind schnelle und nachhaltige Maßnahmen für eine bessere Wasserwirtschaft nötig.
    Professor Hartwig Steusloff ist einer der Experten, die diese Bedenken teilen. Der Exchef des früheren Fraunhofer-Instituts für Informations- und Datenverarbeitung IITB 34 in Karlsruhe hat vor rund zehn Jahren ein Projekt initiiert, das die Wassersituation in Peking so detailliert wie möglich erfassen und daraus die Trends für die Zukunft errechnen und simulieren sollte: Beijing Water.
EIN MÜHSAMES PUZZLESPIEL
    Zunächst, so erinnert er sich, war es gar nicht so einfach, die chinesischen Partner von der Wasserbehörde davon zu überzeugen, dass sie ein solches Projekt unterstützen sollten. Erst als die Sinologin Dr. Eva Sternfeld, die an der Pekinger Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) arbeitete, Steusloff zu einem Vortrag über das Wasserproblem einlud, begannen sich auch Mitarbeiter der noch ganz jungen Wasserbehörde 35 für seine Ansichten zu interessieren und luden ihn ihrerseits ein. Nach monatelanger Bedenkzeit eröffnete der Pekinger Wasserexperte Professor Anjun Pan seinen Fachkollegen Steusloff und Professor Thomas Rauschenbach, Leiter des Fraunhofer-Anwendungszentrums Systemtechnik AST in Ilmenau, dass man das geplante Computermodell sehen wolle, bevor man sich für eine Finanzierung entscheide. „Das war ein kritischer Augenblick“, erzählt Steusloff, „denn ohne die realen Daten, über die wir noch gar nicht verfügten, konnten wir das Modell ja nicht vorführen.“ Die beiden Forscher entschieden sich aber für eine pragmatische Lösung und verbrachten jene Nacht in Peking damit, ein kleines Modell mit wenigen Daten zum Laufen zu bringen, das demonstrieren konnte, wie alles funktioniert.
    Der Aufwand lohnte sich, denn die chinesischen Partner waren spontan begeistert. „Dennoch dauerte es noch fast ein weiteres Jahr, bis der Damm gebrochen war“, so Steusloff. „Wie immer in solchen Partnerschaften war es wichtig, einen persönlichen Kontakt herzustellen und etwas Konkretes vorzuzeigen.“ Im Jahr 2005 konnten die Arbeiten dann endlich beginnen. Das Computermodell sollte alle verfügbaren Daten über die oberirdischen Wasserströme und das Grundwasser kombinieren und auf dieser Basis simulieren, wo wie viel Wasser in Peking heute ist und in der Zukunft sein könnte, wo es herkommt und wohin es verschwindet.
    Ein anspruchsvolles Projekt, denn die nötigen Informationen waren nicht ohne weiteres zu erhalten, zumal es sich teilweise um sensible Daten handelte, die die chinesische Seite nicht gerne herausrückte. „Vor allem für das Grundwasser war es schwer, zuverlässige Werte zu bekommen“, erinnert sich Dr. Oliver Krol, der für diesen Teil des Projekts zuständig war. „Wir haben erfasst, wo Wasser entnommen wird, wo es abfließt, wie hoch die jeweiligen Pegel waren, wie viel Niederschlag es gab und wo Pflanzen wuchsen. Daraus haben wir dann Wasserbilanzen errechnet und versucht, diese mit den gemessenen Werten in Einklang zu bringen. Dieses Konzept dürfte weltweit einmalig sein.“ Für ein so großes Gebiet wie die Stadt Peking mit ihren 6300 Quadratkilometern gab es vorher keine Wasserbilanzen in der Form. „Wir haben die Effekte erst grob beschrieben und danach mit Hilfe zusätzlicher Informationen immer mehr verfeinert“, schildert Krol das Vorgehen. „Es macht beispielsweise einen großen Unterschied, ob eine Fläche gepflastert ist oder ob dort Reis wächst. Und auch die Böden verhalten sich unterschiedlich. Das haben wir zum Teil durch die Analyse von Bohrkernen und Satellitenfotos ermittelt. All diese Daten haben wir berücksichtigt.“ Und Rauschenbach ergänzt: „Die Messtechnik, die wir in Peking vorfanden, war recht gut. So konnte man Wasserstandsmessungen durchführen und Fließgeschwindigkeiten ermitteln. Der Austausch mit den chinesischen Kollegen wurde zunehmend besser, wir haben schließlich ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut.“ Man kam sich auch menschlich näher, und so lernte Thomas Rauschenbach in Peking sogar seine spätere Ehefrau kennen.
    Im Sommer 2008, nachdem das Modell voll ausgearbeitet und erfolgreich an die Realität angepasst war, übergaben es die deutschen Wissenschaftler an ihre chinesischen Kollegen. Diese können es nun nutzen, um optimale Strategien zur Wasserverteilung zu ermitteln: „Mit unserem System kann die Pekinger Wasserbehörde jederzeit die Wasserentnahme und -verteilung für

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