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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Abfertigungsgebäude und einigen Lagerschuppen findet man nur noch ein einziges Restaurant, das ständig überfüllt ist. Egal, ob man ankommt oder abreist, man muß warten, und so wartet man in ebendiesem Etablissement, denn da gibt es wenigstens Stühle.
    Ansonsten besteht Hulule aus einer künstlich aufgeschütteten Rollbahn, die auf beiden Seiten sowie vorne und hinten im Meer endet. Dank moderner Technik kann man neuerdings auf den Monitoren in der Maschine Start und Landung seines Fliegers verfolgen, doch in Hulule sollte man lieber darauf verzichten. Das Ende der Piste kommt immer näher, gleich dahinter ist nur noch Wasser zu sehen, der Vogel rollt noch viel zu langsam, der kommt nie rechtzeitig hoch, jetzt sind es bloß noch zweihundert Meter, nun mach doch endlich, heb ab – und während man schon nach der Schwimmweste greift, hört das Gerumpel auf, und die Maschine fliegt tatsächlich.
    Umgekehrt ist es genauso. Man sieht die Landebahn, die von oben furchtbar kurz und furchtbar schmal wirkt, rechts und links Meer, hinten auch, der Pilot muß ganz vorne aufsetzen, sonst bleibt ihm nicht genug Platz zum Ausrollen. Woanders ist hintendran wenigstens noch ein Kartoffelacker. Und trotzdem hat es auf Hulule noch nie einen Unfall gegeben.
    Nachdem wir unsere drei Wartestunden abgesessen hatten, eine davon im überhitzten Transitraum, räumte das Putzmännergeschwader die Maschine. Wir durften einsteigen. Beim Marsch über das Flugfeld knallte die Sonne vom plötzlich wieder wolkenlosen Himmel.
    »Jetzt hätte es ruhig noch eine halbe Stunde länger regnen können«, maulte Steffi und sprach mir aus der Seele. »Nachher kann’s uns ja egal sein.«
    Wenig später ein letzter Blick von oben. Wie grüne Eierkuchen schwimmen die Inseln im Wasser, kreisrund mit einem knusprigen hellen Rand drum herum – auf der Landkarte nur winzige Pünktchen und doch so traumhaft schön.
    Kurz vor Frankfurt gab der Pilot die aktuellen Wetterdaten durch. Demnach bewegten sich die Temperaturen um den Nullpunkt, es herrschte leichtes Schneetreiben, weiter südlich war mit Nebel zu rechnen. Wenigstens wünschte er uns eine gute Heimfahrt.
    Weshalb mein Koffer stets zu den letzten gehört, die über das Band rollen, habe ich bis heute nicht ergründen können, jedenfalls warteten wir immer noch, als auch die Maschine aus Istanbul gelandet war und nun verschnürte Pappkartons und seltsam geformte Stoffballen auf dem Band erschienen.
    Irgendwo dazwischen schaukelte endlich mein Koffer heran. Die Zollbeamten hatten bereits Feierabend gemacht, unsere so mühsam im Tauchrucksack versteckten Zigaretten hätten wir also gar nicht zu schmuggeln brauchen, die automatischen Türen öffneten sich – und dann packte mich das helle Entsetzen.
    Jeder Passagier, der mit der türkischen Maschine gekommen war, wurde von sechs bis zehn Angehörigen abgeholt. Eine unübersehbare Menschenmenge ballte sich vor dem Ausgang. Winkende Hände, Küsse, Umarmungen, brüllende Kinder, Wiedersehensfreude, mittendrin überquellende Gepäckwagen, vergebens nach einem Weg durch dieses Getümmel suchend, Koffer, Taschen, Kinderwagen und ein unaufhörliches Rufen und Schreien.
    Entgeistert starrte Steffi in dieses Chaos. »Wer immer uns auch abholt, den finden wir nie!«
    Dafür fand er uns. Rigoros drängte sich Horst Hermann durch die Menge, in jeder Hand einen Blumenstrauß schwenkend.
    Steffi sah ihn zuerst. »Guck mal, Määm, wer da kommt!« Heftig winkend beugte sie sich zu mir herüber. »Wenn ich ihn jetzt so sehe mit diesem Ich-kann-kein-Wässerchen-trüben-Gesicht und dem Lausbubenlachen, werde ich schon wieder weich.« Jetzt winkte sie mit beiden Armen. »Ich glaube, Määm, die Sache mit der eigenen Wohnung überlege ich mir noch mal.«

Schlußbemerkung
    Die in diesem Buch geschilderte Israel-Reise liegt schon etliche Jahre zurück. Die später so blutigen Auseinandersetzungen zwischen Juden und Palästinensern hatten sich damals noch auf gelegentliche Scharmützel beschränkt, und die Möglichkeit, daß sich ein israelischer Ministerpräsident mit einem Palästinenserführer an einen Tisch setzen würde, wäre beiden Seiten utopisch erschienen.
    Inzwischen hat sich ja vieles zum Positiven verändert, doch ob Jassir Arafat bei Erscheinen dieses Buches schon seine Villa in Jericho bezogen hat, weiß Allah allein.
    ENDE

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