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Moser Und Der Tote Vom Tunnel

Moser Und Der Tote Vom Tunnel

Titel: Moser Und Der Tote Vom Tunnel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Baehr
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beschrieben hatte.
     
    Die Lokomotive des Schnellzuges blieb mit laut quietschenden Bremsen stehen. Der Stationsvorsteher rief »Kaltenbach, hier Kaltenbach!« über den Bahnsteig. Moser verabschiedete sich höflich von der Dame im Coupé, wünschte ihr viel Glück für ihre neue Stellung und verließ mit seiner kleinen Reisetasche den Waggon. Moser hatte bewusst keinen Koffer aufgegeben. Für einen Aufenthalt von höchstens drei Tagen hätte sich dies nicht gelohnt.
    Außer ihm stiegen nur wenige Reisende aus. Er konnte jedoch auf dem schneebedeckten Bahnsteig Sehnert nicht entdecken. Wie brieflich vereinbart, wollte Inspektor Sehnert von der Polizeidienststelle des Bezirksamtes in Pirmasens Moser auf dem Bahnhof mit seinem Wagen abholen und mit ihm gemeinsam zum Eisenbahnerlager in der Nähe des Münchweiler Tunnels fahren. Moser beschloss, auf dem Bahnsteig zu warten. Ein Dienstmann lud die Koffer der Reisenden sowie einige Postsäcke aus dem Gepäckwagen auf einen Karren, der Stationsvorsteher fertigte den Zug ab, pfeifend und fauchend setzte sich die Lokomotive in Bewegung. Nach kurzer Zeit verschwand der Zug nach einer Biegung im Wald. Moser wartete bis das Stampfen der Maschine nicht mehr zu hören war und merkte, dass er mittlerweile allein auf dem Bahnsteig stand. Sehnert war nach wie vor nicht zu sehen. Er entschied, sich beim Schalterbeamten zu erkundigen, und ging auf das recht große zweistöckige Stationsgebäude mit seinen roten Sandsteinfassaden zu. Das Bauwerk hatte etwas Düsteres, Burgartiges und erschien eigentlich zu groß für die unbedeutende Station. Auch die Empfangshalle mit dem Schalter wirkte abweisend. Offensichtlich war der Beamte nicht an seinem Platz, weshalb Moser mit dem Knauf seines Stocks an die Scheibe klopfte. Nach einer kleinen Weile schlurfte der Schalterbeamte von einem Nebenraum zurück hinter den Tresen, eine Kaffeetasse in der Hand. Moser erkundigte sich, ob vielleicht Polizeiinspektor Heinrich Sehnert aus Pirmasens eine Nachricht für ihn hinterlassen hätte, wo er ihn treffen könne. »So, so, der Sehnert. Ja, warten Sie mal … Sind Sie der Kriminalrat aus München?«
    »Ich bin Ludwig Moser, königlicher Kriminalrat bei der obersten Polizeibehörde in München.«
    »So, so, dann habe ich ein Telegramm für Sie; wenn Sie hier unterschreiben wollen, Gnädiger Herr.« Moser quittierte und las das Telegramm. Aus dem Text ging hervor, dass Sehnert direkt zum Tatort gefahren war, weil sich eine neue Situation ergeben hatte. Moser solle direkt zum Lager der Eisenbahnarbeiter in der Nähe des östlichen Portals des Münchweiler Tunnels kommen. Dort würde man auf ihn warten.
     
    Moser war ratlos. Er wusste nicht, wie er zu diesem Lager gelangen sollte. Außerdem war es mittlerweile schon Nachmittag und er hatte seit der Abfahrt gestern Abend in München nichts gegessen. Der Schalterbeamte war inzwischen wieder in den hinteren Räumen verschwunden. Moser klopfte erneut an die Scheibe, bis der Eisenbahner, ein drahtiger, grauhaariger Mann mit auffälliger Uhrkette und Ärmelschonern, endlich wieder am Schalter erschien. Moser fragte, wie weit es zum Eisenbahnerlager am Tunnel sei und wie man dort hinkomme. Außerdem erkundigte er sich, wo man vielleicht etwas zu essen bekäme, da es auf diesem abgelegenen Bahnhof abseits eines Dorfes nicht einmal eine Wirtschaft gab.
    »So, so, Sie wollen also zum Tunnel. Da müssen Sie eine gute drei viertel Stunde durch den Wald nach Westen laufen. Immer an den Gleisen entlang auf der alten Straße. Aber der Weg ist beschwerlich, besonders jetzt im Winter. Was wollen Sie denn eigentlich überhaupt dort?«
    »Tut mir leid, das ist ein polizeiliches Geheimnis. Kann mich denn niemand zu diesem Lager hinführen?«
    »Nein, wir haben hier niemand, der abkömmlich ist. Unser Dienstmann kommt nur zu den Ankunftszeiten der Schnellzüge. Der Stationsvorsteher macht wie immer ein Nickerchen in seiner Wohnung hier oben drüber, bis der Expresszug nach Stuttgart um drei viertel vier einfährt.«
    »Kann ich denn wenigstens hier in der Nähe etwas zu essen bekommen?«
    »Das ist schwierig … Sie gehen am besten vom Bahnhofsvorplatz hinab bis zur Hauptstraße von Landau nach Pirmasens. Dort finden Sie linker Hand den Gasthof ›Zur Post‹. War früher, vor dem Bahnbau, ein Ausspann für die Postkutschen. Vielleicht macht der Wirt eine Ausnahme und Sie bekommen um diese Uhrzeit noch eine warme Mahlzeit. Ihre Reisetasche können Sie so lange hier in der

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