München - 2030
an.
»Was, war was?«, fragte er.
»Du hast mir gerade etwas in den Mund geschoben«, sagte Victor.
»Ach so, das meinst du«, sagte Pillen-Ede, als wäre es ihm momentan entfallen gewesen, »das war eine Nirwana-Pille.«
»Du hast mir eine Nirwana-Pille gegeben?«, fragte Victor vollkommen verblüfft.
»Ja, das habe ich«, bestätigte Pillen-Ede. »Weißt du, irgendwer muss sie ja testen ... und ich bin froh, dass du das machst. Ich hab da gestern eine Lieferung erhalten ... aber irgendwie hatte ich Bedenken. Ich habe die Pillen von einem Osteuropäer erworben und eventuell entsprechen sie nicht den gängigen Qualitätsstandards – ich hege sogar die Vermutung, dass es sich um welche mit Arsen oder Rizin handelt. Ein übles Zeug!«
Pillen-Ede schüttelte sich angewidert.
Unterdessen wurde Victor erst jetzt das volle Ausmaß des Geschehenen bewusst. Ein Schaudern durchfuhr ihn und der Gedanke an den nahen Tod traf ihn mit voller Wucht – wie ein Fausthieb, mitten ins Gesicht.
»Ich werde sterben!«, rief er voller Verzweiflung.
»Ja, das wirst du«, sagte Pillen-Ede, »ich schätze du hast ab jetzt noch etwa eine Stunde Zeit zu leben. Falls du Glück hast und dein Todeskampf nicht länger dauert«, erwähnte er noch hinzufügend und lachte Victor ins Gesicht.
Doch so leicht wollte Victor noch nicht klein beigeben. Es musste doch irgendeinen Ausweg geben. Er wandte seine gesamte Kraft auf, um sich aus dem Stuhl zu befreien. Doch es war vergebens. Das Klebeband gab keinen Millimeter nach.
»Versuche dich zu beruhigen«, sprach Pillen-Ede auf ihn ein. »Füge dich in dein Schicksal, je mehr du dich dagegen auflehnst, umso schwerer wird es dir fallen loszulassen.«
Doch Pillen-Edes Worte ließen Victor nur noch wütender werden. Jetzt warf er sich wie ein wildgewordenes Tier hin und her – mit dem Erfolg, dass der Stuhl ins Wanken geriet und infolge seitlich zu Boden stürzte. Es gab einen lauten Knall als Victor mitsamt dem Stuhl auf dem Parkettboden aufschlug. Er stöhnte vor Schmerzen auf.
»Ich hab’s dir prophezeit, dass es nichts bringt!«, sagte Pillen-Ede verärgert und machte Anstalten den Stuhl mit Victor wieder aufzurichten. Doch Victor war kein Leichtgewicht, sondern geradezu ein ziemlicher Brocken – er wog bei einer Größe von 187, schwere neunundachtzig Kilo. Pillen-Ede musste seine gesamte Kraft aufbieten um Victor hochzubekommen.
Daher bekam er nicht mit, wie erneut das Fenster aufgeschoben wurde und sich eine weitere Person daran zu schaffen machte das Fensterbrett zu überwinden und sich dann leise in den Raum gleiten ließ. Diese Person sah in der Ecke des Zimmers den Baseballschläger stehen und griff sich ihn. Mit voller Wucht ging er auf Pillen-Edes Kopf nieder. Der Schlag hatte ihn augenblicklich in eine tiefe Bewusstlosigkeit befördert. Sofort lag er schlapp wie ein nasser Sack über Victor. Das erste was Victor sah, als Pillen-Ede von ihm heruntergezogen wurde, war Charlys leichenblasses Gesicht.
Charly war es zuvor, als sie noch zu Hause saßen, überaus seltsam vorgekommen, dass Victor auf einmal fort wollte. »Spazieren gehen, so ein Quatsch, das kann er jemanden anderen erzählen«, dachte Charly bei sich. Sein Bauchgefühl hatte ihm verraten, dass etwas nicht stimmen konnte. Und irgendwie hatte Charly einen Riecher dafür, was Victor vorhatte. Er brauchte ja bloß eins und eins zusammenzählen. Als ihm Victor seinen Plan erläutert hatte, war ihm folgender Satz im Gedächtnis hängen geblieben: »Wir benötigen halt etwas Geld.« Eigentlich hatte Charly ab da schon Bescheid gewusst.
Darum war Charly Victor nachgegangen. Den Bus hatte er zwar nicht mehr erwischt, aber er hatte Victor noch einsteigen sehen. Darauf hatte Charly den nächsten Bus genommen. Am Hauptbahnhof hatte er Victor dann erst wiedergefunden, als dieser schon im Bus Richtung Hasenbergl saß, wo Charly zu seinem Entsetzen, den auf den vorderen Plätzen sitzenden Pillen-Ede entdeckte. Daraufhin hatte Charly eine wahre Odyssee hinter sich gebracht, bis er Pille-Edes Haus aufgespürt hatte. Zum Glück war Pillen-Ede bekannt wie ein bunter Hund. Charly hatte sich über zig Alte bis zu Pillen-Edes Behausung durchgefragt.
»Ich musste es tun«, sagte Charly sich
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