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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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sind wieder im bekannten Verhörzimmer 419 auf der Sonnenseite des grossen Polizeihauses an der Zeughausstrasse. Aber das macht jetzt nichts, weil die Sonne längst über der Industriezone des Limmattals oder hinter dem Uetliberg, das weiss ich jetzt nicht so genau, versunken ist. Jedenfalls ist es dunkel. Und auf dem Korridor hängt dieser Putzmittelgeruch, der auf allen alten Linoleumböden und in allen Geschichten vorkommen muss, um zu zeigen: Hier muss mit scharfen Mitteln geputzt werden, hier ist man gründlich, und – lesen Sie es laut – die Polizei ist kein Krösus und badet nicht im Luxus, sondern in einem abgewetzten Ambiente wirkt die Polente, aber mit modernsten Methoden, nicht mit Tritt in die Hoden, klären die Herren von der Polizei Zürich auch dieses Verbrechen auf. Nicht für die Statistik, die interessiert nur den Chef. Sondern für die Gerechtigkeit und aus Gefühl (wieder dieses Wort) für die Opfer und ihre Verwandten.
    Im Raum: Hauptmann Wunderli Peter, Chef Kriminalpolizei Zürich, Bucher Manfred, Detektiv, Catanzaro Rocco, Detektiv, Crogorjevic Milan, Detektiv, Derungs Tarcisi, Detektiv, und die Tür geht auf, und der Müller Benedikt kommt auch herein. Wodurch dem Hauptmann Wunderli die Augenbrauen auf Mitte Stirnhöhe schiessen und Falten so tief wie der Niagarafall erscheinen. Er fasst den Müller streng ins Auge und will schon etwas sagen, vermutlich erneut wieder im Sinne von «aah, krankgeschrieben», wobei «krank» und «geschrieben» in zwei Wörter zergliedert und klingen würden wie knarrende Türe in einem Horrorgespensterhaus …
    Und es ist wahr: Der Müller macht uns trotz der tragischen Vorgeschichte in der Müllerstrasse seit geraumer Zeit nicht mehr den Eindruck eines Rekonvaleszenten, sondern wirkt wieder ziemlich fit, weil nonstop im Einsatz infolge Angeburt von Gerechtigkeitsdrang und Abscheu vor den Ruchlosen und ihren Machenschaften.
    Diese Eigenschaft zeichnet die ganze Polizei aus, vor allem die Besten von ihr. Das weiss natürlich auch der Chef, und deshalb ist er nachsichtig und verständig, wie er es im Führungsseminar gelernt hat, als der Müller ihn anlächelt und mit den Schultern leicht zuckt.
    Und dann zur Sache. Der Chef jetzt mehr Zuschauer, weil seine Aufgaben sind mehr strategisch-administrativ-politischer Natur. Aber das macht er schon recht.
    Verhör von Mark Huber.
    Mark Huber spielt ein bisschen störrisch, weil er weiss, es ist vorbei. Er macht von seinem Recht der Aussageverweigerung Gebrauch. Das darf er. Nur hilft es wenig. Denn die Polizei ist schlau, sogar schlauer als er. Also lässt sie ihn zuerst schweigen, denn der Haftbefehl vom Untersuchungsrichter ist schon eingetroffen. «Dringender Tatverdacht». Und dann eilt es nicht mehr so. Sie haben ihn, und er sagt nichts. Also darf er wieder in die Zelle zurück, ohne Gürtel und Schnürsenkel, denn das ist eine verzweifelte Situation, da hat schon mancher kapituliert, aber man soll der Polizei nichts vorwerfen können.
    Und dann gehen alle ausser Mark Huber nach Hause. Weil es spät ist und so heiss, dass Bucher Manfred sagt: «Ich fühle mich wie ein Heissluftballon.»

Sonntag
    Zehn Uhr. Fortsetzung der Vernehmung von Mark Huber. Im Raum: Bucher Manfred, Catanzaro Rocco, Müller Benedikt.
    «Herein! Bitte setzen. Also.»
    Huber schlurft herein, fegt sich die blonde Strähne aus dem Gesicht, lümmelt sich auf den Stuhl, verdreht die Augen und mault herum.
    Ha! Nein, so ist es natürlich nicht, da weisst du gleich: Der ist schuldig. So plump und einfach mag vieles sein, das Leben ist es nicht. Selbst Huber nicht.
    Der Einzug von Mark Huber in die Verhörzimmerarena läuft ganz anders ab: Uniformpolizist Ralf Herzog (27) bringt Huber rein. Der sieht den Stuhl, setzt sich. Kein Kaugummi oder Abschätzigkeit.
    «Guten Morgen», sagen die Polizisten. Und Mark Huber ist irritiert, dass die Polizei Zürich ihm so unerwartet freundlich begegnet.
    Aber merke: Ist natürlich Verhörtechnik. Das haben wir alles intus, das ganze Arsenal von psychologischen Daumenschrauben aus dem berühmten Verhörhandbuch, Sie wissen schon, vom FBI aus Amerika drüben.
    «Und nun Ihre Version», sagt Bucher Manfred, der dieses Mal den lieben Polizisten gibt. Den bösen macht jetzt der Müller.
    Und Mark Huber: «Wie lange dauert das? Ich muss zur Probe!»
    Das ist ein Kapitalfehler.
    1. Faktisch: Ist ja tot, die Band von Mark Huber. Wissen wir. Weiss die Polizei. Also warum erzählt er der Polizei solchen Müll?

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