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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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Sonderleben möglich hält, der als Theoretiker in der Dichtung das männlich schöpferische, in der Musik das weiblich empfangende und ausgestaltende Element sah. Der andere Gipfel ist Beethoven . In seinem Schaffen und nicht in dem Richard Wagners liegt der Grund dafür, daß wir eine nur aus musikalischen Elementen hervorwachsende, rein musikalische Kunst kaum mehr besitzen. Um die Bedeutung dieser Tatsache in ihrem vollen Umfang erkennen zu können, müssen wir etwas weiter ausholen.
    Goethe hat uns, als der dazu Berufenste, da ja kein anderer schöpferische Kraft und psychologisch nachempfindendes Verständnis fremder Eigenart in so hervorragender Weise verband wie er, den tiefsten Einblick in das Wesen des Genies eröffnet. Es geschieht in einem der Gespräche mit Eckermann (11. März 1828), deren Fruchtbarkeit für die tiefere Erkenntnis der Kunst unerschöpflich ist. Goethe sieht danach das Genie in der Kraft der Produktivität, in der Fähigkeit, produktiv zu sein, d.h. in der Fähigkeit, Taten hervorzubringen, »die vor Gott und der Natur sich zeigen können, und die eben deswegen Folge haben und von Dauer sind«. Diese schöpferische Kraft ist das Entscheidende, ist der Urgrund alles genialen Schaffens. Wie sich die Kraft offenbart und betätigt, ist ein Zweites. »Es kommt gar nicht auf das Geschäft, die Kunst und das Motiv an, das einer treibt, es ist alles dasselbige. Ob einer sich in der Wissenschaft genial erweist oder im Kriege und der Staatsverwaltung, oder ob einer ein Lied macht, es ist alles gleich.« Das alles sind nur Erscheinungsformen, Offenbarungsformen, Gestaltungsformen jener urschöpferischen Kraft.
    Aus dieser einen Erkenntnis ergeben sich für das Sondergebiet der Künste alle Folgerungen über die Grenzen unter ihnen wie überihre Vereinigung. Das Allkunstwerk Richard Wagners erklärt sich ebenso einfach und natürlich wie die Wirkungskraft, die Möglichkeit der vollen Lösung eines großen Problems in einer Spezialistentechnik.
    Übersetzen wir Goethes Wort in die Philosophiesprache Schopenhauers , des tiefsten Denkers über die Psychologie der Kunst, so erhalten wir die einfache Formel, daß jene schöpferische Kraft, sofern sie nach künstlerischer Betätigung drängt, parallel steht der Idee der Kunst, während die Gestaltungen, die jene schöpferischen Gedanken durch die einzelnen Künste finden, Abbilder dieser Idee werden. Es wäre dabei festzuhalten, daß ein und derselbe schöpferische Gedanke die denkbar verschiedensten Abbilder in den verschiedensten Künsten hervorrufen kann.
    Nun hat derselbe Schopenhauer der Musik im Verhältnis zu den anderen Künsten eine Sonderstellung eingeräumt, indem sie nicht wie die anderen ein Abbild der Idee, sondern eine solche selbst sei. Sie sei Abbild des Willens, des Ansich der Welt selber. »Deshalb eben ist die Wirkung der Musik um so mächtiger und eindringlicher als die der anderen Künste, denn diese reden nur vom Schatten, jene aber vom Wesen.« Die Musik besitzt danach die Fähigkeit, das Schöpferische an sich zu verlebendigen , die Wonne des Schöpferisch-Seins auszudrücken. Die Musik braucht nicht zu sein eine Form, in der sich die Schöpferkraft ausdrückt, sondern sie ist der Ausdruck der Schöpferkraft selber .
    Es ist merkwürdig, wie sich die Größten in ihren Empfindungen begegnen. Die Musikphilologie hat neuerdings Goethes Verhältnis zur Musik als nicht besonders tief hingestellt. Man kann ja so leicht eine Reihe von Fällen aufzählen, in denen sich das musikalische Verständnis Goethes nicht so fest bewährte, wie wir es heute von jedem großstädtischen Abonnenten philharmonischer Konzerte gewöhnt sind. Man denke sich nur, daß er, zu dem Beethoven sich so mächtig hingezogen fühlte, nicht nur von dem ungefügen und ungeschlachten Komponisten selber, sondern auch von seiner Musik nichts wissen wollte. Wenn wir, die wir so gern nachreden, daß das Genie fürdas bloße Begriffsvermögen ewig ein Geheimnis bleiben müsse, den wirklichen großen Genies gegenüber doch jene Bescheidenheit bewahren möchten, die einem erhabenen Geheimnis gebührt, so wären wir wohl in der Erkenntnis großer Künstler längst weiter. Wir würden in unserem Falle nicht stolz verkünden, daß Goethe kein großes musikalisches Verständnis besessen hat, sondern würden uns bescheiden fragen: Wie kommt es, daß Goethe, der durch einfache Volkslieder aufs tiefste ergriffen wurde, der für die Musik Mozarts eine grenzenlose Bewunderung hegte,

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