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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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liegen. Zum Glück hat er alles am Morgen hermetisch abgedunkelt. Sieht jetzt: Anrufbeantworter vom Festnetz blinkt.
    Ist privat. Aber erzählen wir’s trotzdem.
    Es ist Bucher Manfred (96 Kilogramm), fragt den Müller, ob er schon einmal in Hamburg war und ob er etwas von Pathologie versteht oder ein Fachlexikon kennt und will Vitamin- und Bio-Tipps, weil sein Internet kaputt ist. Und obwohl die lieben Kolleginnen und Kollegen auf der Polizeihauptwache, also Catanzaro Rocco, Weiermann Gustav, aber auch Kathrin, Hugo, Sepp, Markus und Yilmaz, ihre Kenntnisse entblättert haben, ist Manfreds Wissensdurst noch nicht gesättigt. Der Müller ruft also zurück.
    Und der Müller versucht im Hirn das eine oder andere Häppchen Wissen zu regenerieren, aber es ist einfach zu heiss, und eigentlich weiss er im Grunde nicht viel von all dem, was Manfred beschäftigt. Und sagt zum Manfred: «Ich habe heiss.»
    Und Manfred sagt resigniert: «Meinst du, ich mache mich zum Affen?»
    Und der Müller Beni wirklich hitzestutzig: «Hä?»
    Und Manfred sagt: «Ich und Hamburg und Pathologie …»
    Beide schweigen, bis dem Müller sein Kehlkopf schliesslich «räusper» macht. Was heisst: Ich bin noch am Draht.
    Aber nun fällt der Groschen, der in des Müllers geistigem Automatenschlitz verklemmt war. Und da ist er ziemlich sprachlos. Deshalb schweigt er.
    Aber so eine neue Liebe ist ein zartes Pflänzchen. Das muss der Gärtner hegen und pflegen. Da drohen Hagel und Graupel und an den Wurzeln Mäuse und am Spross Schnecken. Das braucht einfach Zeit.
    Und so sagt der Müller am liebsten gar nichts, weil da bist du immer angeschmiert, wenn du zum Beispiel dem Rolf zuredest, Marianne sei doch voll toll. Aber drei Jahre später haben sie nur Salat miteinander. Das fällt auf dich zurück. Garantiert. Oder du bestätigst Vanessa, dein lieber Bekannter Herrmann sei ein seriöser, aufrichtiger Kerl mit Sport und Phantasie – und zwei Wochen später stellt sich heraus, er ist ein totaler Schafseckel.
    Das fällt auf dich zurück.
    Aber etwas muss der Müller sagen, weil Manfred ist ein wahrer Freund seit ewig und zwölf Jahren. Und darum sagt er jetzt völlig unvermittelt: «Das kommt gut, das spüre ich.» Und er meint es aufrichtig.
    Und schon ungewöhnlich, dass der Müller sagt «spüre». Weil das ist nicht so sein Ding. Sonst ist er eher nüchtern-sachlich-wissenschaftlich-rationell. Aber das Gefühl ist eine Emotion und gehorcht ganz anderen Gesetzen.
    Ja, das ist das «Saturday Night Fever», wie es die Amerikaner verfilmt haben. Auch die Polizei empfindet es im Sommer in Zürich, wo der Garderobenbefehl lautet: «Ausziehen!» Aber anders als im Film tanzt die Polizei natürlich nicht, obwohl Bucher Manfred innerhalb einer halben Woche sein Gewicht von 110 Kilogramm auf ganze 96 Kilogramm heruntergeschrumpft hat. Er schmilzt dahin, und ein Ende ist nicht am Horizont. Das verstehen Sie gut, liebe Leserin, lieber Leser. Auch du willst in deiner versteinerten, ältesten, tiefsten Stammhirnschicht bloss eines: Liebe.
    Darüber gibt es viele Lieder.
    Hören Sie sich jetzt eines nach Wahl an. Dann fühlen Sie den Zustand von Bucher Manfred. Denn die Polizei ist, wenn sie die Uniform in den Spind gehängt hat, ein Mensch.
    Aber die Gleichung «Herz + Müller = ?»
    Was ergibt sie?
    Man weiss es nicht so recht. Ein erstklassiger Mann wie der Müller Benedikt ohne Partnerherz. Schon schade. Da mag einen ein bisschen das Grausen packen, weil die Welt nicht immer gerecht ist.
    Während Müller noch lange nach dem Telefonat mit Bucher melancholisch vor sich hin stiert, quakt auf dem Sofa das Mobiltelefon. Es ist der Bucher von vorhin, aber diesmal ganz anders. Die Stimme von Bucher Manfred hat nichts Weiches mehr, er verkündigt: «Fahndungserfolg! Wir haben den Huber.»
    «Und wie?» Der Müller will es wissen.
    Bucher Manfred: «Die Seepolizei hat Mark Huber festgenommen, als er sich mit einem Gummiboot seeaufwärts nach Rapperswil absetzen wollte, über die Grenze in den Kanton St. Gallen.»
    Das war keine gute Idee.
    Die beiden müssen schon etwas lachen jetzt. Erstens rudert keiner mit dem Gummiboot bis Rapperswil, und zweitens ist der Kanton St. Gallen kein rechtsfreier Raum.
    «Mit einem Gummiboot nach Rapperswil?» Der Müller glaubt es nicht.
    Bucher Manfred: «Na klar sind da Drogen im Spiel.»
    Was muss die Seepolizei gelacht haben.
    «Ich bin schon unterwegs ins Polizeihaus», sagt der Müller zu seinem Freund. Und so ist es.
    Wir

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