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MUH!

MUH!

Titel: MUH! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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war, zählte sie nicht zu den hellsten Kühen auf der Weide.
    Hilde verdrehte die Augen: «Natürlich haben die beiden es miteinander gemacht.»
    «Und warum sagst du dann, sie haben ‹Fang den Fladen› gespielt?» Radieschen war nun sehr irritiert.
    Hilde schnaubte als Antwort leicht genervt durch.
    Radieschen wandte sich mir zu und sagte lieb: «Es tut mir so leid für dich», dabei schlabberte sie mir tröstend mit ihrer Zunge über die Schnauze, was mich etwas beruhigte.
    Hilde versuchte mich indessen auf ihre Weise zu trösten: «Wir haben doch immer gewusst, dass Champion ein Idiot ist.»
    «Ja, aber er war mein Idiot», schnäuzte ich.
    «Ach, Lolle», säuselte Radieschen sanft, «es gibt doch auch noch so viele andere Idioten.»
    Radieschen konnte immer was Gutes an einer Situation finden. Sie sah halt stets den Trog halb voll, während Hilde ihn halb leer sah. Und Champion ihn ganz leer futterte.
    Doch ich war nicht wie Radieschen. Um genau zu sein: Niemand war so wie sie. Und Hilde vertrat die feste Überzeugung, dass Radieschens positive Weltsicht im engen Zusammenhang stand mit der Tatsache, dass sie bei ihrer Geburt mit dem Kopf voran auf den Stallboden geplumpst war.
    Doch hatte Radieschen vielleicht recht? Vielleicht musste ich gar nicht vor Trauer eingehen? Sollte dies mein neuer Traum von einem glücklichen Leben werden: Einen anderen Stier zu finden? Sollte ich mich einfach neu verlieben? Doch wie konnte das gehen? Wo mein Herz doch so sehr schmerzte? Und ich eigentlich nur Champion haben wollte? Ihn aber nie wieder unbefangen berühren könnte, geschweige denn, mich von ihm anfassen lassen konnte, nachdem ich ihn so mit Susi gesehen hatte.
    «Kein Stier macht glücklich», widersprach Hilde. «Stiere sind ein Beweis dafür, dass unsere Gotteskuh Naia gar nicht existiert. Aber falls doch und sie die Stiere wirklich erschaffen hat, dann ist Naia recht merkwürdig. Und mit merkwürdig meine ich total bekloppt.»
    Damit hatte Hilde durchaus recht, die anderen Stiere auf unserem Hof schienen noch weniger eine göttliche Schöpfung zu sein als Champion. Die Stiere in unserem Alter waren der Ansicht, dass man für das Liebemachen nicht unbedingt Gefühle benötigte, was sie in meinen Augen nicht wirklich attraktiv machte. Außer ihnen gab es noch den greisen Kuno, den der Bauer immer nur «die zukünftige Ochsenschwanzsuppe» nannte, ohne dass ich genau wusste, was das bedeutete. Es klang aber ähnlich unerfreulich wie «Big Mac», «T-Bone Steak» oder «Ledersandale». Und zu guter Letzt hatten wir auf der Weide noch den Stier Onkel, dessen Verdauung nicht die beste war. Wenn Pups-Onkel blähte, verendete schon mal ein Fliegenschwarm. Oder ein Eichhörnchen.
    Radieschen schlug aufmunternd vor: «Du könntest ja warten, bis ein neuer, richtig guter Stier geboren wird.»
    «Klar», konterte Hilde, «und wenn der dann ausgewachsen ist, verliebt er sich ausgerechnet in eine ältere Kuh.»
    «Ja, warum denn nicht?», wollte Radieschen wissen.
    «Weil Jungstiere nicht soooo sehr darauf stehen, wenn eine Kuh faltig ist, sie anfängt zu müffeln und der Euter so hängt, dass er beim Gehen über den Boden schleift.»
    Bei dieser Vorstellung vom Alter wollte ich am liebsten gleich wieder losheulen.
    Und ganz bestimmt nicht alt werden.
    Radieschen erkannte, dass ich den Tränen nah war, und schlabberte mir erneut mit der Zunge über die Schnauze: «Dir wird es schon bald besser gehen, das verspreche ich dir, Lolle.»
    «Ja», bestätigte Hilde, «wenn sie endlich begreift, dass sie keinen Stier zum Glück braucht.»
    War das der Weg? Alleine ein glückliches Leben zu leben? Ohne von einem Mann geliebt zu werden?
    Radieschen fragte sie: «Bist du denn glücklich alleine?»
    «Klar», antwortete Hilde in einem etwas zu bestimmten Tonfall, der verriet, dass das «klar» nicht ganz der Wahrheit entsprach.
    Wenn selbst die starke Hilde es nicht schaffte, alleine glücklich zu sein, wie sollte ich dann ohne einen Stier mein Glück finden? Bevor ich mit Champion zusammenkam, war mir dieses Leben, das nur aus Grasen und Verdauen bestand, doch schon viel zu wenig.
    Ich betete in Gedanken zu Naia, dass sie mir ein Zeichen geben solle. Kaum hatte ich mit dem Gebet angefangen, schrie jemand «Attenzione!».
    Ich sah, wie ein brauner Kater auf uns zulief, nein zuhumpelte, geradezu zustürzte. Sein Bein blutete, Panik lag in seinen Augen. Er war ein gehetztes Tier. Auf der Flucht vor irgendwas. Oder vor irgendjemand. In

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