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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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allen hausfraulichen Tugenden ausgestattet und immer bereit, ihre Kenntnisse von Möbelpflege oder dem richtigen Einkochen von Kürbissen weiterzugeben, hatte sie für andere Interessen wohl zuwenig Zeit gehabt, denn Reinhards geistigen Höhenflügen vermochte sie selten zu folgen. Mit ihm konnte man über alles reden. Über russische Wirtschaftspolitik, weil er häufig geschäftlich dort zu tun hatte, über die verschiedenen Eröffnungen beim Schach, über die Sternbilder der südlichen Hemisphäre, über Malerei… Ich weiß jetzt sogar, wie man Regenwürmer züchtet.
    »Warum ist deine Frau nicht mitgekommen?« Wir hatten abgelegt, doch Elli hatte ich unter den zwei Dutzend Vergnügungssüchtigen nicht entdeckt.
    »Die is immer jleich seekrank«, sagte Reinhard lachend. »Der wird schon schlecht, wenn sie vorm Jlas Wasser sitzt.«
    Bis zur ersten Insel brauchten wir eine knappe Stunde. An den Namen kann ich mich nicht mehr erinnern, irgend etwas mit … fushi am Ende. Zu Fuß umrundet hatten wir das Eiland ih knapp zehn Minuten, weitere zehn verbrachten wir in der Boutique, die aber auch nichts anderes zu bieten hatte als unsere, die restlichen dreißig Minuten vertrödelten wir im Coffeeshop – auf Stelzen ins Meer gebaut. Das kannten wir ebenfalls.
    Die Dhonis sind die Omnibusse der Malediven. Sie halten den Verkehr zwischen den Inseln aufrecht, sie transportieren Urlauber, Baumaterial, Taucher, Müll oder auch mal lebende Ziegen, sie dienen den Fischern als Arbeitsplatz und manchen Hotelangestellten als Schlafzimmer. Irgendwo am Horizont sieht man immer welche herumtuckern.
    Deshalb wunderte ich mich auch, daß man unser Dhoni auf der Einheimischeninsel offenbar sofort als Touristenboot ausgemacht hatte, denn als wir anlegten, waren die nötigen Vorbereitungen zum Empfang bereits getroffen. Gleich am Ende des Stegs waren Tische aufgebaut mit allen Herrlichkeiten, die ein Sammlerherz erfreut: geschnitzte Elefanten, made in Kenia, Muschelketten aus China, Armbanduhren aus der Schweiz und jede Menge T-Shirts, die allesamt aus Taiwan kommen. Aus der einheimischen Produktion stammen lediglich die Patchwork-Hosen, zusammengenäht aus bunten Flicken. Man bekommt sie überall. Sie sehen ja ganz lustig aus, wiegen kaum etwas und schützen abends gegen Mücken, doch man sollte sie nicht mit nach Hause nehmen. Nach der ersten Wäsche gehen entweder die Nähte kaputt, oder es sind Löcher drin. Steffi hat die Überreste zum Autopolieren benutzt.
    Nachdem wir heroisch den Souvenirhändlern widerstanden hatten, konnten wir die Insel besichtigen. Hütten aus Korallensandstein mit Palmenblattdächern, wellblechgedeckte Häuschen aus Beton, kleine Gemüsegärten, eine Moschee, nebendran der Friedhof (›männliche‹ Gräber werden durch einen oben spitz zulaufenden Stein gekennzeichnet, ›weibliche‹ Steine sind oben abgerundet), eine Bootswerft, die Platz für maximal zwei Schiffchen hatte, und eine Trockenanlage für Thunfische, deren sehr intensiver Geruch über die ganze Insel zog. Auf Holzgestellen dörren die zerlegten Fische in der Sonne, bis sie auf halbe Größe geschrumpft sind. Dann werden sie nach Japan exportiert. Guten Appetit!
    Sogar der Inselshop war mehr auf Touristen zugeschnitten als auf den Bedarf der Bewohner. Das Schild neben dem Eingang verhieß in vier Sprachen: ›Kalte Getränke‹.
    Auch wenn es drinnen Reis, Nudeln und Zucker gab, so bestand der größte Teil des Sortiments aus T-Shirts, importierten Zigaretten (eine Stange zu elf Dollar, dabei hatte ich mir in diesem Urlaub wieder mal das Rauchen abgewöhnen wollen!) und ähnlich nützlichen Dingen. Ich kaufte ein paar Dosen Guavensaft, obwohl ich noch immer nicht wußte, wie diese Frucht eigentlich aussieht, Steffi wollte Cola, Reinhard Bier.
    »No beer!« bekam er zur Antwort. Bekanntlich verbietet der Koran den Genuß von Alkohol, und die Möglichkeit, weniger gläubige Moslems könnten doch mal den Laden stürmen, war wohl nicht auszuschließen. Vielleicht sollten sie auch nur nicht in Versuchung geführt werden. Reinhard mußte sich mit Saft begnügen, und ich gab die Geschichte zum besten, die wir vor wenigen Tagen erlebt hatten.
    Es war beim Abendessen gewesen, als unser normalerweise etwas muffliger Kellner ständig um unseren Tisch herumschlich, den Salzstreuer in Reichweite schob, statt der üblichen Tasse Tee gleich eine ganze Kanne brachte – kurz, er benahm sich recht seltsam. Schließlich rückte er mit der Sprache heraus: Ob er

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