Muehsam ernaehrt sich das Eichhoernchen - Zum Glueck bin ich keins
bestmöglichen Eindruck zu hinterlassen. Ich stand also mit drei fast nackten, zeigefreudigen Schönlingen in der Umkleide einer Diskothek. Es war enger, als ich es mir in dieser Situation gewünscht hätte. Es war schmierig, roch unangenehm und war dreckig. Alles in allem war es der Ort, an dem ich in diesem Moment eigentlich am wenigsten sein wollte. Ich sah an mir runter, während sich die anderen ihre trainierten Körper einölten. Mein Körper ist einzigartig, dachte ich mir. Etwas ganz Spezielles. Die haben Sixpacks – ich einen dicken Bauch. Aber fest ist er auch. Da wabbelt und schwabbelt nichts. Auf mein Bindegewebe bin ich stolz. Da gibt es andere Männer, die wiegen genauso viel wie ich und haben Rettungsringe. Aber, hey, was soll’s, ich bin der Exot an diesem Abend. Und aalglatt wie die muss ich ja nicht sein. Ich strippe nicht gern, hab das auch privat nie gemacht. Trotzdem war ich mir nicht ganz sicher, was schlimmer ist: einen »full naked strip« hinzulegen oder so bedauernswert lustige Strings oder ärmliche Boxershorts wie die durchaus ansehnlichen Jungs zu tragen. Immerhin – das war meine Chance auf ein Unentschieden mit den Berufsstrippern. Körperlich lagen sie vorn, aber ihre lächerlichen Strings machten das wieder zunichte.
Es war ein sensationelles Bild: drei bronzefarbene, eingeölte Muskelboys und daneben ein weißes Walross. Eine Zoo-Attraktion der besonderen Art. Meine Aufgabe war, so zu strippen, dass kein Kleidungsstück mehr meinen Körper berühren durfte. Und so stand ich auf einmal für wenige Sekunden full naked vor englischen Hennen. Einige Mädels waren entsetzt, andere kreischten, manche waren am Gackern. Der Schreck stand jedenfalls den meisten von ihnen ins Gesicht geschrieben. Ich nehme an, dass sie etwas gesehen haben, und hoffe, sie waren nicht erschrocken, weil sie nichts gesehen haben. Das wäre auch irgendwie blöd. Naja, ich hoffe, ich habe der Oberhenne mit meiner »fully naked« Strip Einlage nicht ihren Junggesellinnenabend versaut. Möge vor dem Altar ein stolzer Hahn auf sie gewartet haben. Die Chancen stehen ja nicht schlecht. Britische Männer sind meistens stolz. Größtenteils nicht unbedingt sexy, sondern eher bleich und gern auch mal rothaarig und sommersprossig, aber stolz in jedem Fall. Meist auf ihren Fußballclub. So zumindest erlebe ich das, wenn ich mich in einem englischen Pub herumtreibe. Ich finde das absolut cool und mag die Pubkultur sehr. Abends treffen sich alle nach Feierabend im Pub, es ist eng und voll. Jeder kommt mit jedem ins Gespräch, und schon um elf sind das Pub und der Gast dicht. Das find ich praktisch. Da spart man Geld und hat mehr Zeit, den Rausch auszuschlafen, weil man schon so früh ins Bett kommt. Das ist in der Regel eher nicht so, wenn ich mit den Jungs in anderen Ländern unterwegs bin. Da sitzt man schon mal gerne etwas länger an der Hotelbar, und die Drehs finden meist mit extremer Müdigkeit statt. Aber nicht nur wegen der Geselligkeit bin ich gerne im Ausland unterwegs. Außerhalb Deutschlands oder Österreichs ist es eine große Herausforderung für mich zu drehen, weil die Leute mich nicht kennen. Und das nutzen meine Kollegen bei »Elton reist« schonungslos aus für ihre Gags. Denn egal, wohin ich für diese Show reise, ich muss fast in jeder Folge auch mal in Frauenkleidern drehen. In Holland, in Finnland, in Frankreich. Ist das denn so lustig? Nein! Ich sehe dann ja aus wie meine Mutter. Zwar irgendwie schön, aber nicht lustig. Also was soll das immer? In Holland musste ich zum Beispiel als Frau Antje den Käse zum Bahnhof rollen. Ganz schön anstrengend, so ein Käserad mehrere Kilometer zu rollen, besonders, wenn man die ganze Zeit den Käseduft in der Nase hat. Naja, aber nicht ganz so anstrengend, wie als Prostituierte im Amsterdamer Rotlichtviertel im Schaufenster zu sitzen. Das war für andere lustig, für mich nicht.
Ich musste Freier anlocken und das war sehr schwierig. Für meine Art der Prostitution gibt es nicht genügend Fetischisten, die sich dafür interessieren. Ein dicker Mann mit BH, Langhaarperücke, unrasierter Brust, Bauch und einem kratzigen Dreitagebart kommt in Amsterdam irgendwie nicht so gut an. Ich saß gelangweilt in meinem Fenster rum, konnte mich in Pose werfen, wie ich wollte. Niemand zeigte Interesse. Das sah bei der Drehvorbereitung einen Tag zuvor noch ganz anders aus. Da öffnete sich jedes vierte Schaufenster, und die Damen haben meinen Namen gerufen. Die »Kolleginnen«
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